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Die Schauderbasis in $ H_{\alpha }^{0}$

Wir haben in Abschnitt 1.2 gesehen, daß die kleinen Hölderräume $ H_{\alpha }^{0}$ für $ 0\leq \alpha<1$ eine von unten stetige Familie und eine normale Skala von Banachräumen bilden. Um diese Eigenschaften auch am Rand $ \alpha=0$ zu erhalten, setzten wir $ H_{0}^{0}$ als den Raum $ C_{0}([0,1])$ aller in 0 verschwindenden stetigen Funktionen auf $ [0,1]$. (Da wir hier nur Isomorphie-Überlegungen anstellen, ist es einerlei, ob dieser Raum die Norm $ L_{0}(\cdot)$ oder die dazu äquivalente üblichere Supremumsnorm trägt.) Weiterhin haben wir in 1.2 festgestellt, daß die (rationalen) Polygone dicht in den kleinen Hölderräumen liegen. Dieses Ergebnis kennt man auch im Raum $ H_{0}^{0}$, nur weiß man für diesen Raum noch mehr, denn eine gewisse Menge spezieller einfacher Polygone bildet sogar eine Schauderbasis in $ C([0,1])$ bzw. in $ C_{0}([0,1])$. Aufgrund der Tatsache, daß $ C_{0}([0,1])$ mit den kleinen Hölderräumen in der oben genannten Weise zusammenhängt, ist es daher naheliegend, diese Schauderbasis als Teilmenge der Hölderräume näher zu untersuchen. Genau dies hat Z. Ciesielski 1959/60 in [6] und [7] getan -- und er kam dabei auf bemerkenswerte Resultate.

Zu Beginn wollen wir die Schauderbasis in $ C_{0}([0,1])$ (vgl. V.6.16 in [55]) einführen. Seien $ {\chi_{n}},\, n=1,2,\dots,$ die in $ L^{2}([0,1])$ orthonormierten Haar-Funktionen, definiert durch $ \chi_{1}=\mathbf{1}$ und für $ m=0,1,\dots;$ $ k=1,\dots,2^{m}:$

$\displaystyle \chi_{2^{m}+k}(x)=\left\{ \begin{array}{cl} \sqrt{2^{m}} & \mbox{...
...1}{2^{m+1}},\frac{2k}{2^{m+1}}\Bigl],\\  0 & \mbox{ sonst.} \end{array} \right.$    

Seien weiter für $ x\in [0,1]$ und $ n=1,2,\dots$ die Funktionen $ \varphi_{n}$ definiert durch

$\displaystyle \varphi_{n}(x)=\int_{0}^{x} \chi_{n}(t)dt.
$

Man sieht, daß die Funktionen $ \varphi_{n}$ einfache Polygone beschreiben, speziell für $ n=2^{m}+k\geq 2$ liefert der Graph von $ \varphi_{n}$ ein gleichseitiges Dreieck über dem Intervall $ \left [\frac{2k-2}{2^{m+1}},\frac{2k}{2^{m+1}}\right]$, mit dem Intervall als Basis, der halben Basislänge $ \frac{1}{2^{m+1}}$, mit der Spitze für $ x=\frac{2k-1}{2^{m+1}}$ und der Höhe $ \frac{\sqrt{2^{m}}}{2^{m+1}}=\frac{1}{2\sqrt{2^{m}}}$.

Satz 2.1.1   Die Menge $ \left\{\varphi_{n}\right\}$, $ n=1,2,\dots$, ist eine Schauderbasis im Raum $ C_{0}([0,1])$. Es gilt sogar

$\displaystyle f=\sum_{n=1}^{\infty}\biggl{[}\int_{0}^{1}\chi_{n}(t)df(t)\biggl{]}\varphi_{n}\quad \forall f\in C_{0}([0,1]).
$

