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Unterabschnitte

2.8 Sozialpsychologie

Die Sozialpsychologie befaßt sich mit den psychologischen Aspekten des Zusammenlebens von Menschen, im Gegensatz zur isolierten Betrachtung des Individuums.

2.8.1 Attribution

Der Prozeß, durch den wir uns die Ursachen des Verhaltens anderer Menschen erklären, heißt Attribution. Der Attribution liegt ein Vorgang zugrunde, der implizite Psychologie genannt wird: Unbewußt sammeln wir ständig Daten über das Verhalten anderer, interpretieren diese und konstruieren daraus Theorien. Die Methoden wie auch die Theorien sind privat und implizit und können oftmals selbst vom Betroffenen nicht erklärt werden. Tatsächlich werden die Theorien auch oftmals wie Fakten behandelt. Logischerweise tendieren Menschen dann dazu, die Theorien nicht umzuwerfen, selbst wenn sie mit Daten konfrontiert werden, die ihnen widersprechen.

Die wichtigste Unterscheidung zwischen verschiedenen Begründungen für das Verhalten einer Person A ist jene zwischen dispositiven und situativen Faktoren. Situative Faktoren sind Reize aus der jeweiligen aktuellen Umgebung von A, während dispositive Faktoren Persönlichkeitsmerkmale von A sind. Unsere Lebenserfahrung lehrt uns, welchen Einfluß welche situativen Faktoren üblicherweise auf das Handeln haben oder haben können und was für Arten von dispositiven Faktoren vorkommen. Direkte Bekanntschaft mit einer bestimmten Person läßt uns auch deren individuelle dispositive Faktoren einschätzen. Oftmals schließen wir dabei aus einer einzigen Beobachtung, die z.B. auf Geiz oder auf Aggressivität hindeutet.

Ob wir ein Verhalten eher mit situativen oder eher mit dispositiven Faktoren erklären, hängt an drei Eigenschaften dieses Verhaltens: Konsens, Konsistenz und Eigentümlichkeit.

1.
Konsens: Ein Verhalten, das von sehr vielen Personen gezeigt wird, wird tendenziell situativen Faktoren zugeschrieben.
2.
Konsistenz: Ein Verhalten, das bei einer Person verläßlich immer wieder auftritt (konsistent), wird eher dispositiven Faktoren zugeschrieben. Ändert es sich von Mal zu Mal (inkonsistent), wird es eher situativen Faktoren zugeschrieben.
3.
Eigentümlichkeit: Ein Verhalten, das stets unter bestimmten Umständen auftritt, wird situativen Faktoren zugeschrieben.

Menschen machen bei der Attribution eine Reihe von systematischen Fehlern:

