Jetzt wollen wir das obige Lemma 4.1.12 und damit unsere Methode, die 3-Kugel-Eigenschaft in Lipschitzräumen zu untersuchen, mit Leben füllen. Da wir zur Anwendung des Lemmas das Auffinden einer gleichmäßigen Approximation einer großen Lipschitzfunktion
durch eine kleine Lipschitzfunktion
mit dem Vergleich des Steigungsverhaltens von
und
verbinden müssen, beschränken wir unsere Betrachtungen auf die naheliegenden konkreten Lipschitzräume
und
für
mit der Norm
, die wir in Abschnitt 1.2 schon etwas in den Griff bekommen haben. Den Hölderexponenten
halten wir dabei meist fest, so daß in den Steigungen
, die nicht mit einem weiteren Index
versehen werden, bis auf kenntlich gemachte Ausnahmen auch stets von der Metrik
auf
ausgegangen wird. Und da wir uns die Steigungen auch vorstellen wollen, betrachten wir zunächst Hölderräume reellwertiger Funktionen.
Die Begründung ist sehr einfach, und wir wollen sie von nun an als Steigungsargument bezeichnen. Sowohl
als auch
sind beide monoton steigend, so daß aus
stets
und
folgt. Daraus schließt man
Allgemein liefert uns das Steigungsargument die folgende Aussage (sogar für beliebige metrische Räume
), welche sich völlig analog beweisen läßt.
Konkret haben wir damit zum Beispiel alle monotonen Funktionen in
im Griff.
Die Funktionen
gleichen die
's an den Stellen, an denen die ``
-Bögen'' ansetzen, symmetrisch durch Geradenstücke aus und stimmen ansonsten mit den
's überein (siehe Abbildungen 4.2 bis 4.5). Die 3-Kugel-Eigenschaft kann nun bei vorhandenen
,
, separat für
und
,
, und
in den Kugeln
nachgewiesen werden (nach dem Steigungsargument sogar mit
), wenn man
nahe genug an
wählt. In den folgenden Termen konvergieren die Reihen sowohl gleichmäßig als auch in der
-Norm, und man erhält, nach Anwendung der 3-Kugel-Eigenschaft in jeder Kugel
, für jedes
Diese Funktion hat drei ``kritische Stellen'', nämlich
und
, die durch eine geeignete Wahl von kurzen Geradenstücken ausgeglichen werden sollen. Die Funktion
soll aus diesen Geradenstücken (siehe Abbildung 4.6) bestehen -- speziell ist
in einer Umgebung von
konstant gewählt -- und an allen weiteren Stellen gleich
definiert werden. Trivialerweise geht dann an der Stelle
und auch an der Stelle 0 lokal das Steigungsargument durch, nicht jedoch an der Stelle
(wiewohl man dort
auch lokal konstant wählen könnte). Für
nahe genug bei
und
kann man aber mit
Zunächst gibt es nach Definition von
zu jedem
ein
, so daß
eine Funktion ist, welche eine ``ähnliche'' Gestalt wie die in Beispiel 4.2.6 angegebene Funktion hat und nur an den endlich vielen Stellen, wo ``
-Bögen'' starten, ``kritisch'' ist. Hat man an einer solchen Stelle eine Steigungsumkehr von
(wie in
oder
in Beispiel 4.2.6), so kann man
dort ``konstant ausgleichen'', findet keine Steigungsumkehr statt, so kann man (wie an der Stelle 0 in Beispiel 4.2.6) die ``
-Bögen'' mit Geradenstücken der gleichen Steigung annähern.
Man definiert nun
lokal um die ``kritischen Stellen'' gleich diesen Geradenstücken und wählt sonst
. Weiter denkt man natürlich jetzt an
-- und hat ein Problem. Mit dem Steigungsargument oder dem daraus gewonnenen Destillat in Form von Lemma 4.1.11, und dies möchte man hier ja anwenden, kann jetzt lokal lediglich
-- also eine nichtsnutzige Abschätzung -- gezeigt werden. Und ``auf der Ebene von
und
'' muß die Voraussetzung
zur Anwendung von Lemma 4.2.2 nicht erfüllt sein, wie das Beispiel
,
(mit
) und
wie in Beispiel 4.2.1 zeigt (für das in einer Umgebung der Null die Funktion
monoton steigend und
monoton fallend ist). Schließlich weiß man noch nicht einmal, ob
gilt. Die hoffnungsfrohe Konstruktion scheitert also wie in Bemerkung 4.2.4 an der Tatsache, daß man beim Nachweis der 3-Kugel-Eigenschaft Schwierigkeiten bekommt, wenn man die betrachtete Funktion
als Summe zweier ``einfacherer'' Funktionen behandeln möchte.
