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Beweisvarianten für Räume komplexwertiger
Lipschitzfunktionen

In diesem Abschnitt soll das Defizit des Theorems 3.2.7 von Jenkins ausgemerzt werden, denn das Ergebnis gilt auch für Räume komplexwertiger Hölderfunktionen. Als erster hat dies der uns schon bekannte J. A. Johnson (siehe Abschnitt 2.3) in seiner Dissertation gesehen, deren wichtigste Ergebnisse in [25] zusammengefaßt sind. In seinem Ansatz stützt er sich auf den Satz 1.1.22, der ja von ihm stammt, aber er greift auch auf die Ergebnisse von de Leeuw und Jenkins, insbesondere auf Satz 3.1.7 und auf Lemma 3.2.6 zurück. Bei Johnson findet sich denn auch erstmals diejenige Eigenschaft der Hölderräume auf Kompakta $ K$, die sich im Hinblick auf allgemeine Diskussion der Dualität $ \ell ip(K)\cong Lip(K)$ in Abschnitt 3.5 als entscheidend erweisen wird. Sie ist nichts anderes als ein Destillat aus dem Beweis zu Lemma 3.2.6 von Jenkins und liefert (angesichts dieses Beweises) auch wieder die Eigenschaften (3.2.9) und (3.2.10).

Lemma 3.3.1   Sei $ K$ ein kompakter metrischer Raum, $ 0<\alpha <1$ und $ \varepsilon >0$. Dann existiert zu jeder reellwertigen Funktion $ h\in Lip(K^{\alpha})$ und endlich vielen Punkten $ x_{i}\in K$, $ i=1,\dots, n$, eine reellwertige Funktion $ g\in \ell ip(K^{\alpha})$ mit $ g(x_{i})=h(x_{i})$ $ \forall i=1,\dots, n$, und $ \Vert g\Vert _{L_{\alpha}}\leq(1+\varepsilon )\Vert h\Vert _{L_{\alpha}}$. Im komplexen Fall gilt Analoges mit $ \Vert g\Vert _{L_{\alpha}}\leq(\sqrt{2}+\varepsilon )\Vert h\Vert _{L_{\alpha}}$.

Theorem 3.3.2   Sei $ K$ ein kompakter metrischer Raum und $ 0<\alpha <1$. Dann ist die Abbildung $ I:\ell ip(K^{\alpha})''\to Lip(K^{\alpha})$ aus Definition 3.1.1 auch für Räume komplexwertiger Funktionen ein isometrischer Isomorphismus.

Wir wollen ehrlich sein und in Würdigung der von de Leeuw und Jenkins geleisteten Arbeit einräumen, daß wir uns den größten Teil des nun folgenden Beweises sparen könnten, denn nach Bemerkung 3.2.8 folgt bereits aus dem verallgemeinerten Ansatz von de Leeuw die Tatsache, daß auch für komplexe Hölderräume die Abbildung $ I$ zumindest ein Isomorphismus ist. Dieses Ergebnis (welches explizit auch bei Jenkins nicht zu finden ist) wird im Artikel [25] von Johnson schlichtweg unterschlagen, obwohl Johnson für den komplexen Fall zunächst auch nicht mehr beweisen kann. Allerdings kommen wir so in den Genuß einer ganz anderen Sichtweise auf das Problem, die mit der Approximation großer Lipschitzfunktionen durch kleine primär nichts mehr zu tun hat, und die der mathematischen Welt womöglich auf ewig verborgen geblieben wäre, wenn Jenkins bereits die ganze Wahrheit gewußt hätte. So wollen wir denn auch auf eine kurze Darstellung von Johnsons Gedankengängen trotz der fortgeschrittenen Seitenzahl nicht verzichten. Das Sahnehäubchen indes, nämlich der Beweis, daß $ I$ tatsächlich immer und von vornherein (!) isometrisch ist, könnte man unabhängig vom Rest des Beweises auch auf das Ergebnis von Jenkins setzen (bzw. sogar vor diesem servieren). Völlig unbekannt ist uns der Beweis der Normerhaltung von $ I$ allerdings auch nicht, denn Wulbert hat ihn in analoger Form (allerdings später, wiewohl unabhängig von Johnson) im Beweis zu Lemma 2.4.4 und Satz 2.4.3 durchgeführt. Man beachte im ersten Teil des folgenden Beweises, auf welch wundersame Weise der Operator $ I$ plötzlich als Adjungierte einer Abbildung ins Spiel kommt und wie einfach die letztere aussieht.

