In diesem letzten Kapitel wollen wir uns unter einem weiteren Aspekt die Lage des kleinen Lipschitzraums im großen ansehen. Die beiden vorangegangenen Kapitel brachten mit Ergebnissen wie
,
bzw.
im wesentlichen das Resultat, daß sich in ``vernünftigen'' Fällen der kleine Lipschitzraum zum großen ``in etwa so verhält'' wie der Folgenraum
zu
. Nun zieht man ja die einfachen Räume
und
gerne als Standardexemplare zur Illustration gewisser Banachraumeigenschaften heran. So ist zum Beispiel
nicht in
komplementiert (siehe IV.6.5 in [55]). Demgegenüber jedoch ist der Annihilator von
im Dualraum
nicht nur komplementiert, sondern darüber hinaus noch mittels einer sehr ``schönen'' Projektion.
ist nämlich ein
-Ideal in
. Die nächste Definition und alle noch folgenden grundlegenden Tatsachen zu
-Idealen sind dem Standardwerk [18] entnommen.
Die Idee zum Beweis dieses Satzes besteht darin, sich an die Gestalt der Funktionale in
zu erinnern (siehe III.5.6 in [55]).
Sei weiter ein
gegeben mit
. Ist nun
die Folge, die bis zum
-ten Glied mit
übereinstimmt und sonst lauter Nullen enthält, so gilt wegen
und
auch
(ob die naive Vorstellung dies nun mitmacht oder nicht). Darüberhinaus gilt nach Wahl von
für die ``Restfolge'' auch
. Jetzt definieren wir
als diejenige Folge, die bis zum
-ten Glied mit
und ab dem
-ten Glied mit
übereinstimmt, schließen eingedenk
Es ist nach diesem Satz und den vorangegangenen Bemerkungen bezüglich der Entsprechung von Lipschitzräumen und Folgenräumen alles andere als abwegig, die Frage zu stellen, ob oder wann der kleine Lipschitzraum ein
-Ideal im großen ist. Klar ist jedoch, daß die Eigenschaft, ein
-Ideal zu sein, eine geometrische, sprich eine recht ``empfindliche'' ist, die unter Isomorphismen zerstört werden kann. Sicher kann man nur bei isometrischen Isomorphismen sein, so daß wir an dieser Stelle mit Wulberts Satz 2.4.7 lediglich die folgende bescheidene Aussage treffen können.
Sehen wir uns, um uns der Frage, ob bzw. wann der kleine Lipschitzraum ein
-Ideal im großen ist, langsam zu nähern, noch einmal den Beweis des obigen Satzes an. Dort wurde mittels der Darstellung der Funktionale auf
eine kanonische eindeutige Zerlegung jedes Funktionals
auf
gefunden, und zwar als Summe eines Funktionals
aus dem Annihilator von
und eines Funktionals
, welches sich aus dem Darstellungssatz
ganz natürlicherweise als Formel
ergibt, welche aber -- und das ist der Clou -- nicht nur für Nullfolgen, sondern für alle
sinnvoll ist. Und hier nötigt sich stark eine Analogie zu den Lipschitzräumen auf. Wir haben nämlich im Zusammenhang mit de Leeuws Vorgehen in Abschnitt 3.1 (siehe konkret Lemma 3.1.4) eine Darstellung für Funktionale auf
gefunden, die dann von Bade, Curtis und Dales in Definition 3.3.3 und vor allem in Satz 3.3.4 auf
``hochgehoben'' wurde. In Anlehnung an den obigen Beweis bietet sich nun folgende Konstruktion an. Sei ein
gegeben. Betrachte
und hierzu gemäß Lemma 3.1.4 ein
, so daß
Bei D. R. Sherbert in [45, III., S. 270] findet sich die Charakterisierung, daß
der desjenigen Unterraums in
ist, welcher von den sogenannten Punktderivationen auf
aufgespannt wird. Ein beschränktes lineares Funktional
auf
heißt Punktderivation am Punkt
, falls
Im Hinblick auf unser langfristiges Ziel hätte man natürlich gerne (lax ausgedrückt)
Führt man sich das Vorgehen zum Nachweis
im Beweis von Satz 4.1.2 noch einmal zu Gemüte, so könnte man vermuten, daß eine genauere Kenntnis der Funktionale in
gar nicht nötig ist, vielmehr eine genaue Kenntnis der Elemente der Einheitskugel
im Wechselspiel mit denen in
. Gleichzeitig sieht man jedoch, wenn man die Analogie mit dem obigen Beweis weitertreibt, die Problematik bei dem Versuch, in der Formel