1.
Fundamentaler Attributionsfehler: Wir schreiben beim Verhalten anderer fast stets einen zu großen Teil davon dispositiven Faktoren zu. Zum Beispiel schätzt nach einem Quizspiel, bei dem der Frager sich die Fragen beliebig ausdenken darf (und folglich der Befragte nur wenige Antworten weiß), der Befragte das Wissen des Fragers meist sehr viel höher ein als sein eigenes; es wird also ein dispositiver Faktor herangezogen. Der Einschätzungsunterschied verschwindet, wenn der Frager die Einschätzung vornimmt; der situative Faktor wird korrekt erkannt. Die Erklärung dieses Fehlers könnte sein, daß wir über die Gründe unseres eigenen Handelns so viel besser informiert sind als bei anderen, so daß wir leichter erkennen, wo überall situative Faktoren einen Einfluß haben, während sich das bei anderen Personen unserer Kenntnis entzieht.
2.
Falscher Konsens: Wir neigen dazu, unsere Meinung oder Reaktion als typisch für eine große Mehrheit zu betrachten, auch wenn das gar nicht stimmt. Eine Erklärung hierfür lautet, daß wir nicht gern anders sein wollen als andere, eine weitere Erklärung ist, daß sich Menschen gern in der Gesellschaft anderer bewegen, die ihnen tatsächlich ähnlich in ihren Meinungen und Reaktionen sind.
3.
Eigenerfolg und Fremdversagen: Wir neigen dazu, Erfolge unseren eigenen Handlungen zuzuschreiben, aber Mißerfolge auf äußere Faktoren zurückzuführen.
4.
Relevanzvermutung: Wenn wir die Motivationsstruktur einer Person A so einschätzen, daß eine bestimmte Handlung für A eine hohe Relevanz hat, neigen wir eher dazu, A's Verhalten auf situative Faktoren zurückzuführen. So gilt eine höherrangige Person, wenn sie einem einen Gefallen tut, eher als freundlich (dispositiv), während eine niederrangige Person als eher gezwungen zu dem Gefallen angesehen wird (situativ).
5.
Verursachungsillusion: Wir neigen dazu anzunehmen, daß unsere willentlichen Handlungen einen Einfluß auf Ereignisse der Zukunft haben, auch wo das gar nicht der Fall sein kann. So wurden Besitzer eines 50-Cents-Lotterieloses danach gefragt, für wieviel Geld sie ihr Los verkaufen würden. Personen, denen das Los vom Verkäufer in die Hand gedrückt worden war, wollten etwa 2 Dollar; Personen, die es selbst gezogen hatten, wollten etwa 9! Offensichtlich erzeugt das Auswählen des Loses die Illusion, ein Gewinn werde dadurch wahrscheinlicher. Selbst schon der Willensakt, das Los überhaupt zu kaufen, erzeugt diese Illusion, denn der Erwartungswert für den wirklichen Wert des Loses liegt natürlich unter dem Kaufpreis. Die gleiche Art von Fehlschluß tritt auch in sozialen Situationen auf. Ursache dieses Fehlers ist vermutlich eine falsche Interpretation unserer Lebenserfahrung, daß wir tatsächlich mit unseren Handlungen zukünftige Ereignisse beeinflussen können.

Die Folgerung aus all diesen Beobachtungen für die Softwaretechnik lautet, daß innerhalb eines Softwareteams für ausreichende Kommunikation gesorgt werden muß, um Konflikte und Mißverständnisse aufgrund von Attributionsfehlern zu vermeiden. Insbesondere die falsche Konsensvermutung kann zu Einbußen in der Effektivität der Arbeit einer Softwaregruppe führen und der Effekt von Eigenerfolg und Fremdversagen kann das Klima in einem Team vergiften.

2.8.2 Heuristiken im sozialen Schließen

Wir benutzen zum Ziehen von Schlüssen bei sozialen Interaktionen Heuristiken, die gelegentlich zu Schlußfehlern führen.

1.
Die Repräsentativitätsheuristik. Wenn wir etwas Neues kennenlernen, vor allem aber bei Personen, suchen wir anhand unserer ersten Beobachtungen einen Stereotyp aus unseren früheren Erfahrungen, auf den die neue Person zu passen scheint. Wir schliessen dann (oft fälschlich), daß auch andere Eigenschaften des Stereotyps auf die Person zutreffen. Bestandteil solcher Fehlschlüsse ist oftmals der Basisratenfehler, der schon im Abschnitt über das induktive Schließen beschrieben wurde.
2.
Die Verfügbarkeitsheuristik. Die relative Wichtigkeit oder Häufigkeit zweier Ereignisse wird vor allem dann falsch eingeschätzt, wenn es bei dem weniger häufigen besonders leicht gelingt, uns Exemplare davon ins Bewußtsein zu rufen. So überschätzen die meisten Menschen die Wahrscheinlichkeit eines Mordes oder eines Flugzeugabsturzes, weil sie in den Medien so überproportional gut mit Informationen darüber versorgt werden. Testpersonen schätzten z.B. die Anzahl englischer Wörter, die mit k beginnen, höher ein als die Anzahl englischer Wörter, die ein k als dritten Buchstaben haben. Letztere fallen einem nicht so leicht ein, sind aber doppelt so häufig. Das Versagen der normalerweise nützlichen Verfügbarkeitsheuristik passiert nicht nur aufgrund eines allgemeinen Erfahrungshintergrundes, sondern oft auch situationsabhängig: Wenn wir mit einer Sache gerade vor kurzem Kontakt hatten, ist sie uns geistig leicht zugänglich und wird als wichtiger oder häufiger eingestuft als ihr zukäme. Aus diesem Grund haben persönliche Begegnungen mit Menschen, die ihre Meinung äußern, so einen großen Einfluß auf unsere Entscheidungen: Das Erlebnis der persönlichen Begegnung ist intensiv und ihr Inhalt deshalb besonders leicht verfügbar.
3.
  Der Regressionsfehlschluß: Auf ein Lob nach einer extrem guten Leistung folgt meistens eine schwächere Leistung, während auf Kritik nach einer extrem schlechten Leistung meistens eine bessere Leistung folgt. Kann man daraus schließen, daß Lob demotiviert und Kritik motiviert? Man kann, und wir tun das auch dauernd -- aber es ist falsch! In Wirklichkeit sind beide Ereignisse, die Verbesserung als auch die Verschlechterung, schlicht und einfach sehr wahrscheinlich, denn eine extrem gute oder schlechte Leistung ist so weit vom Mittelwert entfernt, daß fast immer die nächste Leistung näher am Mittelwert liegen wird. Dieses ,,Zurückgehen`` zum Mittelwert heißt Regression, daher der Name dieser Falle. Der Regressionsfehlschluß ist eine spezielle Form des Versagens der Verfügbarkeitsheuristik.