Beweis. [Beweis von Theorem 3.3.2] Sei $ V_{0}$ (bzw. $ U_{0}$) der von den Punktauswertungsfunktionalen $ \varDelta_{x}$ in $ Lip(K^{\alpha})'$ (bzw. $ \delta_{x}$ in $ \ell ip(K^{\alpha})'$) aufgespannte Unterraum mit der (jeweils) von dort induzierten Norm. Nach Lemma 3.3.1 existiert zu jeder endlichen Menge $ x_{i}$, $ i=1,\dots, n$, von Punkten in $ K$ und jedem $ j=1,\dots,n$ ein $ g_{j}\in\ell ip(K^{\alpha})$, welches mit dem Kroneckersymbol $ \delta_{ij}$ gerade $ g_{j}(x_{i})=\delta_{ij}$ erfüllt (ein $ h\in Lip(K^{\alpha})$ mit dieser Eigenschaft existiert nach dem Fortsetzungssatz 1.1.20). Es ist also die Menge der Punktauswertungsfunktionale in $ \ell ip(K^{\alpha})'$ und (damit auch) in $ Lip(K^{\alpha})'$ linear unabhängig und folglich jeweils eine Basis der Räume $ U_{0}$ bzw. $ V_{0}$.

Definiere nun die lineare Abbildung $ T:V_{0}\to U_{0}$ durch $ T(\varDelta_{x})=\delta_{x}$. Dann ist $ T$ wohldefiniert und bijektiv und wegen $ \ell ip(K^{\alpha})\subseteq Lip(K^{\alpha})$ auch kontraktiv. Jetzt betrachte man die Adjungierte $ T':U_{0}'\to V_{0}'$. Nach Satz 3.1.7 gilt $ \ell ip(K^{\alpha})''\cong U_{0}'$ und nach Satz 1.1.22 hat man $ V_{0}'\cong Lip(K^{\alpha})$. Der erste dieser beiden Isomorphismen schränkt ein Funktional $ F\in\ell ip(K^{\alpha})''$ einfach auf $ U_{0}$ ein und es gilt $ T'(F)(\varDelta_{x})=F(T(\varDelta_{x}))=F(\delta_{x})$. Nach Satz 1.1.22 liefert der zweite kanonische Isomorphismus $ T'(F)$ als Element des Raums $ Lip(K^{\alpha})''/V_{0}'$, welches nach eben diesem Satz als eine Funktion $ f\in Lip(K^{\alpha})$ erscheint mit $ f(x)=T'(F)(\varDelta_{x})$. Hieraus folgern wir, daß modulo der beteiligten Identifikationen tatsächlich $ T'=I$ mit der in Definition 3.1.1 gegebenen Abbildung $ I:\ell ip(K^{\alpha})''\to Lip(K^{\alpha})$ gilt. (Zu sehr wundern sollte man sich darüber freilich nicht, denn der Satz 1.1.22 ging ja von der gleichen Abbildung $ I$, nur ``eine Stufe höher'' auf $ Lip(K^{\alpha})''$, aus.)

Sei nun ein $ \varphi=\sum_{i=1}^{n}\lambda_{i}\delta_{x_{i}}\in U_{0}$ mit reellen oder komplexen $ \lambda_{i}$ und Punkten $ x_{i}$ in $ K$, $ i=1,\dots, n$, gegeben. Für jedes reellwertige $ h\in Lip(K^{\alpha})$ und jedes $ \varepsilon >0$ liefert Lemma 3.3.1 ein $ g\in \ell ip(K^{\alpha})$, womit man

$\displaystyle \vert T^{-1}\varphi(h)\vert=\left\vert\sum_{i=1}^{n}\lambda_{i}h(...
...\Vert'\Vert g\Vert _{L_{\alpha}}\leq(1+\varepsilon )\Vert h\Vert _{L_{\alpha}}
$

abschätzen kann. Nebenbei folgt hieraus, daß im reellen Fall auch $ T^{-1}$ kontraktiv und damit $ T$ isometrisch, mithin $ I=T'$ ein isometrischer Isomorphismus ist.