Man kann sich noch viele
-Funktionen vorstellen, auch welche, bei denen sich obige ``kritische Stellen'' sogar häufen, für die unsere bisherigen ``Abschneidetechniken'' (siehe auch noch Lemma 4.2.9) im Sinne der 3-Kugel-Eigenschaft zum Erfolg führen, doch einen Vektorraum, in dem
ein
-Ideal ist, haben wir nach wie vor noch nicht gefunden. Zusammenfassend können wir also leider nur die folgende positive Aussage festhalten: Hat eine Funktion
nur endlich viele ``kritische Stellen''
, in deren Umgebung die
-Bedingung höchstens durch startende (
,
) oder endende (
,
) ``Wurzelbögen'' verletzt ist, so erfüllt
mit einem geeigneten
die 3-Kugel-Eigenschaft. Wir werden später im Hinblick auf diese Eigenschaft einen über
liegenden Teilraum von
untersuchen, der solche Funktionen und sogar ganz
enthält, nachdem wir uns näher mit der Frage beschäftigt haben, wie denn die ``kritischen Stellen'' einer Funktion, in denen die
-Bedingung verletzt ist, formal faßbar sind. Im Zuge dessen werden wir dann auch ein etwas befriedigenderes Ergebnis erhalten. Doch zuvor erwarten uns noch einige unangenehmere Wahrheiten, vor denen wir unsere Augen nicht verschließen sollten.
Geht man von den Abschneidetechniken über kurze Geradenstücke, die in den bisherigen Beispielen zum Erfolg geführt haben, aus und versucht, diese für allgemeinere Hölderfunktionen zu systematisieren und handhabbar zu machen, stößt man schnell auf eine sich ganz natürlicherweise aufnötigende Idee. Man könnte eine Hölderfunktion
durch Polygone annähern, welche in ihren Knoten
interpolieren -- so wie es auch Krein und Petuin im Beweis von Satz 1.2.20 mit Erfolg betrieben haben. Die dahinterstehende stille Hoffnung ist natürlich, daß die Bedingung (4.1.2) zur Anwendung von Lemma 4.1.12 womöglich erfüllt ist, wenn man die Schrittweite, sprich den größten Abstand zweier Interpolationstellen, nur klein genug wählt.
Nahrung erhält dieser Ansatz noch aus zwei weiteren Erwägungen. Erstens verlieren wir nichts, wenn wir uns auf Polygone zur Annäherung von
beschränken, da wir seit Satz 1.2.9 wissen, daß sogar die Menge aller rationalen Polygone dicht in
liegt -- sprich: Entweder ist die 3-Kugel-Eigenschaft für ein
schon mit Polygonen
erfüllt oder überhaupt nicht. Zweitens ließe sich der Ansatz mit interpolierenden Polygonen sehr schön auf weitaus allgemeinere Lipschitzräume übertragen, nämlich auf all jene, in denen die Separationsbedingung (siehe Theorem 3.5.3) erfüllt ist. Denn auch in diesen Räumen kann man jede Lipschitzfunktion
durch eine
in endlich vielen Stellen interpolierende kleine Lipschitzfunktion
(mit beliebigem
für
oder
für
) in der Supremumsnorm annähern -- in allgemeinen Hölderräumen kann man dies ja konkret (siehe Lemma 3.2.6 bei Jenkins) durch die Anwendung des Fortsetzungssatzes 1.1.20 von McShane erreichen -- und nichts anderes (siehe Satz 1.2.20) machen ja noch anschaulicher die Polygone in
. Vor diesem Hintergrund ist es ausgesprochen ernüchternd, festzustellen, daß der Versuch, die 3-Kugel-Eigenschaft in
mit den vorgeschlagenen interpolierenden Polygonen nachzuweisen, scheitert. Das folgende Beispiel in
zeigt, woran er scheitert.
|
|
Sei nun
ein beliebiges Polygon, welches (für ein gewisses
) an den Stellen
seine Knoten hat und dort die Funktion
interpoliert. Weiter sei
so gewählt, daß
ist. Nun liegt
im Intervall
sicher oberhalb der Geraden
durch die Punkte
und
, welche die Steigung
Zunächst beobachtet man, daß
für alle
ist, denn es gilt
Dieses Beispiel zeigt, daß die Voraussetzungen zur Anwendung von Lemma 4.1.12, welches aufbauend auf Bemerkung 4.1.9 ein natürlicher Ansatz zur Untersuchung der 3-Kugel-Eigenschaft vom kleinen im großen Lipschitzraum ist, für Polygone
, die unser spezielles
in ihren Knoten interpolieren, nie erfüllt sind. Sie sind offenbar für kein Polygon erfüllt, welches
in
schneidet.