Beweis. [Beweis] Es sei eine Funktion $ f\in C_{0}([0,1])$ vorgelegt sowie $ x_{0}=0$, $ x_{1}=1$ und $ x_{2^{m}+k}=\frac{2k-1}{2^{m+1}}$ für $ m=0,1,\dots$ und $ k=1,\dots,2^{m}$. Dann definiere $ p_{n}$ für $ n\geq 1$ analog zum Beweis zu Satz 1.2.20 als das Polygon auf $ [0,1]$, welches genau in $ x_{0}, x_{1}, \dots, x_{n}$ seine Knoten hat und $ f$ in diesen interpoliert. Es folgt aus der gleichmäßigen Stetigkeit von $ f$ wieder $ \Vert f-p_{n}\Vert _{\infty}\to 0$ für $ n\to \infty$, so daß (mit $ p_{0}=0$) die Reihe

$\displaystyle \sum_{n=1}^{\infty}(p_{n}-p_{n-1})
$

gleichmäßig gegen $ f$ konvergiert. Andererseits ``differieren'' $ p_{n}$ und $ p_{n-1}$ um genau eine ``Polygonecke'', so daß die Differenz nach Wahl der $ x_{2^{m}+k}$ und Definition der $ \varphi_{n}$ gerade ein Vielfaches von $ \varphi_{n}$ ist. Mit gewissen reellen oder komplexen $ a_{n}$, $ n=1,2,\dots$, gilt also

$\displaystyle p_{n}-p_{n-1}=a_{n}\varphi_{n}
$

und

$\displaystyle f(x)=\sum_{n=1}^{\infty}a_{n}\varphi_{n}(x) \quad\forall x\in [0,1].$ (1)

Die Koeffizienten $ a_{n}$ ergeben sich nun leicht aus $ f$ und können abkürzend als Integral über die zugehörigen Haarfunktionen bezüglich $ f$ geschrieben werden. Zunächst sieht man

$\displaystyle a_{1}=f(1)-f(0)=\int_{0}^{1}\chi_{1}(t)df(t)$ (2)

und weiter

\begin{displaymath}\begin{aligned}a_{2^{m}+k} & =2\sqrt{2^{m}}\left [ f\left(\fr...
...)\right]\\  & =\int_{0}^{1}\chi_{2^{m}+k}(t)df(t) \end{aligned}\end{displaymath}

für $ m=0,1,\dots$; $ k=1,\dots,2^{m}$. Beachte, daß $ (2\sqrt{2^{m}})^{-1}$ gerade die Höhe des von $ \varphi_{2^{m}+k}$ beschriebenen Dreiecks und der Term in $ [{\dots}]$ die Höhe des durch $ p_{n}-p_{n-1}$ beschriebenen Dreiecks ist. (Es ist klar, wie man durch die $ a_{n}$'s das $ f$ wiedergewinnen kann, denn jedes $ a_{n}$ mit $ n=2^{m}+k\geq 2$ liefert bei schon vorhandenen $ f(\frac{k-1}{2^{m}})$ und $ f(\frac{k}{2^{m}})$ den Wert $ f(x_{n})=f(\frac{2k-1}{2^{m+1}})$, und $ \{x_{n}\}_{n=0}^{\infty}$ liegt dicht in $ [0,1]$.)

Zur Eindeutigkeit: Sei $ f(x)=\sum_{n=1}^{\infty}b_{n}\varphi_{n}(x)=0 \enspace\forall x\in [0,1]$ mit reellen oder komplexen $ b_{n}$ und $ b_{n}\neq 0$ für ein $ n\in {\mathbb{N}}$, o.B.d.A. $ n=2^{m}+k$ kleinstmöglich. Dann ist entweder $ b_{1}\neq 0$ und damit $ f(1)=b_{1}\neq 0$ ein Widerspruch oder $ b_{n}\neq 0$ für ein $ n=2^{m}+k$ mit $ m\geq 0, k\geq 1$, dann ist aber $ f(\frac{2k-1}{2^{m+1}})=(2\sqrt{2^{m}})^{-1}b_{n}$ ein Widerspruch. $ \qedsymbol$