In der Softwaretechnik machen Repräsentativitätsheuristik und Verfügbarkeitsheuristik nicht nur in sozialer Hinsicht, sondern auch in technischen Situationen (z.B. Fehlersuche bei Entwurfsprüfungen) häufig große Probleme. Ein ständiges klares Bewußtsein für diese Effekte ist ein wichtiges Werkzeug zur Leistungsverbesserung in der Softwaretechnik. Probleme können auf der technischen Ebene am besten dadurch umgangen werden, daß möglichst viel aufgrund objektiver Daten anstatt subjektiver Eindrücke und Erinnerungen gehandelt wird.

2.8.3 Haltungen

Eine Haltung zu einem Thema T setzt sich aus drei Komponenten zusammen: Der affektiven Komponente, die die Gefühle beschreibt, die in Zusammenhang mit T auftauchen, der Verhaltenskomponente, die die Handlungen beschreibt, zu denen wir im Zusammenhang mit T neigen und schließlich die kognitive Komponente, die aus den Annahmen besteht, die wir über T haben.

Die affektive Komponente bildet sich durch Konditionierung; entweder direkte Konditionierung mittels positiver oder negativer Erlebnisse in Zusammenhang mit T oder sekundäre Konditionierung durch unterschwelliges Wahrnehmen und Übernehmen der affektiven Haltung anderer Personen (insbesondere von Autoritätspersonen). Die affektive Komponente widersteht Änderungen stärker als die anderen beiden. Ein Auseinanderklaffen zwischen einer alten negativen affektiven Haltung und einer nicht mehr negativen kognitiven Haltung zu einem Thema erzeugt oft Schuldgefühle.

Die kognitive Komponente wird meist von anderen übernommen, nur selten selbst gebildet -- und auch dann nur zu einfachen Themen vollständig. Im allgemeinen geschieht die Übernahme durch Nachahmung von Vorbildern oder anderen Autoritäten.

Man sollte erwarten, daß affektive und kognitive Komponente unser Verhalten weitgehend bestimmen. Dies ist aber oft nicht der Fall. Folgende Gründe stehen dagegen:

1.
Allgemeinheitsgrad: Die meisten Haltungen sind recht allgemein. Handlungen dagegen sind stets äußerst spezifisch.
2.
Relevanz für Motive: Eine Haltung zu haben (oder auszudrücken) kostet erheblich weniger Mühe, als eine entsprechende Handlungsweise an den Tag zu legen. Deshalb führen selbst ernsthafte Haltungen meist nicht zu den entsprechenden Handlungen, wenn diese Handlungen eine geringe persönliche Bedeutung für die Person haben.
3.
Selbstattribution: Haltungen sagen Handlungen nur dann gut voraus, wenn sie aufgrund eigener Erfahrungen gebildet wurden -- oft sind sie aber von anderen Menschen übernommen: wir erklären zwar unsere eigenen Absichten mit ihnen, neigen aber dazu, diesen dann im Handeln gar nicht zu folgen.
4.
Verhaltensbeschränkungen: Äußere Umstände machen es häufig schwer oder unmöglich, die zu einer Haltung passende Handlung auszuführen. Besteht eine solche Situation über längere Zeit, wird sich die Haltung entweder verstärken oder abschwächen.