Es stellt sich jetzt natürlich die Frage, ob es überhaupt ein Polygon geben kann, mit welchem
die 3-Kugel-Eigenschaft erfüllt, wenn all jene nicht in Frage kommen, an die man zuerst denkt. Man beachte hierzu auch das Ergebnis von Ciesielski in Abschnitt 2.1: Dort wird im Beweis zu Theorem 2.1.2 gezeigt, daß jedes
durch (sogar mit der Schauderbasis ``aufgebaute'') Polygone in der Norm
approximiert werden kann, welche
in ihren Knoten interpolieren -- und das war ja gerade der natürliche Ansatz. Wir werden jedoch gleich sehen, daß man sich von Analogien solcher Art nicht ins Bockshorn jagen lassen sollte. Schließlich bezeichnet man ein Vorgehen meist deshalb als ``natürlich'', weil einem nichts Besseres eingefallen ist!
Das Problem in Beispiel 4.2.8 ist, daß die obige Funktion
um die Stelle 0 ``sehr stark'' nicht in
liegt. Zum einen häufen sich um
Stellen
mit
, und zum zweiten gilt darüberhinaus
für alle
, da
-- wie man durch Betrachtung der lokalen Minima bei
einsehen kann -- oberhalb der Funktion
liegt. Trotzdem ist
, wie oben schon angedeutet, immer noch nicht ``schlimm genug'' gewählt, als daß man es nicht doch ``polygonal'' in den Griff bekommen könnte -- eben durch ein Polygon, welches
nicht in seinen Knoten interpoliert. Denn erstens ist
``weg von der Null'', wo man den Steigungen von
durch ein Polygon folgen kann, weitaus harmloser als um die Null, wo man
einfach ``abschneiden'' kann.
Bei vorgegebenem
wähle
so groß, daß
ist, und definiere
auf
. Weiter sei
für alle
auf
als
in seinen Knoten interpolierendes Polygon so gewählt, daß stets
und
gilt (siehe Abbildung 4.9). Für
folgt dann (argumentiert wie im Beweis zu Satz 1.2.20)
und
. Weiter ist auch (4.1.2) und damit die Voraussetzung zur Anwendung von Lemma 4.1.12 erfüllt, denn man hat sogar
. Hierzu beobachte man zunächst, daß
gilt.
Im Fall
ist
klar. Für
kann man wegen
auf
und o.B.d.A. mit
![]() |
||
![]() |
![]() |
||
![]() |
Holt man die Essenz aus der gerade, insbesondere für den letzten Fall, durchgeführten Argumentation, so läßt sich daraus ein kleines Lemma formulieren.
Statt der Voraussetzung
kann man auch
Durch ein geschicktes Anlegen eines Polygons an die Funktion
aus Beispiel 4.2.8 ist es also doch noch möglich geworden, die 3-Kugel-Eigenschaft für
nachzuweisen und auch dieses Beispiel noch zu ``retten''. Der Grund wurde schon genannt: Diese Funktion schlägt nur im Nullpunkt ``heftige Kapriolen'', und die Auseinandersetzung mit ihnen konnten wir, indem wir unser
dort einfach konstant definierten, dezent umgehen. Diese Feigheit vor dem Feinde jedoch wird uns bei der folgenden Funktion nicht mehr weiterhelfen. Die Konstruktion dieser Funktion spinnt nämlich die Idee aus Beispiel 4.2.8, wo nur eine ``schlimme Stelle'' existiert, weiter mit dem Ziel, diese ``kritischen Stellen'' auf dem ganzen Einheitsintervall zu erzeugen.
Wir definieren ausgehend von der Funktion
mit
die Folge
von Funktionen in
rekursiv durch die in den Abbildungen 4.10 und 4.11 veranschaulichte geometrische Konstruktion. Es entsteht mittels der von
und der Funktion
gegebenen ``Wurzeläste'' eine Figur, welche ihrem Aussehen zufolge (siehe Abbildung 4.10) von nun an als Mandelbereich oder schlicht als Mandel bezeichnet werden soll. Durch Halbierung des zu dieser Mandel gehörigen Intervalls (hier das Einheitsintervall) ergeben sich gemäß Abbildung 4.11 aus dem einen vorliegenden drei neue kleinere Mandelbereiche. Diese entstehen durch zusätzliche ``Wurzeläste'', welche zunächst vom Punkt
in beide Richtungen nach unten und dann vom einen Schnittpunkt
mit dem unteren Mandelrand analog nach oben ``geschossen'' werden.