Es ist klar, daß man den gleichen Satz für $ C([0,1])$ erhält, wenn man zusätzlich $ \varphi_{0}=\textbf{1}$ und im obigen Beweis $ a_{0}=f(0)$ setzt. Wir wollen nun die Menge $ \{\varphi_{n}\}_{n=1}^{\infty}$ in den Hölderräumen $ H_{\alpha }$ mit $ 0<\alpha <1$ ansehen, und es liegt nahe, die $ \varphi_{n}$'s hierfür zu normieren. Beachte, daß jedes $ \varphi_{n}$ für $ n=2^{m}+k\geq 2$ ein Dreieck mit der Höhe $ \frac{1}{2\sqrt{2^{m}}}$ und der halben Basislänge $ \frac{1}{2^{m+1}}$ beschreibt. Daher gilt mit der Definition $ \chi_{1}^{(\alpha)}:=\chi_{1},$ $ \varphi_{1}^{(\alpha)}:=\varphi_{1}$ sowie

$\displaystyle \chi_{2^{m}+k}^{(\alpha)}:=\frac{2^{(m+1)\alpha}}{2\sqrt{2^{m}}}\,\chi_{2^{m}+k}$   und$\displaystyle \quad \varphi_{2^{m}+k}^{(\alpha)}:=\frac{2\sqrt{2^{m}}}{2^{(m+1)\alpha}}\,\varphi_{2^{m}+k}.
$

für $ m=0,1,\dots;$ $ k=1,...,2^{m}$, die Aussage $ L_{\alpha}(\varphi^{(\alpha)}_{n})=1\enspace \forall n\in {\mathbb{N}}$. Zudem ist Satz 2.1.1 für $ \chi_{n}^{(\alpha)}$ und $ \varphi^{(\alpha)}_{n}$ anstelle von $ \chi_{n}$ und $ \varphi_{n}$ richtig. Formuliert man (2.1.3) für $ \chi_{n}^{(\alpha)}$ und entsprechend (2.1.1) für $ \varphi^{(\alpha)}_{n}$ um, so findet man sofort $ \Vert a_{n}\Vert _{\infty}\leq L_{\alpha}(f)$ falls $ f\in H_{\alpha}$ und $ a_{n}\to 0$ für $ n\to \infty$ im Falle $ f\in H_{\alpha}^{0}$. Die nun aufkeimende Hoffnung findet ihre Erfüllung in dem

Theorem 2.1.2   Es sei $ 0<\alpha <1$. Dann gilt:
  1. Der Lipschitzraum $ Lip_{0}([0,1]^{\alpha})=H_{\alpha}$ ist isomorph zum Folgenraum $ \ell ^{\infty }$. Der Isomorphismus

    $\displaystyle T_{\alpha}:\ell^{\infty}\to H_{\alpha}
$

    ist gegeben durch

    $\displaystyle T_{\alpha}((a_{n}))=\sum_{n=1}^{\infty}a_{n}\varphi_{n}^{(\alpha)},
$

    wobei die Reihe bezüglich $ \Vert\,{\cdot}\,\Vert _{\infty}$ konvergiert.

    $\displaystyle T_{\alpha}^{-1}: H_{\alpha}\to \ell^{\infty}
$

    ist gegeben durch

    $\displaystyle T_{\alpha}^{-1}(f)=\left (\int_{0}^{1}\chi_{n}^{(\alpha)}(t)df(t)\right )_{n\in {\mathbb{N}}}.
$

    Dabei gilt

    $\displaystyle \frac{2}{3(2^{\alpha}-1)(2^{1-\alpha}-1)}\leq \Vert T_{\alpha}\Vert\leq \frac{2}{(2^{\alpha}-1)(2^{1-\alpha}-1)}$   und$\displaystyle \quad \Vert T_{\alpha}^{-1}\Vert=1.
$

  2. Der kleine Lipschitzraum $ \ell ip_{0}([0,1]^{\alpha})=H_{\alpha}^{0}$ ist isomorph zum Folgenraum $ c_{0}$. Der Isomorphismus

    $\displaystyle T_{\alpha,0}:c_{0}\to H_{\alpha}^{0}
$

    ist gerade die Einschränkung des obigen $ T_{\alpha}$ auf $ c_{0}$. Insbesondere bildet die Menge $ \{\varphi_{n}\},\, n=1,2,\dots$, eine Schauderbasis von $ H^{0}_{\alpha}$. Es gelten für $ T_{\alpha,0}$ die gleichen Normabschätzungen wie für $ T_{\alpha}$.

