Dominikanerkloster St. Pauli in Freiberg

Niklaas K.-H. G. Görsch, April 2013 (ergänzt Mai 2013)

Im mittelalterlichen Freiberg existierten neben einem Franziskanerkloster ein Nonnenkloster und ein Dominikanerkloster (Dominikanerorden; lat.: Ordo fratrum praedicatorum [Orden der predigenden Brüder]).
Das Dominikanerkloster in Freiberg wurde im Jahr 1233 gegründet (in Leipzig und Erfurt existierten bereits seit 1229 Klöster des Dominikanerordens). Wahrscheinlich wurde in Freiberg im Jahr 1236 die Klosterkirche zwischen Burg und Oberstadt errichtet.
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Landesamtes für Archäologie Sachsen brachten zwischen den Jahren 2011 und 2013 große Teile des Klosters an die Oberfläche. "Unter anderem konnte der gut erhaltene Chorbereich komplett freigelegt werden, zudem wurden Teile des Kreuzganges und Reste von anschließenden Gebäuden wie Speise- oder Schlafsaal ausgegraben."; außerdem wurden neben zahlreichen Bestattungen "über 22.000 Einzelstücke verschiedener Materialien, unter anderem aus Stein, Keramik, Glas und Leder, gefunden" (http://www.mdr.de/sachsen/ausgrabungen-freiberg100_showImage-1_zc-f035da42_zs-9f2fcd56.html).

Die Diözese Freiberg (Diözese/Bistum: kirchlicher Verwaltungsbezirk) gehörte zu den größten in Kursachsen. Die Diözese umfasste acht Städte und 55 Dörfer. „Bei den Dominikanern fanden 1270 und 1290 deutsche Ordenskapitel in Freiberg statt, was auf den Rang des Klosters schließen lässt.“ (Unger, 1986, S. 38). Ordenskapitel sind Versammlungen von Vertretern eines Klösters beziehungsweise eines Konvents, mithilfe dieser Regeln des gemeinsamen Zusammenlebens aufgestellt und verändert, Glaubensfragen geklärt und andere wichtige Probleme versucht wurden zu lösen.

Reformation und Abbau des Klosters

Am Vorabend der Reformation gab es Konflikte zwischen der Kurie in Rom auf der einen Seite, die für die Beibehaltung des Ablasshandels war, und dem Dominikanerkloster in Freiberg auf der anderen Seite. Konkret handelte es sich um die sogenannten Butterbriefe, eine Art des Ablasses, „bei der gegen Zahlung eines bestimmten Betrages die Sünde des Genusses von Butter, Käse und Milchspeisen während der Fastenzeit vergeben wurde. Die eingenommenen Gelder fielen dem Domkapitel zu und sollten zum Wiederaufbau des Domes nach dem großen Stadtbrand im Jahre 1484 verwendet werden. Nach einem Prozeß, der von den Domherren gegen die Dominikanermönche vor der römischen Kurie in Rom angestrengt worden war, wurden die Mönche zu hohen Geldbußen verurteilt. Dieser Indult wurde sogar 1512 auf weitere 20 Jahre erneuert.“ (Schellhas, 1986 S. 104). Gleichzeitig herrschten verbale und in physische Gewalt ausufernde Auseinandersetzungen zwischen den Bürgern Freibergs und den Mönchen. Denn einige der Mönche versuchten noch im Jahr 1518 Ablassbriefe zu verkaufen. Ein großer Teil der Freiberger befürwortete aber die reformatorischen Ideen Martin Luthers.
Außerdem beteiligten sich Dominikanermönche in der Zeit vom 13.-15. Jahrhundert an der Inquisition und verloren dadurch viel Zustimmung seitens der Bürgerinnen und Bürger Freibergs, die das Schicksal der von der Inquisition betroffenen Mitbürgerinnen und Mitbürger im kollektiven Gedächtnis weitertrugen.
Die Dominikaner befanden sich während der Reformationszeit in einer finanziell schwierigen Lage einerseits und in einer prekären Situation im Hinblick auf die Akzeptanz der Bevölkerung der Stadt andererseits. Die Dominikaner standen gewissermaßen zwischen den Fronten. Nicht wenige Mönche verließen deswegen ihr Kloster. Dies war ein weit verbreitetes Phänomen der Bettelorden in vielen Teilen Europas und beschränkte sich nicht nur auf Freiberg (Vgl. Schellhas, 1986, S. 104ff.).
Zur Reformation bekannten sich viele Freiberger auf folgende Art und Weise: „Seit etwa 1526 befestigten Handwerker, Bergknappen und andere Bürger über ihren Haustüren kleine Steintafeln mit den Buchstaben VDMIE: Verbum Domini manet in eternum - Das Wort des Herrn bleibt in Ewigkeit.“ (Schellhas, 1986, S. 107)
„Am 1. Januar durfte sein Hofprediger Schenk erstmals im Dom evangelisch predigen. Damit bekannte sich der Herzog [Heinrich] nach langem Zögern auch persönlich zum Protestantismus.“ (Schellhas, 1986, S. 107). Heinrich der Fromme (*1473 in Dresden;† 1541 ebd.), Herzog von Sachsen.
Die Gebäude des Klosters dürften um 1537 abgerissen worden sein. An ihrer Stelle wurden Bürgerhäuser errichtet, die aufgrund ihrer Baufälligkeit inzwischen abgerissen wurden. Der Abriss bietet der Archäologie, und mittelbar auch der Geschichtswissenschaft, Möglichkeiten der Erforschung und Analyse des seit mindestens knapp 800 Jahren von Menschen bewohnten Ortes. Da der Grabungsort in naher Zukunft durch den Bau neuer Forschungseinrichtungen auf lange Sicht nicht mehr zugänglich sein wird, erhält die präzise Dokumentation der Funde - z.B. durch den Archäocopter - eine besondere Bedeutung. (Vgl. http://www.archaeologie.sachsen.de/3063.htm).