So soll an dieser Stelle der vorliegende Ansatz nicht weiter verfolgt werden. Auf eine weitere Analogie zwischen den Folgenräumen und den Lipschitzräumen sei jedoch noch hingewiesen. Aus dem Beweis zu Satz 4.1.2 kann man nämlich auch herauslesen, daß es eine schöne Hahn-Banach-Fortsetzungsabbildung
Zu den allgemeinen Eigenschaften von
-Idealen gehört zum Beispiel, daß der Schnitt oder auch die Summe zweier
-Ideale wieder ein
-Ideal ist (siehe I.1.11 in [18]). In einem glatten oder strikt konvexen Raum
lassen sich, außer den trivialen
-Idealen
und
selbst, keine weiteren
-Ideale finden (siehe I.1.7 in [18]). Leicht einzusehen ist, daß
-Summanden auch
-Ideale sind, aber nicht umgekehrt (siehe S. 2 in [18]). Ein Beispiel für letzteres werden wir am Ende von Abschnitt 4.2 sehen, und eines haben wir natürlich schon gesehen, nämlich das Standardbeispiel
in
. Schon dieses ist besonders eindrücklich, denn es gibt ja nicht nur keine
-Projektion von
auf
, sondern bekanntlich überhaupt keine (siehe IV.6.5 in [55]).
-Ideale, die keine
-Summanden sind, nennt man echte
-Ideale.
Besonders schöne Aussagen kann man über sogenannte
-eingebettete Räume machen, welche (über die natürliche Einbettung)
-Ideale in ihren Bidualräumen sind. Dies ist ja für
in
der Fall, und
wäre ja in
, wie gesehen, ``oft'' auch ein solcher Kandat. Beispielsweise bleibt man in der Klasse der
-eingebetteten Räume, wenn man zu Unterräumen, Quotienten oder
-Summen übergeht (siehe III.1.6 in [18]). Ein weiteres bemerkenswertes Ergebnis ist, daß der Dualraum eines separablen
-eingebetteten Raums selbst wieder separabel ist (vgl. III.3.1 in [18]). Nichtreflexive
-eingebettete Räume (siehe das Standardbeispiel oder auch Korollar 2.3.4 als weitere Anregung) sind nie komplementiert in ihrem Bidualraum (vgl. III.3.7 in [18]). Der Folgenraum
als Prototyp eines
-Ideals findet sich in jedem echten
-Ideal wieder (siehe II.4.7 und III.4.7 in [18]):
Für
-eingebettete Räume
existiert sogar ein Analogon zum Satz von Krein-Milman bzw. zum Satz von Bessaga-Pe
czynski. Man hat die Gleichheit
Ein prominentes von J. Dixmier gefundenes Beispiel eines
-eingebetteten Raums ist der Raum
aller kompakten Operatoren auf einem Hilbertraum
im Raum
aller beschränkten linearen Operatoren auf
(vergleiche III.1.4 (f) in [18] und [54, S. 349]). Besonders schön ist dieses Beispiel auch deshalb, weil
sogar eine Algebra und
ein algebraisches Ideal darin ist. Das nächste Theorem zeigt eine Schnittstelle zwischen den algebraischen und den gemäß Definition 4.1.1 geometrisch definierten Idealen auf (vergleiche V.4.1 und V.4.4 in [18]).
Aus Punkt (i) dieses Theorems folgt nun sofort das erste negative Ergebnis zu
-Idealen in Lipschizräumen. Wir wissen ja seit Satz 1.1.3, daß
mit der Norm
eine Banachalgebra mit Einheit ist. Diese Einheit liegt jedoch schon in
, so daß
genau dann ein Ideal in
ist, wenn es mit
zusammenfällt. Dies ist jedoch nur in diskreten Fällen so (siehe die Voraussetzung zu Johnsons Theorem 2.3.1).
Da die Eigenschaft eines Raums, ein
-Ideal zu sein, eine geometrische ist, kann die Sache bei Umnormierungen völlig anders aussehen. So ist zum Beispiel, wie wir seit der Bemerkung zu Satz 1.1.3 wissen,
mit der Standardnorm
, zwar eine Algebra mit Einheit, nicht jedoch eine Banachalgebra, so daß Theorem 4.1.6 nicht anwendbar ist. In den Räumen
, wo
für ein
und alle
gilt, und speziell in den Räumen
aus Abschnitt 1.2 fehlt sogar die Einheit. In solchen Räumen hat man also noch eine Chance auf ein positives Ergebnis, weswegen wir uns im nächsten Abschnitt speziell auf die Hölderräume
konzentrieren werden.