Beweis. [Beweis] Ist $ (a_{n})\in \ell^{\infty}$, so findet man schnell die gleichmäßige Konvergenz von $ \sum_{n=1}^{\infty}a_{n}\varphi_{n}^{(\alpha)}$ mit einer geometrischen Reihe wegen $ \Vert\varphi_{2^{m}+k}^{(\alpha)}\Vert _{\infty}=\frac{1}{2^{(m+1)\alpha}}$ und supp$ (\varphi_{2^{m}+k})\cap$   supp$ (\varphi_{2^{m}+k'})=\varnothing$ für $ k\neq k'$ und festes $ m\in {\mathbb{N}}$. Damit ist $ f=\sum_{n=1}^{\infty}a_{n}\varphi_{n}^{(\alpha)}$ eine wohldefinierte stetige Funktion. Aber $ f$ ist sogar Hölder-stetig. Seien $ x,y\in[0,1]$, $ x\neq y$, gegeben, dann ist

$\displaystyle \vert f(x)-f(y)\vert\leq \Vert(a_{n})\Vert _{\infty}\sum_{m=0}^{\...
...2^{m}}\vert\varphi_{2^{m}+k}^{(\alpha)}(x)-\varphi_{2^{m}+k}^{(\alpha)}(y)\vert$ (4)

einfach. Der Leser genieße die nun folgende virtuose Abschätzung der rechten Seite in (2.1.4) durch zwei geometrische Reihen. Sei dafür $ j\in {\mathbb{N}}_{0}$ so gewählt, daß

$\displaystyle \frac{1}{2^{j+1}}<\vert x-y\vert\leq \frac{1}{2^{j}}$ (5)

gilt. Dann kann man zunächst

\begin{displaymath}
\sum_{k=1}^{2^{m}}\vert\varphi_{2^{m}+k}^{(\alpha)}(x)-\varp...
...{-m\alpha} & \mbox{f\uml ur} \quad m\geq j
\end{array}\right.
\end{displaymath}

feststellen. Die für festes $ m$ durch $ \varphi_{2^{m}+k}^{(\alpha)}$ beschriebenen Dreiecke ``wandern'' mit steigendem $ k$ (disjunkt) über dem Intervall $ [0,1]$ von links nach rechts. Damit kann man die Summe $ \sum_{k=1}^{2^{m}}\dots$ immer trivial durch die doppelte Höhe $ 2\Vert\varphi_{2^{m}+k}^{(\alpha)}\Vert _{\infty}=2\frac{1}{2^{(m+1)\alpha}}$ der Dreiecke abschätzen. Dies wurde für $ m\geq j$ getan. Für $ 0\leq m< j$ wurde die größtmögliche Steigung in einem solchen Dreieck abgeschätzt. Mit der halben Basislänge $ \frac{1}{2^{(m+1)}}$ und der Höhe $ \frac{1}{2^{(m+1)\alpha}}$ beträgt diese $ 2^{(1-\alpha)(m+1)}$. Liegen $ x$ und $ y$ nicht im gleichen Dreieck, sondern in zwei benachbarten, so rechnet man leicht nach, daß die Summe der zwei dann zu berechnenden Steigungen auch $ 2^{(1-\alpha)(m+1)}$ ist. Diese Abschätzungen liefern nun nach einiger Detailarbeit den Beweis der Stetigkeit von $ T_{\alpha}$, ``doch ist dieser Rand hier zu schmal, um ihn zu fassen'' (siehe [12, S. 3, II]). Wir aber wollen ihn dennoch bringen.