Konkret definieren wir die Funktion
(siehe den Graphen in Abbildung 4.11) durch
|
|
Die Funktion
entsteht nun aus
, indem die drei neuen durch die ``Wurzeläste'' von
und
begrenzten Mandelbereiche wieder durch Halbierung der zugrundeliegenden Intervalle jeweils in drei weitere Mandelbereiche zerlegt werden. Die Mandeln über den Intervallen
und
haben die gleiche Gestalt wie die ursprüngliche aus Abbildung 4.10 und werden ``analog behandelt''. Die nach links gekippte Mandel über
wird entsprechend Abbildung 4.12 zerlegt: Es entstehen über dem Intervall
zwei Mandeln: eine nach links gekippte Mandel ``vom zweiten Typ'' und eine kleinere, die erste am unteren Schnittpunkt
der beteiligten ``Wurzeläste'' berührende, nach rechts gekippte, die wieder vom ``ersten Typ'' ist. Über
ergibt sich eine nach links gekippte Mandel. So erhalten wir insgesamt die Funktion
und ihre Komplementärfunktion
, deren Graphen in Abbildung 4.13 dargestellt sind, und die jetzt neun Mandelbereiche, welche wieder in die zwei Typen eingeteilt werden können, umschließen. Und weil's so schön ist -- spätestens jetzt ist klar, wie die Folge
rekursiv durch die Standardbehandlung der Mandeln dieser beiden Typen entsteht -- haben wir in Abbildung 4.14 noch die Graphen von
und
mit
Mandelbereichen festgehalten.
Die Konstruktion der Folge
soll natürlich auf eine Grenzfunktion hinauslaufen, nämlich auf genau diejenige, deren Graph für jeden Iterationsschritt
in allen durch
und
umschlossenen Mandelbereichen liegt. Nun sind zwar die Funktionen
,
, alles Extremalpunkte in
, welche paarweise (in der Norm
) einen größeren Abstand als
voneinander haben. In der Supremumsnorm jedoch konvergieren sie, ja sie liefern sogar über ihre lokalen Minima und Maxima sofort die Werte der Grenzfunktion auf einer dichten Menge von
. Denn jeder Hochpunkt
(bzw. Tiefpunkt
) einer Funktion
-- vergleiche mit den Abbildungen 4.10 bis 4.13 -- ist auch Hochpunkt (bzw. Tiefpunkt) für alle
mit
. Und aufgrund der durchgeführten Halbierungsmethode sieht man auch sofort, daß die Menge
aller Stellen
, für welche ein
ein Minimum oder ein Maximum annimmt, dicht in
liegt. So definieren wir also die Funktion
auf
durch
Die obige Konstruktion zeigt, daß nun in der Mandelfunktion ein Extremalpunkt der Einheitskugel
vorliegt, der an allen Stellen
dasjenige kritische Verhalten aufweist, welches wir vorher in Beispiel 4.2.8 nur für eine Stelle in
realisiert haben. Konkret bedeutet dies zunächt, daß
an allen Stellen
lokale Minima oder Maxima hat. Darüber hinaus folgert man, wenn man sich einem Hochpunkt (bzw. Tiefpunkt) von
lokal auf ``
-Bögen'' durch Tiefpunkte (bzw. Hochpunkte) nähert, die Tatsache
Jetzt liegt also in der Mandelfunktion ein offensichtlich genügend ``schwieriges'' bzw. genügend allgemeines Exemplar einer Funktion in
vor, an welcher man sich nun die Zähne ausbeißen kann. Man merkt schnell, wenn man sich im Hinblick auf unsere bisher gefundenen Methoden der polygonalen Annäherung mit der Mandelfunktion beschäftigt, daß einem sowohl bei dem Versuch, für
die 3-Kugel-Eigenschaft mittels Polygonen und Lemma 4.1.12 nachzuweisen, als auch bei dem Versuch, das Gegenteil zu zeigen, die Epsilons und Deltas durch die Finger gleiten.