Ist $ h\in Lip(K^{\alpha})$ komplexwertig, so existieren (vgl. Beweis von Satz 1.1.20) reellwertige $ h_{1}$ und $ h_{2}$ mit $ h=h_{1}+ih_{2}$ und $ \max(\Vert h_{1}\Vert _{L_{\alpha}},\Vert h_{2}\Vert _{L_{\alpha}})\leq\Vert h\Vert _{L_{\alpha}}$, so daß eingedenk der gerade durchgeführten Rechnung

$\displaystyle \vert T^{-1}\varphi(h)\vert=\vert T^{-1}\varphi(h_{1})+i\,T^{-1}\...
...rt T^{-1}\varphi(h_{2})\vert\leq 2\Vert\varphi\Vert'\Vert h\Vert _{L_{\alpha}}
$

folgt. Insgesamt ist also $ T$ und damit auch $ I$ ein Isomorphismus.

Zur Isometrie von $ I$: Wir betrachten mit der isometrischen Einbettung von $ \ell ip(K^{\alpha})$ in $ C_{0}(K^{\alpha})$ gemäß Definition 1.1.9 und Satz 1.1.10 die Teilmengen

$\displaystyle P_{1}=\{\lambda\delta_{x}:x\in K,\vert\lambda\vert=1\}
$

und

$\displaystyle P_{2}=\{\lambda(\delta_{x}-\delta_{y})/d^{\alpha}(x,y):x,y\in K,x\neq y,\vert\lambda\vert=1\}
$

von Funktionalen aus $ \ell ip(K^{\alpha})'$, die auf $ \varPhi(\ell ip(K^{\alpha}))$ als Einschränkungen der entsprechenden Punktmaße auf $ \hat{K}^{\alpha}$ wirken. Letztere bilden gerade (vgl. S. 350 in [55]) die Extremalpunktmenge der Einheitskugel von $ M(\hat{K}^{\alpha})$. Eine Anwendung von VIII.6.28 in [55] liefert nun die Tatsache, daß $ P:=P_{1}\cup P_{2}$ alle Extremalpunkte von $ B_{\ell ip(K^{\alpha})'}$ enthält. Da $ \ell ip(K^{\alpha})'$ nach Satz 3.1.9 separabel ist, folgt aus dem Satz von Bessaga-Pe\lcyznski (siehe 23.C. in [20])

$\displaystyle \overline{\mathop{\rm co}\nolimits (P_{1}\cup P_{2})}^{\Vert\,{\c...
... B_{\ell
ip(K^{\alpha})'}}^{\Vert\,{\cdot}\,\Vert'}=B_{\ell ip(K^{\alpha})'}.
$

Hieraus schließt man für jedes $ F\in\ell ip(K^{\alpha})''$ nach Definition von $ I$ und der Lipschitznorm $ \Vert\,{\cdot}\,\Vert _{L_{\alpha}}$ (genauso wie im Beweis zu Satz 2.4.3)

$\displaystyle \Vert F\Vert''=\sup_{\varphi\in B_{\ell ip(K^{\alpha})'}}\vert F(...
...varphi\in P_{1}\cup P_{2}}\vert F(\varphi)\vert=\Vert I(F)\Vert _{L_{\alpha}},
$