Man rechnet

% latex2html id marker 33315
$\displaystyle {\allowdisplaybreaks \begin{split}& ...
...rac{2}{(2^{1-\alpha}-1)(2^{\alpha}-1)}, \end{split}} <tex2html_comment_mark>133$    

denn es gilt

$\displaystyle 2^{1-\alpha}-4+2^{1+\alpha}=2(2^{-\alpha}-2+2^{\alpha})=2\left(\sqrt{2^{-\alpha}}-\sqrt{2^{\alpha}}\right)^{2}>0.
$

Nun liefert (2.1.4) die Wohldefiniertheit und die Stetigkeit von $ T_{\alpha}$ mit

$\displaystyle \Vert T_{\alpha}\Vert\leq\frac{2}{(2^{\alpha}-1)(2^{1-\alpha}-1)}.$ (6)

Die Injektivität von $ T_{\alpha}$ folgt aus Satz 2.1.1. Aus (2.1.3) im Beweis zu diesem Satz folgt $ \Vert a_{n}\Vert _{\infty}\leq L_{\alpha}(f)$ für $ f\in H_{\alpha}$, womit die Surjektivität von $ T_{\alpha}$ und darüberhinaus $ \Vert T_{\alpha}^{-1}\Vert\leq 1$ gesichert ist. $ T_{\alpha}$ ist also ein Isomorphismus. Die Darstellung von $ T_{\alpha}^{-1}$ ist nach Satz 2.1.1 auch klar.

Zur Einschränkung von $ T_{\alpha}$ auf $ c_{0}$: Hier liefert (2.1.3) für $ f\in H_{\alpha}^{0}$ wie schon gesehen $ a_{n}\to 0$ für $ n\to \infty$, so daß $ H_{\alpha}^{0}\subseteq T_{\alpha}(c_{0})$ ist. Andererseits sieht man mit dem Raum $ d$ aller abbrechenden Folgen in $ c_{0}$ die Inklusion $ T_{\alpha}(d)\subseteq H_{\alpha}^{0}$, denn Elemente aus $ d$ werden unter $ T_{\alpha}$ auf Polygone, also sogar auf Elemente von $ H_{1}\subseteq H_{\alpha}^{0}$ abgebildet. Aus der Stetigkeit von $ T_{\alpha}$, der Dichtheit von $ d$ in $ c_{0}$ und der Abgeschlossenheit von $ H_{\alpha }^{0}$ in $ H_{\alpha }$ folgt damit $ T_{\alpha}(c_{0})\subseteq H_{\alpha}^{0}$. Insgesamt ist also $ T_{\alpha,0}:c_{0}\to H_{\alpha}^{0}$, die Einschränkung von $ T_{\alpha}$ auf $ c_{0}$, ein Isomorphismus. Da die Einheitsvektoren in $ c_{0}$ eine Schauderbasis liefern, gilt dies auch für ihre Bilder $ \{\varphi_{n}^{(\alpha)}\}$, also auch für $ \{\varphi_{n}\}$ in $ H_{\alpha }^{0}$. Die Konvergenz von $ \sum_{n=1}^{\infty}a_{n}\varphi_{n}^{(\alpha)}$ liegt also im Falle $ (a_{n})\in c_{0}$ sogar in der Höldernorm $ L_{\alpha}(\cdot)$ vor. (Für $ (a_{n})=(1,1,1,\dots)$ zum Beispiel ist dies sicher nicht so.)

Noch ein Wort zu den Normabschätzungen von unten: Für $ T_{\alpha}^{-1}$ sieht man am Beispiel der kleinen Hölderfunktion $ \varphi_{1}^{(\alpha)}=\varphi_{1}: x\mapsto x$ mit $ L_{\alpha}(\varphi_{1}^{(\alpha)})=1$ schnell $ \Vert T_{\alpha}^{-1}(\varphi_{1}^{(\alpha)})\Vert _{\infty}=\Vert(1,0,0,\dots)\Vert _{\infty}=1$ (und dies gilt analog für alle auf $ 1$ normierten $ \varphi_{n}^{(\alpha)}$), also $ \Vert T_{\alpha}^{-1}\Vert=1$. Die Abschätzung für $ T_{\alpha}$ von unten ist nicht so einfach, und der Aufwand ihrer Herleitung übersteigt noch den für die Herleitung von (2.1.6) bei weitem. Der Leser sei deshalb um Nachsicht dafür gebeten, daß statt einer Darstellung der Details (die sich in [7] finden) an dieser Stelle nur die Idee aufgezeigt wird, die zum Erfolg führt.