Die Lateinschule des ehemaligen Dominikanerklosters wurde 1541 in den bisherigen Domherrenhof (heute Stadt- und Bergmuseum) verlegt.
Die Schulbibliothek wurde 1630 nach 20-jähriger Schließung wiedereröffnet und basierte u.a. auf Werke der Mönchsklöster in Freiberg (trotz des Dreißigjährigen Krieges war dies im Jahr 1656 ein Bestand von über 1900 Büchern)

Dietrich von Freiberg

Dietrich von Freiberg wurde um das Jahr 1250 herum geboren. Er wurde Dominikanermönch und erhielt als Prior in Würzburg eine repräsentative und politische Aufgabe innerhalb des Ordens. Dietrich erhielt seinen Abschluss als Magister im Jahr 1297 an der Sorbonne und starb um 1310.
Es sind 25 seiner Traktate erhalten geblieben. „Die meisten galten naturwissenschaftlichen Themen, die ihn mehr interessierten als theologische Fragen. Er beschäftigte sich beispielsweise mit der Theorie des Lichts und entdeckte den Verlauf des Strahlengangs und der Reflexion im Wassertropfen, der zur Erscheinung des Regenbogens führt, den er als erster zu erklären vermochte. Die Wirkungsweise von Sammel- und Vergrößerungslinsen, die Eigenschaften der Minerale, Chemie und Astronomie gehörten zu seinen Themen. Dietrich von Freiberg galt als einer der bedeutendsten Experimentatoren seiner Zeit.“ (Unger, 1986, S. 46).

Verwendete Literatur

Flasch, Kurt: Dietrich von Freiberg. Philosophie, Theologie, Naturforschung um 1300, Frankfurt am Main 2007

Schellhas, Walter: Vom Vorabend der frühbürgerlichen Revolution bis zum Ende des Dreißigjährigen Krieges, 1479-1648, in: Kasper, Hanns-Heinz / Wächtler, Eberhard (Hrsg.): Geschichte der Bergstadt Freiberg, Weimar 1986, S. 91-142

Unger, Manfred: Von den Anfängen der bäuerlichen Besiedlung bis zum Ende der Machtkämpfe um den Besitz der Bergstadt, 1162 bis 1307, in: Geschichte der Bergstadt Freiberg, Weimar 1986, S. 15-57

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