Auf den Spuren barocker Baukunst: Der Dresdner Neumarkt

Niklaas K.-H. G. Görsch, Oktober 2013

Am Dresdner Neumarkt befinden sich die Besucherinnen und Besucher mitten im historischen Zentrum der sächsischen Hauptstadt.
In der geschichtsträchtigen Inneren Altstadt befindet sich neben dem Kurländer Palais und dem Johanneum auch die Frauenkirche. Der einzigartige Sakralbau, dessen Erscheinungsbild durch die Verwendung von sächsischem Sandstein seinen besonderen Charakter erhält, ist wahrscheinlich das berühmteste Wahrzeichen Dresdens. Die im Zweiten Weltkrieg zerstörte Frauenkirche wurde am 30. Oktober 2005 wiedergeweiht. Ein paar Schritte zu Fuß von der Frauenkirche entfernt, befindet sich die Galeriestraße, an der bis vor kurzem Ausgrabungsarbeiten stattfanden.
Der gesamte Dresdner Neumarkt ist vom Versuch geprägt, das barocke Stadtbild Dresdens wiederherzustellen. Denn der Einfluss barocker Architekten in Dresden war beträchtlich. Durch zahlreiche Bauwerke im Stil der damaligen Zeit entwickelte sich ein besonderes kulturelles und architektonisches Ambiente, das Dresden den Spitznamen "Elbflorenz" einbrachte.

Zerstörung und Wiederaufbau

Dieses markante Stadtbild, dessen Zerstörung bereits 1938 in den Novemberpogromen begann, als die Alte Synagoge verbrannt wurde, fiel der Grausamkeit des durch den NS-Staat verursachten Krieges dann fast vollständig zum Opfer, als britische und amerikanische Bomber die Stadt in Trümmer legten.
Um diesen architektonischen Verlust wenigstens annähernd ersetzen zu können, wird in einem lang andauernden Projekt die Stadt Dresden wie sie vor dem Zweiten Weltkrieg ausgesehen hatte, nachempfunden, indem versucht wird, die Gebäude am Neumarkt stilecht nachzubauen. Dies ist ein Gemeinschaftsprojekt zwischen den Bürgerinnen und Bürgern Dresdens und den politischen Repräsentanten. Hinzu kommen die Meinungen von Architekten und Künstlern. Auch Vereine wurden zu diesem Zweck gegründet, wie z.B. die Gesellschaft "Historischer Neumarkt Dresden e.V.".

Im Quartier VII - einem Bereich des historischen Stadtkerns - fanden zwischen den Monaten Mai und September des Jahres 2013 Ausgrabungsarbeiten unter der Leitung des Landesamtes für Archäologie Sachsen statt. Finanziert wurde die Grabung von einer Privatperson, deren Unternehmen auch den Wiederaufbau gestaltet. Im untersuchten Gelände sollen neben einem Hotel, eine gastronomische Einrichtung, aber auch Wohn- und Gewerberäume entstehen.

Dinglingers Haus

An der Ausgrabungsstelle wurden viele kleinere Funde entdeckt. Darunter sind Zeugnisse, die bis ins 12. Jahrhundert zurückreichen.
Die Archäologen gruben aber auch die Keller zweier altbekannter Gebäude ehemaliger Bewohner der Stadt frei. Es handelt sich bei einem der Bauwerke um „Dinglingers Haus“ bzw. um dessen freigelegten Keller. Georg Christoph Dinglinger (1668-1728/1746) war der Bruder des bekannteren Johann Melchior Dinglinger (1664-1731), der am Hofe des Kurfürsten August des Starken (1670-1733) als Goldschmied und Juwelier tätig war. In den Jahren 1710-16 wurde das Gebäude zunächst für Abraham Thäme errichtet. „Mit seiner fünfachsigen, mit Pilastern und feinstem Dekor im Zwingerstil geschmückten Fassade und seinem leicht wellenförmig geschwungenen Mittelrisalit stand das Wohnhaus im bürgerlichen Bauwesen der Stadt einzigartig da.“ [Hertzig, 2013, S. 106]
Architekt des Bürgerhauses war Matthäus Daniel Pöppelmann (1662-1736), der innerhalb seines Berufstandes und darüber hinaus für seine Bauwerke im barocken und im Stil des Rokoko bekannt wurde und das Stadtbild Dresdens immens prägte. „Die Eindrücke, welche Matthäus Daniel Pöppelmann auf seinen Reisen nach Prag, Wien und Rom 1710 sowie im Jahre 1915 nach Paris erhielt, die er für das Neubauprojekt unternommen hatte, bedeuteten für die sächsische Residenz den Durchbruch des Hochbarock. Die schönsten Früchte der niemals verwirklichten Schlossbaupläne sollten neben dem Zwinger das Taschenbergpalais, das British Hotel sowie zahllose prachtvolle weitere Palais- und Bürgerhausbauten sein.“ [Hertzig, 2013, S. 14 f.]

Das Triersche Haus und die Rekonstruktion

Neben dem Haus der Dinglinger wurden Spuren des „Trierschen Hauses“ entdeckt. Johann Friedrich Trier war Hofrat und ideenreicher Bibliothekar am Hofe Johann Georg III. und ließ sich dieses Gebäude zum Ende des 17. Jahrhunderts errichten. „Gegenüber dem Boseschen Haus befanden sich das zu Ende 17. Jahrhunderts errichtete Triersche Haus Sporergasse 2 und das Caesarsche Haus Schlössergasse 25 aus dem 18. Jahrhundert.“ [Der Dresdner Neumarkt, 1995]. Die analysierten Strukturen weisen darauf hin, dass die Keller bereits rund 200 Jahre älter sind und unter anderem gastronomische Verwendung fanden. Die weitere Nutzung von Kellern abgerissener Gebäude für die neu entstehenden Bauten war damals aus Kostengründen üblich. [Vgl. http://www.neumarkt-dresden.de/Presse/2013/28-06-2013.html]

Die mehrmalig stattgefundenen Flüge des Archaeocopters erbrachten verschiedene Aufnahmen, die eine chronologische 3d-Rekonstruktion mithilfe der übrig gebliebenen Kellerstrukturen und Mauerbefunde ermöglichen. Die Archäologen können nun mithilfe des zu unterschiedlichen Zeitpunkten entstandenen Datenmaterials, das mehrere Etappen innerhalb des jeweiligen Ausgrabungsfortschrittes beinhaltet, eine Art Zeitstrahl entwickeln und die dazugehörigen Erscheinungsbilder des analysierten Quartiers des Dresdner Neumarktes detailliert nachempfinden.

Verwendete Literatur

Der Dresdner Neumarkt. Auf dem Weg zu einer städtischen Mitte, in: Dresdner Hefte 44. Beiträge zur Kulturgeschichte, 1995
Hertzig, Stefan: Das barocke Dresden. Architektur einer Metropole des 18. Jahrhunderts. Mit Fotografien von John Hinnerk Pahl, Petersberg 2013

Verwendete Internetquellen

http://www.frauenkirche-dresden.de
http://www.neumarkt-dresden.de
http://www.institut-sks.de