Man wird schnell auf die Vermutung kommen, daß die kleine Hölderfunktion

$\displaystyle f_{N}=\sum_{n=1}^{2^{N+1}}\varphi_{n}^{(\alpha)}
$

für große $ N$ in einer Umgebung von 0 ``sehr stark'' steigt und demzufolge womöglich eine ``große'' Höldernorm aufweist, obwohl stets $ f_{N}=T_{\alpha}((a_{n}))$ mit $ \Vert(a_{n})\Vert _{\infty}=1$ gilt. Und dies erweist sich als richtig. Konkret kann man für $ x_{j}:=\frac{4}{3}\frac{1}{2^{j+1}}$ mit $ j\in {\mathbb{N}}$ die beileibe nicht offensichtliche Gleichheit (!)

\begin{displaymath}\begin{aligned}\frac{f_{N}(x_{j})}{x_{j}^{\alpha}}= & \left(\...
...alpha}\frac{x_{j}^{-\alpha}}{2^{\alpha}-1}\right] \end{aligned}\end{displaymath}

nachweisen. Wie bei der Herleitung von (2.1.6) erfolgt dies über verschiedene geometrische Summen, diesmal getrennt für $ 0\leq m< j$, $ m=j$ und $ j< m\leq N.$ Nach einigem Hin und Her sieht man auch

$\displaystyle \left(\frac{4}{3}\right)^{1-\alpha}\frac{3-2^{1-\alpha}}{2}>\frac{2}{3},
$

und nun ist es einfach: Für $ \varepsilon >0$ wähle $ j$ so groß, daß

$\displaystyle \frac{x_{j}^{1-\alpha}}{2^{1-\alpha}-1}\leq\frac{\varepsilon }{2}
$

gilt und danach $ N=N(j)$ so riesig, daß auch

$\displaystyle \frac{1}{2^{N\alpha}}\left(\frac{2}{3}\right)^{\alpha}\frac{x_{j}^{-\alpha}}{2^{\alpha}-1}\leq\frac{\varepsilon }{2}
$

Bestand hat. Und damit ist alles gezeigt. $ \qedsymbol$

Man beachte, daß die Normabschätzungen auch für $ T_{\alpha,0}$ nachgewiesen wurden. Natürlich ist die zuletzt behandelte Abschätzung der Norm von $ T_{\alpha}$ von unten für das Isomorphie-Resultat nicht notwendig. Da jedoch die untere Schranke, die ihr Minimum für $ \alpha=\frac{1}{2}$ annimmt, von unten durch $ 3$ beschränkt bleibt, ist weder $ T_{\alpha}$ noch $ T_{\alpha,0}$ ein isometrischer Isomorphismus. Daß es einen solchen auch gar nicht geben kann, werden wir in Abschnitt 2.4 sehen, in dem wir einen Artikel von D. E. Wulbert [60] besprechen. Wulbert hat gezeigt, daß Isomorphismen zwischen den großen Lipschitzräumen $ Lip_{0}(K)$ und $ \ell ^{\infty }$ bzw. zwischen den kleinen Lipschitzräumen $ \ell ip_{0}(K)$ und $ c_{0}$ nur ``sehr selten'', d.h. nur unter sehr restriktiven Voraussetzungen an den zugrundeliegenden metrischen Raum $ K$, isometrisch sind.