Es sind aber nicht nur unsere Haltungen Grund für unsere Handlungen, sondern auch umgekehrt ändern Handlungen die Haltungen. Wenn Haltungen und Handlungen auseinanderklaffen, empfindet man eine kognitive Dissonanz. Um diese zu reduzieren, gibt es drei Möglichkeiten: Senkung der Wichtigkeit eines dissonanten Elements, Zufügen konsonanter Elemente oder Beseitigung eines dissonanten Elements.

So kann ein Student, der sich für sehr intelligent hält, aber dauernd schlechte Noten bekommt, diese Dissonanz beseitigen, indem er sich sagt, Noten seien ohnehin unwichtig und hätten wenig mit Intelligenz zu tun (Senkung der Wichtigkeit), beschließen, daß äußere Umstände verantwortlich sind, z.B. ungerechte Notenvergabe oder zu große Belastung durch den Nebenjob (konsonante Elemente zufügen) oder er kann bessere Noten bekommen oder seine Meinung über seine Intelligenz revidieren (dissonantes Element beseitigen). Bis auf das Bessere-Noten-Bekommen sind dies alles Beispiele für Haltungsänderungen aufgrund von Handlungen.

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Auch andere Situationen führen zu Haltungsänderungen. Allgemein passen wir unsere Haltungen und deren Gewichtung so an, daß sie wenig Diskrepanz mit der Situation ergeben, in der wir sind. So halten wir etwas für besser und mehr wert, wenn wir mehr dafür bezahlt haben oder mehr Mühe aufgewendet haben, um es zu erlangen. Oder wir legen uns künstlich ein positives Urteil über eine Sache zu, mit der wir gezwungenermaßen verbunden sind, um unsere Selbstachtung zu wahren. Oder wir erhöhen die positive Beurteilung von A, nachdem wir uns in einer Konfliktsituation zwischen A und B für A entschieden haben.

Eine besonders wichtige Klasse von Haltungen sind Vorurteile. Sie entstehen vor allem durch die zu großzügige Anwendung von Stereotypen in Verbindung mit selektiver Wahrnehmung, die durch ein bereits vorhandenes Vorurteil noch verstärkt wird: Es wird nur noch das wahrgenommen, was in das Vorurteil paßt. Anderes wird ignoriert oder uminterpretiert. Vorurteile sind kaum zu vermeiden, dürfen jedoch nie zu ausgeprägt werden, damit sie nicht negative Auswirkungen entfalten. Eine für die Softwaretechnik wichtige Klasse solcher Auswirkungen ist die selbsterfüllende Prophezeihung: Eine falsche oder zumindest voreilige Einschätzung einer Situation erzeugt ein Verhalten, daß dazu führt, daß die Einschätzung richtig wird.

Selbsterfüllende Prophezeihungen sind mächtige soziale Faktoren und können im positiven wie im negativen wirken. Hier ein eindrucksvolles Beispiel für eine positive Wirkung:

Männlichen Versuchspersonen, die mit weiblichen Versuchspersonen zu telefonieren hatten, wurde vor Beginn des Telefonats ein Photo der angeblichen Gesprächspartnerin gezeigt. Unabhängig von der tatsächlichen Partnerin bekamen manche Männer ein Bild einer attraktiven Frau, andere ein Bild einer unattraktiven Frau gezeigt. Die Gespräche wurden aufgezeichnet und die weibliche Stimme später weiteren Versuchspersonen vorgespielt. Diese Personen empfanden die Stimme als freundlicher, sympathischer und geselliger, wenn es sich um ein Gespräch handelte, vor dem ein attraktives Photo gezeigt worden war (und zwar im Blindtest, d.h. ohne zu wissen, welcher dieser Fälle gerade vorlag), als bei Gesprächen, vor denen ein unattraktives Photo gezeigt worden war. Die ungerechtfertigte Prophezeihung des männlichen Telefonierers, eine attraktive oder unattraktive Partnerin zu haben, hatte sich ohne Wissen dieser Partnerin selbst erfüllt!