Wir wurden weiter oben bereits mit der Schwierigkeit konfrontiert, durch Betrachtung der Funktionale in
aus dem Annihilator
direkt anhand der Definition zu untersuchen, ob oder wann
ein
-Ideal in
ist. Eine Analyse des Beweises zu Satz 4.1.2 zeigte jedoch auch, daß es schon genügen kann, einfach die Elemente der Einheitskugel des Unterraums
``im Verhältnis'' zu denen in
genau zu kennen. So nimmt es nicht wunder, daß es eine Charakterisierung der Aussage ``
ist ein
-Ideal in
'' gibt, die ganz allgemein dieses Verhältnis herausstellt. Es ist dies die sogenannte 3-Kugel-Eigenschaft für
-Ideale, und sie ist zu finden im Charakterisierungstheorem I.2.2 in [18].
Mit dieser schönen Charakterisierung werden wir von nun an die Frage, ob ein Raum ein
-Ideal in einem anderen ist, untersuchen. Die 3-Kugel-Eigenschaft (ii) wird übrigens noch einfacher, wenn man weiß, daß
der zweite Dualraum von
ist. Dann haben wir anstelle von (i) die Aussage ``
ist
-eingebettet in
'', und in (ii) reicht es, die Ungleichung nur für
und
zu fordern (siehe 1.1 f in [54]). Im praktischen Nachprüfen der 3-Kugel-Eigenschaft spielt diese Vereinfachung indes meist keine Rolle, da man dort oft genauso gut von einer
-Kugel-Eigenschaft für ein
ausgehen könnte. Wenn klar ist, um welche Räume
und vor allem
es sich handelt, werden wir, besonders in Abschnitt 4.2, auch davon reden, daß ein Element
die (Forderung der) 3-Kugel-Eigenschaft erfüllt, wenn (ii) für dieses spezielle
gilt. Weiter sagen wir, daß
in
die 3-Kugel-Eigenschaft erfüllt, falls
ein
-Ideal in
ist, wobei wir diese Begriffe bisweilen auch verwenden, wenn
nicht vollständig ist.
Am Standardbeispiel
als
-Ideal in
kann man das gerade beschriebene Vorgehen mit einem Wort als ``straightforward'' bezeichnen. Ist
ein Index, ab dem der Betrag aller weiteren Folgeglieder in
und
höchstens
ist, kann man
bis zum
-ten Folgeglied mit der Folge
gleichsetzen und ansonsten mit Nullen auffüllen. Ein Problem auf dem ``Rand von
'' hat man in diesem diskreten Fall nicht. Wenn man dies mit dem Vorgehen im Beweis des gleichen Ergebnisses (Satz 4.1.2) vergleicht, wo wir direkt von der Definition 4.1.1 ausgingen, sieht man wohl einerseits Ähnlichkeiten, hat aber andererseits auch den Eindruck, daß die 3-Kugel-Eigenschaft offenbar die Definition auf das Wesentliche eindampft.
Ein einfaches Beispiel für Funktionenräume hat man im Raum
aller im ``Unendlichen'' verschwindenden stetigen Funktionen auf einem lokalkompakten metrischen Raum
, welcher ein
-Ideal im Raum
aller beschränkten stetigen Funktionen auf
ist. Sind nämlich die
außerhalb eines kompakten
betragsmäßig höchstens
, so kann man mit der stetigen Abstandsfunktion
die Funktion
betrachten und sieht rasch
ein. Und weiter nährt sich damit die Hoffnung, daß sich über de Leeuws Einbettungsabbildung aus Satz 1.1.10 dieses Ergebnis auf die Unterräume
von
bzw.
von
übertragen könnte.
Das Problem liegt jedoch auf der Hand: Mit einem derart simplen Multiplikationsargument, mit dem wir gerade das
aus dem
erhalten haben, kann es unmöglich gehen. Die Lipschitzfunktionen, die sich mittels der Einbettungsabbildung als beschränkte stetige Funktionen auf
wiederfinden, sind ja bereits durch ihre Werte auf
vollständig bestimmt. Ein ``Rütteln'' entlang der Diagonalen
hieße ja, eine Lipschitzfunktion ``lokal überall'' zu verändern, womit man Gefahr liefe, sie danach nicht mehr wieder zu erkennen. Das Problem, die 3-Kugel-Eigenschaft im Sinne der ``
-
''-Relation für Lipschitzfunktionen nachzuprüfen, liegt eben gerade in dem Umstand begründet, daß die
-Bedingung, d.h. die
-Bedingung, eine gleichmäßige lokale Bedingung ist, so daß es fast unmöglich erscheint, ein
zu extrahieren, um die vorgeschlagene Konstruktion für Lipschitzfunktionen überhaupt durchzuführen. Aber da gibt es ein Licht am Horizont, und um dieses besser sehen zu können, wollen wir uns noch einem weiteren Beispiel zuwenden.