Dennoch liefert unser Theorem viele Fakten über die Hölderräume, die wir in Abschnitt 1.2 zusammengestellt haben, quasi nebenbei, darunter zum Beispiel die Sätze 1.2.1, 1.2.7 und 1.2.9. In völligem Bewußtsein der Tatsache, damit alles andere als mathematische Pionierarbeit zu leisten, könnte man sich die Frage vornehmen, inwieweit die bisherigen Ergebnisse auch auf verallgemeinerte Hölderräume (siehe Definition 1.1.18) übertragbar sind (aber natürlich auch alle weiteren Resultate dieser Arbeit, die sich nur auf die klassischen Hölderräume beziehen). Für die Herleitung von (2.1.6) beispielsweise scheint die Forderung $ \omega(\frac{1}{2})<1$ nötig zu sein, so daß man allgemeiner an eine Normierungsbedingung $ \omega(1)=1$ denken könnte. Interessant scheinen die verallgemeinerten Hölderräume indes lediglich im Hinblick auf einige Resultate in Abschnitt 3.5 zu werden (siehe die Sätze 3.5.8 und 3.5.9 und was danach noch folgt).

Hier verweilen wir noch ein wenig bei den kleinen Hölderräumen $ H_{\alpha }^{0}$ und blicken noch einmal auf Theorem 2.1.2 zurück. Als weitere Folgerung aus Teil (ii) des Theorems erhalten wir nämlich mit dem Darstellungssatz $ c_{0}'\cong \ell^{1}$ eine Aussage über den Dualraum von $ H_{\alpha }^{0}$.

Satz 2.1.3   Jedes beschränkte lineare Funktional $ \ell$ auf $ \ell ip_{0}([0,1]^{\alpha})=H_{\alpha}^{0}$ mit $ 0<\alpha <1$ hat die Gestalt

$\displaystyle \ell(f) = \sum_{n=1}^{\infty}b_{n}\int_{0}^{1}\chi_{n}^{(\alpha)}(t)df(t)
$

mit einem $ (b_{n})\in \ell^{1}$. Es gelten die Abschätzungen

$\displaystyle \Vert\ell\Vert\leq \Vert T_{\alpha,0}^{-1}\Vert\,\Vert(b_{n})\Vert _{1}$   und$\displaystyle \quad \Vert(b_{n})\Vert _{1}\leq \Vert T_{\alpha,0}\Vert\,\Vert\ell\Vert,
$

wobei die Konstanten $ \Vert T_{\alpha,0}\Vert$ und $ \Vert T_{\alpha,0}^{-1}\Vert\, (=1!)$ bestmöglich sind (d.h. der zugehörige Isomorphismus von $ (H_{\alpha}^{0})'$ auf $ \ell^{1}$ hat die Norm $ \Vert T_{\alpha,0}\Vert$ und seine Umkehrung die Norm $ 1$).

Beweis. [Beweis] Der Isomorphismus

$\displaystyle T_{\alpha,0}:c_{0}\to H_{\alpha}^{0}
$

liefert den dazu adjungierten Isomorphismus (siehe III.5.21 in [55])

$\displaystyle T_{\alpha,0}':(H_{\alpha}^{0})'\to c_{0}',
$

mit $ (T_{\alpha,0}')^{-1}=(T_{\alpha,0}^{-1})'$, für den man unter Berücksichtigung von $ c_{0}'\cong \ell^{1}$

$\displaystyle T_{\alpha,0}'(\ell)=(b_{n})\in \ell^{1}\quad\forall\, \ell\in (H_{\alpha}^{0})'
$

schreiben kann. Aus der Normgleichheit $ \Vert T_{\alpha,0}'\Vert=\Vert T_{\alpha,0}\Vert$ (siehe III.4.2 in [55]) folgt dann $ \Vert(b_{n})\Vert _{1}\leq \Vert T_{\alpha,0}\Vert\,\Vert\ell\Vert$. Weiter erhält man nach Definition der Adjungierten für jedes $ (a_{n})=\left(\int_{0}^{1}\chi_{n}^{(\alpha)}(t)df(t)\right)\in c_{0}$ mit einem $ f=T_{\alpha,0}((a_{n}))$ aus $ c_{0}'\cong \ell^{1}$ die Darstellung

$\displaystyle \ell(f)=\ell(T_{\alpha,0}((a_{n})))=T_{\alpha,0}'(\ell)((a_{n}))=\sum_{n=1}^{\infty}b_{n}a_{n}.
$