Betrachtet man die (``Test-'')Funktionen
und
in
für
und
nahe genug an
, sieht man sofort, daß mit einem
die Forderung
für
und einem kleinen
zur Erfüllung der 3-Kugel-Eigenschaft durch ein
notwendig ist. Da auch
gelten muß, schließt man für
die Ungleichung
, so daß
, o.B.d.A. ein Polygon, notwendig die Funktion
in der Supremumsnorm annähern muß, damit die 3-Kugel-Eigenschaft überhaupt eine Chance hat, erfüllt zu sein. Man könnte aus der Erfahrung von Beispiel 4.2.8 heraus vermuten, daß es ein solches Polygon nicht geben kann, da es, um
in der
-Norm anzunähern, zu stark steigen müßte und damit
verletzt wäre.
Das Problem bei einer solchen Konstruktion liegt jedoch darin, die Annäherung von
an
auf verschiedenen Skalen zu denken. Will man zum Beispiel für ein
und ein
mit
den Hochpunkt von
in
bis auf
durch
annähern, so müßte das Polygon
in
eine Durchschnittssteigung (gemessen in
!) von fast
aufweisen. Diese darf es (schließlich ist
) lokal auch haben, denn für
mit
gilt
, so daß hier ``nichts Schlimmes'' passieren würde, wenn dieses stark steigende Stück von
mit einem ``stark fallenden'' von
zusammenträfe. Man ist also gezwungen, die Schrittweite von
in der Größenordnung von höchstens
zu wählen, das heißt man schaut jetzt ``viel tiefer'' in die Mandel über
hinein. Da man sich auf der Ebene dieser Größenordnung um die Annäherung von
an
in der Supremumsnorm nicht besonders kümmern muß, könnte man dort ``fallende'' nach links gekippte Mandeln ``übergehen'' (sprich,
dürfte dort trotzdem steigen) und sich -- mit der erlaubten Steigung -- entlang der längeren ``steigenden'' nach rechts gekippten Mandeln ``langsam nach oben hangeln''. Dabei muß man auf einer viel größeren Skala mit einem
noch dafür Sorge tragen, daß
für
gilt, und hier hat man es schon mit einer dritten Größenordnung zu tun. Kurzum: Der Versuch, die Frage zu beantworten, ob die Mandelfunktion jedem Polygon auf einer gewissen Skala ein Schnippchen schlagen kann oder ob umgekehrt die Polygone tatsächlich dieses Spielchen mitmachen können, ist gescheitert.
Jedenfalls darf man die Hoffnung haben, daß die Mandelfunktion ein genügend allgemeines Beispiel einer Hölderfunktion ist, welche weit genug davon entfernt ist, die
-Bedingung zu erfüllen, um mit ihrer Hilfe vielleicht irgenwann endgültig entscheiden zu können, ob
nun die 3-Kugel-Eigenschaft in
erfüllt oder nicht. Im Falle
kann man übrigens mit dem oben schon genannten Vorgehen schnell
Es ist nun höchste Zeit, das, was bisher bloß suggestiv als ``kritische Stelle'' bezeichnet wurde, endlich formal abzusegnen. Intuitiv bietet sich als Definition einer solchen Stelle
einer Hölderfunktion
natürlich die Forderung
Wir beweisen, daß
eine Nullfolge ist. Beachte hierzu, daß sich für gerades
die Stelle
aus
durch die Bedingung
Damit ist, wenn man noch
setzt (und im übrigen
auf
), die Funktion
auf dem ganzen Einheitsintervall definiert. Zudem ist
ein Element von
, da es für jedes
auf
ein interpolierendes Polygon zu den entsprechend gewählten ``Wurzelästen aus der Einheitskugel'' ist und
wegen
gilt. Aus letzterem folgt auch sofort
. Da weiter
auf
für alle
ein Polygon ist und damit auf jedem dieser Intervalle sogar eine Lipschitzbedingung zum Exponenten
erfüllt (freilich mit Lipschitzkonstanten
, für welche
mit
gilt), hat man auch
auf jedem Intervall
. Insgesamt erfüllt also
in jedem Punkt
die punktweise
-Bedingung
, nicht aber die gleichmäßige
-Bedingung in der Umgebung der Null, denn es gilt nach Konstruktion
.
Es exisieren also Hölderfunktionen (die obige Konstruktion sichert dies jedenfalls für alle
mit
), die die punktweise
-Bedingung auf ganz
erfüllen und dennoch keine kleinen Hölderfunktionen gemäß Definition 1.1.1 sind. Im Spezialfall
ist diese Unterscheidung trivialerweise nicht nötig. Am Rande sei hier noch bemerkt, daß nur bei Krein und Petuin in [32] die punktweise
-Bedingung zu finden ist, alle anderen in dieser Arbeit genannten Autoren verwenden die stärkere Definition der gleichmäßigen
-Bedingung, die im übrigen für die meisten Ergebnisse insbesondere der Kapitel 2 und 3 auch essentiell ist.