Offensichtlich ist eine Vermeidung von negativen und ggf. der gezielte Einsatz von positiven selbsterfüllenden Prophezeihungen ein wichtiges Augenmerk für softwaretechnische Arbeitsgruppen.

2.8.4 Soziale Einflüsse

Unser Verhalten wird natürlich auch direkt von anderen beeinflußt, oftmals in unbewußter oder unerwünschter Weise.

Konformität ist ein Wesenszug des Menschen, der das Zusammenleben enorm erleichtert. Konformität ist der Wunsch, nicht aus dem normalen Rahmen herauszufallen. Selbst Menschen, die scheinbar sehr wenig konform sind, z.B. Punks, sind in Wirklichkeit in den allermeisten Verhaltensbereichen konform. Und selbst in den Bereichen ihrer Nonkonformität stellt sich oftmals wieder Konformität auf einer anderen Ebene ein. So bilden z.B. die Punks eine Gruppe, die wiederum ihre eigenen Konformitätsregeln hat; ein Punk mit einer netten, immer gutgekämmten Allerweltsfrisur ist nur schwer vorstellbar.

Konformität ist in der Softwaretechnik dadurch schädlich, daß sie die Wahrnehmung verschlechtert: Es ist schwer, sich einer Meinung, die von mehreren anderen geäußert wurde, nicht anzuschließen, selbst wenn man eigentlich glaubt, daß sie falsch ist.

Soziale Förderung: Wenn jemand anderes an den eigenen Taten teilnimmt, z.B. einfach zuschaut, steigt unsere Anregung. Wir geben uns dann mehr Mühe. Bei einfachen Arbeiten führt das zu höherer Leistung, bei komplexen Arbeiten jedoch eventuell zu einem effektiven Absinken der Leistung, trotz des Bemühens.

Soziales Faulenzen: Auch der gegenteilige Effekt sozialer Anteilnahme ist möglich. Als Mitglied einer Gruppe bin ich weniger motiviert, Leistung zu erbringen, als als Einzelperson, zumindest dann, wenn meine Leistung nicht als Einzelleistung aus der Gruppenleistung zu identifizieren ist.

Diese beiden Effekte der sozialen Förderung und des Faulenzens sind offenbar delikate Balancierungsaufgaben für alle, die eine softwaretechnische Arbeitsgruppe zu organisieren und zu führen haben.

Reziprozität: Menschen mit intaktem Sozialverhalten haben einen starken Wunsch, einen Gefallen, der ihnen angetan wurde, zurückzugeben. Dies ermöglicht eine weitere Form von Motivationssteigerung durch Erhöhung der Kontrolle über die Umwelt: Wenn ein Mitglied einer Arbeitsgruppe einem anderen Hilfestellung nicht etwa aufgrund einer festen Arbeitsvorschrift leistet, sondern im Einzelfall aufgrund eigenen Entschlusses, so ist das andere Mitglied besser motiviert, später eine andere Hilfe zurückzuleisten.

Vor-Engagement: Wenn man einmal einer Sache zugestimmt hat, sich für etwas engagiert hat oder einer Person entgegengekommen ist, wird es schwierig, sich bei einer nachgefragten Verstärkung dieser Zustimmung, des Engagements oder des Entgegenkommens dann zurückzuziehen. In der sozialen Interaktion ist dieser Effekt bekannt unter dem Satz ,,Es ist schwer, Nein zu sagen, wenn man einmal Ja gesagt hat.``. In der Softwaretechnik wirkt sich der gleiche Effekt vor allem bei der Korrektur größerer Fehler aus: Man hat große Widerstände dagegen, einen schlechten, aber schon abgeschlossenen Entwurf noch einmal umzuwerfen oder ein Modul, das sich als sehr fehlerhaft herausgestellt hat, komplett wegzuwerfen und neu zu implementieren etc., selbst wenn das das eindeutig klügere Verhalten wäre.


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Lutz Prechelt
1999-04-13