womit $ I$ eine Isometrie ist. $ \qedsymbol$

Der obige Beweis basiert über Lemma 3.3.1 einmal auf der linearen Unabhängigkeit der Punktauswertungsfunktionale in $ \ell ip(K^{\alpha})'$ und damit auf einer gewissen Reichhaltigkeit von $ \ell ip(K^{\alpha})'$ bzw. $ \ell ip(K^{\alpha})$, zum zweiten aber auch auf der Separabilität von $ \ell ip(K^{\alpha})'$. Die erstgenannte Eigenschaft ist für beliebige Kompakta $ K$ statt für $ K^{\alpha}$ mit $ 0<\alpha <1$ im allgemeinen nicht zu erwarten, wohingegen die Separabilität von $ \ell ip(K)'$ nach Satz 3.1.9 immer gilt. Damit ist analog mit dem abkoppelbaren zweiten Teil des gerade geführten Beweises die Abbildung $ I$ immer isometrisch, so daß man Korollar 3.1.8 auch gleich allgemeiner hätte formulieren können. Insbesondere Jenkins wäre mit dieser Kenntnis viel ``unnötige'' Arbeit erspart geblieben.

Der obige Isometrie-Beweis zeigt also, daß man die Aussage des Lemmas 3.3.1 -- statt für alle (wie bei Jenkins) -- lediglich für ein beliebiges $ \varepsilon >0$ benötigt (was Jenkins ja schon weiß). (In Abschnitt 3.5, konkret in Theorem 3.5.3 und Bemerkung 3.5.5, wird es ``noch dicker kommen''!) Wir werden nun einen weiteren Beweis von Theorem 3.3.2 kennenlernen, für den die volle Schärfe von Lemma 3.3.1 auch nicht gebraucht wird. Interessanterweise ``merkt'' man in diesem Beweis gar nicht, ob man es mit reell- oder komplexwertigen Funktionen zu tun hat, denn eine solche Unterscheidung ist für diesen Ansatz schlichtweg nicht nötig. Die Überlegenheit dieses Beweises zu den bisher behandelten Ansätzen zeigt sich auch darin, daß hier im Gegensatz zum Beweis von Johnson noch nicht einmal die Separabilität von $ \ell ip(K^{\alpha})'$ explizit benötigt wird, wiewohl diese nach Satz 3.1.9 natürlich in der Kompaktheit von $ K$ enthalten ist. Diese Tatsache wird jedoch wichtig im Hinblick auf Beweise für Verallgemeinerungen von Theorem 3.3.2, wenn man zum Beispiel nur noch lokalkompakte $ K$ betrachten möchte (vergleiche hierzu Bemerkung 1.1.11). Auf solche Verallgemeinerungen wollen wir hier nicht näher eingehen, aber auf die Literatur dazu ([50] von N. Weaver) kann man schon verweisen.

Der im folgenden diskutierte Beweis von Theorem 3.3.2 stammt von W. G. Bade, P. C. Curtis, Jr., und H. G. Dales und ist zu finden in [2]. Diese Autoren arbeiten in der Theorie der Banachalgebren und betrachten daher auch Lipschitzräume unter diesen Gesichtspunkten. Insbesondere verwenden sie also die Norm $ \Vert\,{\cdot}\,\Vert _{A}$ auf $ Lip(K)$ aus Satz und Definition 1.1.3, auf die übertragen das Theorem 3.3.2 ebenfalls gilt. Eigentlich sind die Autoren an diesem Theorem und an den damit verbundenen Lemmata (nämlich den auf die Norm $ \Vert\,{\cdot}\,\Vert _{A}$ zugeschnittenen und analog beweisbaren Ergebnissen aus Abschnitt 3.1) auch nur im Hinblick auf ihre Implikationen für die kleinen Lipschitzräume als Banachalgebren interessiert, die hier natürlich nicht diskutiert werden sollen.

Der von Bade, Curtis und Dales vorgeschlagene Beweis von 3.3.2 ist ausgesprochen ästhetisch und darüber hinaus vergleichsweise einfach und klar (wobei bekanntlich die letzteren Eigenschaften erstaunlich oft mit der Eigenschaft der Ästhetik Hand in Hand daher kommen). Er läßt sich problemlos auf die Norm $ \Vert\,{\cdot}\,\Vert _{L}$ übertragen und vereinfacht sich in diesem Fall sogar, denn Bade, Curtis und Dales müssen zum Beweis der Kontraktivität von $ I$ für die Norm $ \Vert\,{\cdot}\,\Vert _{A}$ einen Umweg über den Satz von Goldstine (siehe VIII.3.17 in [55]) machen, an den wir ja in Lemma 3.1.3 nicht im entferntesten gedacht haben. Interessant ist an diesem Beweis, daß sich die Normerhaltung von $ I$ (ähnlich wie bei de Leeuw durch die Eigenschaften der Faltungen mit Fejér-Kernen) aus der Herleitung der Surjektivität von $ I$ (und im übrigen unabhängig von den Überlegungen von Johnson) fast wie von selbst ergibt.