Das vorangegangene Beispiel zeigt, daß die Forderung
für eine adäquate Definition einer ``kritischen Stelle''
einer Lipschitzfunktion
offenbar zu stark ist. Es reicht, wenn zu einem
gegen
konvergierende Folgen
und
mit
existieren. Ist
jedoch noch Häufungspunkt solcher ``kritischer Stellen'' (eventuell mit immer kleiner werdendem
), so wollen wir
immer noch nicht als völlig ``unkritisch'' ansehen (auch wenn diese Feinheit später in Satz 4.2.15 nicht benötigt wird). Wir entscheiden uns hier für eine ``positive'' Definition der ``Harmlosigkeit'' einer Lipschitzfunktion in einem Punkt
.
Diese Art, die
-Bedingung zu lokalisieren, erscheint recht natürlich. Man hat damit sofort in
Jetzt haben wir genug Vorarbeit geleistet, um langsam auf das Hauptergebnis dieses Abschnitts zusteuern zu können. Hierbei widmen wir uns zunächst der Menge aller Funktionen in
, welche nur endlich viele kritische Stellen besitzen, also gewissermaßen nur ``punktweise große Hölderfunktionen'' sind. Diese Menge ist offenbar ein Unterraum von
.
Einem Teilraum von
sind wir im Raum
aus Bemerkung 4.2.7 schon begegnet. Dort sind die Bemühungen, nachzuweisen, daß
die 3-Kugel-Eigenschaft in
hat, gescheitert. Wir wollen uns nun einer neuen Idee zuwenden, eine große Hölderfunktion
durch eine kleine ``im Sinne der 3-Kugel-Eigenschaft'' anzunähern. Wie in Bemerkung 4.1.9 angedeutet, soll ``
'' dort gewählt werden, wo
``angenehm'', sprich: ``im kleinen Hölderraum'' ist, und ``
'' an den kritischen Stellen von
, d.h. dort, wo
``im großen Raum'' liegt. Geht man von der Halbnorm
aus, welche konstante Funktionen gleich Null setzt, läßt sich ``
'' als
für ein
deuten, und ``
'' bedeutet
const. Man könnte daher ein
so durch ein
anzunähern versuchen, daß man ``dem Verlauf'' von
an den nichtkritischen Stellen durch das
``folgt'', und zwar bis auf eine additive Konstante, die sich in einer gewissen Umgebung einer kritischen Stelle, wo man
einfach konstant hält, ändert. Nach dem ``Überspringen'' einer solchen Umgebung bewegt sich
in einem neuen Abstand zu
wieder in der gleichen Weise als ``kleine Hölderfunktion'' wie
. Veranschaulicht ist diese ``Methode der eingeschobenen Konstanten'' anhand der Beispiele 4.2.1 und 4.2.6 in den Abbildungen 4.16 und 4.17. Man benutzt die gleichmäßige Stetigkeit von
, um die Umgebungen um die kritischen Stellen klein genug zu wählen, so daß
durch
in der
-Norm angenähert wird. Daß man
erhählt, wird nicht sonderlich überraschen. Wichtig ist natürlich die Bedingung (4.1.1) aus Lemma 4.1.12, und hier hat man Glück: Diese ist sogar mit
für
erfüllt -- es funktioniert also.
|
|
Zunächst definieren wir mit dem gefundenen
für jedes
die Größe
![]() |
||
![]() |
![]() |
||
![]() |
Nun bleibt noch
für
zu zeigen. Wegen
tritt für
mit o.B.d.A.
einer der folgenden fünf Fälle ein:
1. Fall:
![]() |
2. Fall:
![]() |
||
![]() |
3. Fall:
4. Fall:
![]() |
||
![]() |
||
5. Fall:
![]() |
||
![]() |
Es folgt mit Lemma 4.1.12 die Behauptung.
Es erweist sich
als nicht abgeschlossen in
, und der Leser sei an dieser Stelle einmal mehr um Nachsicht für die Verwendung des Begriffs des
-Ideals gebeten, welches per definitionem ``eigentlich'' nur in Banachräumen ``leben'' kann (siehe Defintion 4.1.1 und Theorem 4.1.8, aber auch Bemerkung 4.1.9 unten). Mit dem oben erhaltenen Ergebnis ist
jedenfalls (auch) ein
-Ideal im Abschluß von
in
. Auf der Suche nach diesem kann man sich von der großen Hölderfunktion
aus Beispiel 4.2.5, die Grenzwert von Funktionen aus
ist, inspirieren lassen und nach Spendieren eines Epsilons dem folgenden Unterraum
von
zuwenden.