Dabei gilt $ \sup_{L_{\alpha}(f)\leq 1}\vert\ell(f)\vert\leq \sup_{L_{\alpha}(f)\leq 1}\Ver...
...y}\Vert(b_{n})\Vert _{1}\leq \Vert T_{\alpha,0}^{-1}\Vert\Vert(b_{n})\Vert _{1}$ bzw. genauer $ \ell=(T_{\alpha,0}')^{-1}((b_{n}))=(T_{\alpha,0}^{-1})'((b_{n}))$, wobei wieder die Normgleichheit $ \Vert(T_{\alpha,0}^{-1})'\Vert=\Vert T_{\alpha,0}^{-1}\Vert$ besteht. $ \qedsymbol$

Dieser Satz mag ein kleiner Vorgeschmack auf unsere Arbeit in Abschnitt 2.4 und in Kapitel 3 sein, wo wir den Dualraum gewisser kleiner Lipschitzräume (mit Blick auf den zweiten Dual!) intensiver untersuchen werden.

Bemerkung 2.1.4   Nach Satz 1.1.6 erhalten wir für $ 0<\alpha <1$ auch die Isomorphien $ Lip([0,1]^{\alpha})\simeq \ell^{\infty}$ und $ \ell ip([0,1]^{\alpha})\simeq c_{0}$. Man sieht schnell, daß die Beweismethode für den Fall $ \alpha=1$ versagt. Dennoch sind auch die Lipschitzräume $ Lip([0,1])$ und $ Lip_{0}([0,1])=H_{1}$ isomorph zu $ \ell ^{\infty }$, denn $ H_{1}$ ist nach Satz 1.2.3 sogar isometrisch isomorph zu $ L^{\infty}([0,1])$. Der Funktionenraum $ L^{\infty}([0,1])$ wiederum ist isomorph zum Folgenraum $ \ell ^{\infty }$. Dies liegt zum einen daran, daß $ \ell ^{\infty }$ isomorph zu einem Unterraum von $ L^{\infty}([0,1])$ ist (das ist klar), aber auch umgekehrt $ L^{\infty}([0,1])$ seinerseits isomorph zu einem Unterraum von $ \ell ^{\infty }$ ist (das ist weniger klar, und zur Aufklärung braucht man schon jemanden wie Lindenstrauss, der eine Quotientenabbildung $ T:\ell^{1}\to L^{1}([0,1])$, diskutiert in [20, § 23.D], gefunden hat, mit welcher dann nach II.5.17 und III.1.10 in [55] kanonisch $ L^{\infty}([0,1])\cong \ker(T)^{\perp}\subseteq (\ell^{1})'\cong \ell^{\infty}$ gilt). Die Unterräume sind jeweils komplementiert, da sowohl $ X=\ell^{\infty}$ als auch $ Y=L^{\infty}([0,1])$ injektiv ist (siehe S. 105 und S. 111 in [35]). Jetzt braucht man nur noch die einfache Tatsache $ X\cong X\oplus_{\infty} X$ sowie $ Y\cong Y\oplus_{\infty} Y$ und schließt mit einem geeigneten Unterraum $ U\subseteq X$ und leicht zu verifizierenden ``Rechenregeln''

$\displaystyle X\simeq U\oplus Y\simeq U\oplus (Y\oplus Y)\simeq (U\oplus Y)\oplus Y\simeq X\oplus Y,$ (7)

was für $ Y$ genauso geht, mithin $ X\simeq Y$. Dies ist der Beweis von A. Pe\lczynski für $ L^{\infty}([0,1])\simeq \ell^{\infty}$, zu finden in [35, S. 54]. Der Beweis liefert unter der Voraussetzung $ X\simeq X\oplus X$ und $ Y\simeq Y\oplus Y$ (die man nach einem vom W. T. Gowers gefundenen Gegenbeispiel nicht ohne weiteres weglassen darf, siehe [58, S. 10]) eine Art Schröder-Bernstein-Theorem für Banachräume. Der, man möchte sagen ``genial einfache'', Gedanke in (2.1.7), ist als Dekompositionsmethode von Pe\lczynski in die Geschichte der Banachraumtheorie eingegangen.


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Heiko Berninger 2003-04-25