Der Vorteil der dem Beweis zugrundeliegenden Idee liegt schlicht und einfach darin, daß eine Inverse zur Abbildung $ I$ angegeben wird. Im Gegensatz zum Vorgehen von Wulbert im Beweis zu Satz 2.4.3 springt einem hier die Inverse fast ins Auge (und es ist diesmal auch sonnenklar, daß es tatsächlich eine ist!). Betrachtet man einfach lange genug das Ergebnis

$\displaystyle \varphi(f)=\int_{\hat{K}}\varPhi(f)d\mu\quad\forall f\in \ell ip(K)$ (1)

im Beweis des Lemmas 3.1.4, so wird man der Dualität gewahr, die darin besteht, daß nicht nur die Maße $ \mu\in M(\hat{K})$ Funktionale auf Lipschitzfunktionen abgeben können, sondern daß umgekehrt auch Funktionen $ f\in \ell ip(K)$ mit der gleichen Formel Anlaß zu Funktionalen auf $ \ell ip(K)'$, repräsentiert durch Maße aus $ M(\hat{K})$, geben. Und es hindert einen niemand daran, dies -- wenn auch zunächst nur formal -- für große Lipschitzfunktionen $ h\in Lip(K)$, für die ja $ \varPhi(h)$ auch definiert ist, ebenfalls zu betrachten. Konkreter und mit einem mittlerweile angebrachten Abschied von den Hölderräumen:

Definition 3.3.3   Ist $ K$ ein kompakter metrischer Raum, so definiere die Abbildung

$\displaystyle J:Lip(K)\to \ell ip(K)''
$

durch

$\displaystyle (J(h))(\varphi)=\int_{\hat{K}}\varPhi(h)d\mu
$

für $ h\in Lip(K)$, wenn $ \mu$ gemäß 3.3.1 ein das Funktional $ \varphi\in \ell ip(K)'$ repräsentierendes Maß aus $ M(\hat{K})$ ist (in den Fällen, in denen diese Zuordnung Sinn ergibt).

Das Problem mit dieser Definition liegt auf der Hand: Sie muß gerechtfertigt werden, und darin liegt die Hauptarbeit, und dies gelingt nicht immer, wie die Voraussetzung im nächsten Satz andeutet. Es gilt zwar

$\displaystyle \vert(J(h))(\varphi)\vert\leq\Vert\varPhi(h)\Vert _{\infty}\left\...
...rt\leq\Vert h\Vert _{L}\Vert\mu\Vert _{V}=\Vert h\Vert _{L}\Vert\varphi\Vert',
$

also $ (J(h))(\varphi)\in \ell ip(K)''$ und $ \Vert J(h)\Vert\leq\Vert h\Vert _{L}$, d.h. $ J$ ist kontraktiv -- aber natürlich nur dann, wenn $ J$ überhaupt wohldefiniert ist, und dies ist völlig unklar.