Zu jedem
existieren endlich viele Stellen
in
, so daß für jedes
eine Umgebung
existiert mit
Offenbar ist
, und es gilt sogar
gegeben und zu vorliegendem
Seien nun zu
und einem
endlich viele Stellen
in
(o.B.d.A. mit
und
) gegeben, so daß für alle weiteren Stellen
in gewissen Umgebungen
, die o.B.d.A als offene Intervalle angenommen werden, stets
gilt. Wir definieren nun auf für wachsendes
immer größer werdenden Teilmengen
von
(um die kritischen Stellen
herum) sukzessive durch polygonale Teilstücke eine Funktion
, welche in
zu liegen kommt und
in der Höldernorm
approximiert. Sei hierzu eine streng monoton fallende Nullfolge
mit
vorgegeben.
Betrachte im ersten Schritt eine mit gewissen
,
, aus der Vereinigung aller obigen
gegebene endliche Überdeckung
der kompakten Menge
. Es bezeichne hierbei
die Hälfte der minimalen Länge aller nichtleeren Schnittintervalle
für
. Wähle nun
so groß, daß
Es sei jetzt zu jedem
mit
(bzw.
) dasjenige kleinste (bzw. größte) Element in
der Form
oder
bezeichnet, welches größer (bzw. kleiner) oder gleich
ist. Für
kann man zunächst wie bei Krein und Petuin im Beweis zu Satz 1.2.20 die Tatsache
schließen, und letzteres ist nach Wahl von
und
höchstens
. Analoges gilt für
, so daß man für
und
Insgesamt hat man also
und
, d.h.
, da wir schon wissen, daß
die
-Bedingung für alle
erfüllt. Mithin liegt
dicht in
.
Jetzt sticht es einem schon fast ins Auge, wie man durch eine Kombination der Beweise zu den beiden vorigen Sätzen auch gleich die Aussage des Korollars durch den direkten Nachweis der 3-Kugel-Eigenschaft von
Im Hinblick auf eine Verallgemeinerung der Aussage von Satz 4.2.15 auf größere Unterräume von
wird man geneigt sein, anstelle von
alle Funktionen
zu betrachten, die in nur abzählbar vielen Punkten
, die sich darüberhinaus höchstens endlich oft häufen sollen, kritisch sind. Dann kann man
zunächst an den endlich vielen Häufungspunkten der
's und danach an den verbleibenden endlich vielen kritischen Stellen ``konstant abschneiden'' und so wie im Beweis von Satz 4.2.15 leicht das gewünschte ``an
orientierte''
mit
konstruieren. Das Problem ist jedoch der Nachweis von (4.1.2), denn in obigem Beweis brauchte man sich dafür nur um einen kritischen Punkt bewegen. Für die verallgemeinerte Version von Satz 4.2.15 wird es indes erforderlich sein, zwischen
und
mehrere ``eingeschobene Konstanten'' zu überspringen, denn o.B.d.A.
ist ja hier nicht drin, und
im obigen Beweis ist abhängig von
, so daß im allgemeinen
zu erwarten ist. Versucht man nun einmal spaßeshalber, den 5. Fall so durchzurechnen, daß man zwischen
und
die beiden ``Plateaus'' von
über
und
zu liegen hat, zwischen denen man nun keinen Sicherheitsabstand mehr, sonden im ungünstigsten Fall höchstens
, annehmen darf, so kann man nur noch
![]() |
||
![]() |
Das Schließen auf ``Höldersteigungen''
durch ein ``Vorhangeln'' über Punkte zwischen
und
führt im übrigen auf ein grundsätzliches ``Problem'' in Hölderräumen zurück, welches man in
, wo man eine anschauliche Vorstellung von ``Steigungen'' hat, nicht antrifft. Für
und Stellen
mit
und
gilt nämlich
Der Versuch, mit der ``Methode der eingeschobenen Konstanten'' die Elemente
zu behandeln, die außerhalb einer nirgends dichten Nullmenge die
-Bedingung erfüllen, führt auf das Problem, daß noch nicht einmal mehr
gesichert werden kann. Man müßte ja in diesem Fall für die Konstruktion von
auf die absolute Stetigkeit von
zurückgreifen, und diese ist für Hölderfunktionen im allgemeinen einfach nicht erfüllt. Das folgende
für
ist sogar von unbeschränkter Variation. Setze zunächst
und
sowie
Es wurde im Vorlauf zu Theorem 4.1.5 oder auch im Anschluß an Satz 4.1.10 schon deutlich gemacht, daß
-Summanden gewissermaßen triviale Spezialfälle von
-Idealen sind. Was wir hier zum Abschluß dieser Arbeit noch zu bieten haben, ist die Erkenntnis, daß es sich bei
als
-Ideal in
tatsächlich -- und glücklicherweise (!) -- um einen nichttrivialen Kandidaten handelt. Dies gilt sowohl für die entsprechenden Räume reellwertiger als auch für die Räume komplexwertiger Funktionen, obwohl der Kern des Beweises eine Anwendung des Zwischenwertsatzes darstellt. Im Beweis wird auch sehr schön die Bedeutung des
in der 3-Kugel-Eigenschaft (siehe Theorem 4.1.8) deutlich.