Man kann sogar noch mehr aussagen (siehe I.1.4 (a) in [18]): Umgekehrt ist tatsächlich jedes
-Ideal in
wieder ein
für ein gewisses abgeschlossenes
, und
ist genau dann ein
-Summand, wenn
``clopen'', also abgeschlossen und offen ist. Weiter gelten diese Aussagen auch für
, wenn
nur ein lokalkompakter Hausdorffraum ist. Zum Beweis wird in [18, S. 3 f] direkt von der Definition 4.1.1 ausgegangen und der Rieszsche Darstellungssatz benutzt. Wir wollen Satz 4.1.10 mit der 3-Kugel-Eigenschaft zeigen und hierfür den Satz von Tietze-Urysohn (siehe B.2.4 in [55]) anwenden. Um dies zu tun, benötigt man die Voraussetzung, daß
normal ist (siehe S. 436 in [55]) und das kann man für kompakte Hausdorffräume in endlicher Zeit einsehen.
Das Entscheidende an dem Beweisgedanken ist die Anwendung des Fortsetzungssatzes von Tietze-Urysohn, um aus der vorgegebenen Funktion
die gewünschte Funktion
zu gewinnen. Die offene Menge
spielt die Rolle der in Bemerkung 4.1.9 besprochenen Menge
, auf deren Komplement
die Funktionen
über deren Kleinheit kontrolliert werden. Lehrreich im Hinblick auf unsere Fragestellung ist dieses Beispiel deshalb, weil auch wir über einen Fortsetzungssatz verfügen, der es uns erlaubt, aus einer großen Lipschitzfunktion
eine kleine Lipschitzfunktion
zu gewinnen, die
in einem gewissen Sinne annähert. Es ist dies ein Satz, der zum ersten Mal bei Jenkins (siehe Lemma 3.2.6) auftauchte, der von Johnson (siehe Lemma 3.3.1) auf seinen wesentlichen Gehalt hin untersucht wurde und der letzten Endes nichts weiter als die Separationseigenschaft (siehe Theorem 3.5.3) beschreibt: Die große Lipschitzfunktion
kann durch eine kleine Lipschitzfunktion
in der Supremumsnorm angenähert werden mit dem Nebeneffekt, daß die Lipschitznorm von
``im Rahmen'' der Lipschitznorm von
bleibt. Wenn man nun noch bemerkt, daß die gleichmäßige Annäherung von
an
auch den Quotienten
für Punkte
, die nicht ``zu nahe'' beieinander liegen, klein werden läßt, so stößt man -- nachdem man sich genügend Zeit zum Nachsinnen genommen hat -- auf eine Möglichkeit, wie man die ``lokale Menge
'' aus der
-Bedingung herauskitzeln könnte.
Diese Abkürzung ist von nun an nötig. Offensichtlich ist
eine Halbnorm auf
. Das nachfolgende Lemma könnte man als ``Fundamentallemma'' für alle weiteren Untersuchungen bezeichnen. Man sieht an seinem Beweis sofort, daß seine Aussage das ``Testen'' der 3-Kugel-Eigenschaft von
an einzelnen Funktionen
ermöglicht, und genau dieses wird im nächsten Abschnitt 4.2 ausgiebigst geschehen.
Zu jedem
, jedem
und jedem
existiere ein
mit den beiden Eigenschaften
Die gleiche Aussage gilt analog in
mit der Norm
.
Die Ungleichung
Man sieht, daß die lokale Bedingung
gewissermaßen als ``Ersatz'' für die ``Menge
'', auf der wir die ``Kleinheit'' der Funktionen
,
, beherrschen wollen, herhalten muß. Leider kann man die Tatsache, daß
selbst wieder eine kleine Lipschitzfunktion ist, zum Nachweis der 3-Kugel-Eigenschaft nicht verwenden, da sie sich einem quasi ``fortwährend entzieht''. Natürlich weiß man von der Existenz eines gewissen
, womit
für
gilt, da
die
-Bedingung erfüllt. Weiter sichert die Bedingung (4.1.1) in (3K) noch