Einen Lichtblick bieten die kleinen Lipschitzfunktionen, denn sind $ \mu$ und $ \nu$ zwei das Funktional $ \varphi$ gemäß (3.3.1) repräsentierende Maße, so gilt ja wegen (3.3.1) gerade

$\displaystyle \int_{\hat{K}}\varPhi(f)d(\mu-\nu)=0\quad\forall f\in \ell ip(K).
$

Mit dieser Tatsache im Gepäck gelingt es nun Bade, Curtis und Dales, die Wohldefiniertheit von $ J$ auf ganz $ Lip(K)$ zu zeigen, jedoch erwartungsgemäß nur dann, wenn $ Lip(K)$ sich so ``angenehm'' wie ein Hölderraum ``verhält''. Dafür greifen sie heftigst auf die von de Leeuw geleistete Vorarbeit in Gestalt von Satz 3.1.7 zurück und eigentlich auch auf das Ergebnis 3.3.1 von Jenkins, wobei sie dieses lieber gleich selbst beweisen. Hier wird Lemma 3.3.1 wieder nur für ein beliebiges $ \varepsilon >0$ benötigt, diesmal aber allgemein für komplexwertige Funktionen, was mit dem Faktor $ \sqrt{2}+\varepsilon $ ja auch kein Problem ist. Bade, Curtis und Dales zeigen jedoch sogar die Existenz eines $ f\in Lip(K)\subseteq \ell ip(K^{\alpha})$ mit den entsprechenden Eigenschaften und $ \varepsilon =1$. Sie greifen dafür nicht auf den Satz 1.1.20 von McShane zurück, was zumindest mit der Beweistechnik von Jenkins (siehe Beweis zu Lemma 3.2.6) auch nicht zu machen wäre. Stattdessen imitieren sie den Beweis von McShane, um ihr stärkeres Ergebnis zu erhalten (welches übrigens für komplexwertige Funktionen wieder bis auf einen Faktor $ \sqrt{2}+\varepsilon $ und für reellwertige bis auf $ 1+\varepsilon $ verbessert werden könnte).

Satz 3.3.4   Für einen kompakten metrischen Raum $ K$ existiere eine Konstante $ c>1$, so daß es zu jeder Funktion $ h\in Lip(K)$ und endlich vielen Punkten $ x_{i}\in K$, $ i=1,\dots, n$, eine Funktion $ g\in \ell ip(K)$ gibt, welche $ g(x_{i})=h(x_{i})$ für alle $ i=1,\dots, n$ und $ \Vert g\Vert _{L}\leq c\,\Vert h\Vert _{L}$ erfüllt.

Gilt nun für ein reguläres Borelmaß $ \mu\in M(\hat{K})$

$\displaystyle \int_{\hat{K}}\varPhi(g)d\mu=0\quad\forall g\in \ell ip(K),
$

so gilt auch

$\displaystyle \int_{\hat{K}}\varPhi(h)d\mu=0\quad\forall h\in Lip(K).
$

Beweis. [Beweis] Sei $ \varepsilon >0$ gegeben. Dann existiert mit der gleichen Argumentation wie in den Beweisen zu Lemma 3.1.6 und Satz 3.1.7 (man beachte, daß dort -- im Gegensatz zum Existenzbeweis für Lemma 3.1.4 -- die $ \ell ip$-Bedingung an keiner Stelle eingeht) ein Maß $ \eta\in M(K)$ mit endlichem Träger $ A\subseteq K$ und der Eigenschaft

$\displaystyle \left\vert\int_{\hat{K}}\varPhi(h)d\mu-\int_{K}hd\eta\right\vert\leq\varepsilon \Vert h\Vert _{L}\quad\forall h\in Lip(K).
$

Wähle nun ein (beliebiges komplexwertiges) $ h\in Lip(K)$. Dann existiert nach der ersten Voraussetzung ein $ g\in \ell ip(K)$ mit $ g_{\vert A}=h_{\vert A}$ und $ \Vert g\Vert _{L}\leq c\,\Vert h\Vert _{L}$, mithin

$\displaystyle \left\vert\int_{\hat{K}}\varPhi(g)d\mu-\int_{K}gd\eta\right\vert\leq\varepsilon \Vert g\Vert _{L}\leq c\,\varepsilon \Vert h\Vert _{L}.
$

Da aber nach der ersten Annahme $ \int_{K}gd\eta=\int_{K}hd\eta$ und nach der zweiten $ \int_{\hat{K}}\varPhi(g)d\mu=0$ ist, folgt