![]() |
(5) |
Wähle in unserem Fall hierfür in
die Funktion
und in
die Funktionen
und
. Dann gilt
Zunächst wird gezeigt, daß es kein reellwertiges
mit dieser Eigenschaft gibt. Für ein solches gälte nämlich aufgrund von
und (4.2.6) zum einen
, also
, und wegen
und (4.2.6) zum zweiten
, also
, mithin
.
Andererseits wäre sicher
in einer punktierten Umgebung der Null, denn sonst gäbe es eine Nullfolge
mit
Dann aber hätte die in einer punktierten Umgebung der Null positive Funktion
wegen
nach dem Zwischenwertsatz eine Nullstelle
, für die man
Man sieht nun schnell, daß auch ein komplexwertiges
die Eigenschaft (4.2.6) nicht erfüllen kann, denn sonst würde aus
sofort
für
folgen.
Wie die Sätze 4.2.15 und 4.2.17 gilt der obige Satz auch wieder für die Lipschitzräume
und
(bzw.
). Andernfalls gäbe es ein
mit der Eigenschaft (4.2.6), die dann im Widerspruch zum obigen Ergebnis auch für
gelten würde.
Wenn wir es nicht schon viel besser wüßten (siehe Theorem 2.1.2 (ii)), könnten wir jetzt mit dem obigen Satz und Theorem 4.1.5 schließen, daß
eine Kopie von
enthält. Und obwohl
noch ``weit von
entfernt'' ist -- man beachte Beipiel 4.2.10: die Mandelfunktion -- ist dieser Raum im Gegensatz zu
zumindest nicht separabel, da er
(siehe Bemerkung 4.2.7) enthält, welcher schon im Zusammenhang mit Satz 1.2.1 als inseparabel erkannt wurde.
Ein kleines Geheimnis kann hier im Hinblick auf den obigen Satz auch noch gelüftet werden: Es gibt nämlich in Wirklichkeit gar keine Projektion von
auf
-- und nicht nur keine
-Projektion, wie oben gezeigt. Auf dieses Schmankerl stößt man, wenn man etwas tiefer in der vorliegenden Arbeit herumwühlt. In Abschnitt 2.3 trifft man nämlich auf eine ganz konkrete von Johnson konstruierte Kopie von
in
, welche wiederum von einer Kopie von
in
herrührt. Und wenn man sich dort die ``Beweisskizze für den nichtdiskreten Fall'' (zu Theorem 2.3.1) anschaut, sieht man sofort, daß diese Kopie sogar in
liegt, ja man braucht für diese Kopie sogar nur eine kritische Stelle (nämlich den Häufungspunkt
)! Mit der gleichen Begründung wie für Korollar 2.3.4 folgt damit, daß
nicht komplementiert in
sein kann. Eleganter wäre es natürlich, wenn man alleine aus der Tatsache, daß
als inseparabler Raum zwischen einem zu
(
) und einem zu
(
) isomorphen Raum eingeklemmt ist, ganz allgemein auf diese Tatsache schließen könnte ...
Gerne würde man natürlich noch größere Unterräume von
kennenlernen, in denen
ein
-Ideal ist, und dabei vielleicht auch die Frage beantworten, ob
selbst zu diesen Unterräumen zählt,
mit
also
-eingebettet ist. Die Beantwortung dieser Frage -- möglicherweise im Zusammenhang mit einer intensiven Betrachtung von ``Mandelfunktionen verschiedenster Art'' -- sei späteren Generationen überlassen. Auf eine Vermutung, wie die Antwort ausfallen wird, wollen wir hier in Demut eingedenk der eigenen Unkenntnis und aus Ehrfurcht vor der Wahrheit verzichten.