$\displaystyle \left\vert\int_{\hat{K}}\varPhi(h)d\mu\right\vert\leq (c+1)\varepsilon \Vert h\Vert _{L}
$

und damit wie gewünscht $ \int_{\hat{K}}\varPhi(h)d\mu=0$. $ \qedsymbol$

Neben der Tatsache, daß der gerade bewiesene Satz die Wohldefiniertheit von $ J$ liefert, an der wir ja interessiert waren, ist natürlich auch schon die Aussage selbst bemerkenswert. Wie schon Lemma 3.3.1 deutet sie (unter der angegebenen Voraussetzung) einmal mehr auf eine gewisse ``Größe'' des kleinen Lipschitzraums $ \ell ip(K)$ hin und besagt diesmal, lax gesprochen, daß der Annihilator von $ \ell ip(K)$ als Unterraum von $ C_{0}(\hat{K})$ so ``stark'' ist, daß unter ihm auch $ Lip(K)$ als Unterraum von $ C^{b}(\hat{K})$ noch verschwindet. Anders formuliert besagt das Ergebnis, daß ein Funktional auf $ \ell ip(K)$ mit einer gemäß (3.3.1) gegebenen Gestalt eindeutig von einem Funktional auf $ Lip(K)$ der gleichen Gestalt herrührt. Wir werden in Abschnitt 4.1 auf dieses Phänomen unter einem anderen Gesichtspunkt (siehe S. [*] ff) noch einmal zurückkommen.

Zusammen mit der bereits (im Anschluß an Definition 3.3.3) gezeigten Kontraktivität von $ J$ und der schon lange (Lemma 3.1.3) bekannten Kontraktivität von $ I$ muß jetzt nur noch verifiziert werden, daß $ J$ tatsächlich die Inverse von $ I$ ist. Dies ist aber nun sehr einfach. Man muß nur bedenken, daß das Punktmaß $ \mu_{x}$ auf $ \hat{K}$ an der Stelle $ x\in K$ natürlich ein gemäß Lemma 3.1.4 repräsentierendes Maß für $ \delta_{x}\in \ell ip(K)'$ ist, so daß nach Definition von $ I$ und $ J$

$\displaystyle I(J(h))(x)=J(h)(\delta_{x})=\int_{\hat{K}}\varPhi(h)d\mu_{x}=h(x)\quad\forall x\in K
$

gilt und $ I$ surjektiv mit der Rechtsinversen $ J$ ist. Hieraus kann man natürlich noch nicht schließen -- wie sehr Bade, Curtis und Dales diesen Eindruck auch vermitteln mögen -- daß $ J$ sofort die Linksinverse von $ I$ ist. Dies folgt jedoch aus der uns schon lange bekannten Injektivität von $ I$ mit Korollar 3.1.8. Wir notieren das Bewiesene in der allgemeinsten Form.

Theorem 3.3.5   Besitzt der metrische Raum $ K$ die in Satz 3.3.4 angegebene Eigenschaft, so ist die in 3.1.1 definierte Abbildung $ I:\ell ip(K)''\to Lip(K)$ ein isometrischer Isomorphismus.

Natürlich wäre dieses Theorem einigermaßen leblos, wenn wir nicht (nach Lemma 3.3.1) wüßten, daß metrische Räume, versehen mit Höldermetriken die in Satz 3.3.4 genannte Eigenschaft haben -- und wir hätten nicht die verallgemeinerten Höldermetriken definiert, wenn diese sich nicht auch so verhielten. Man sieht, daß es sich lohnt, weiter auf dieser Eigenschaft und der damit verbundenen in Lemma 3.3.1 herumzureiten, und genau das wird in Abschnitt 3.5 getan. Schließlich hätte man ja gerne noch eine notwendige Bedingung dafür, daß $ I$ ein isometrischer Isomorphismus ist. Und um diese zu sehen -- natürlich sehen wir sie schon die ganze Zeit -- wird eine vierte (aber auch letzte!) Variante diskutiert, obiges Theorem zu beweisen -- eigenartigerweise aber wieder nur für den reellen Fall. Am Schluß, beim Einsammeln aller Ergebnisse, wird klar, daß wir damit auch gut auskommen.


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Heiko Berninger 2003-04-25