In diesem Abschnitt soll das Defizit des Theorems 3.2.7 von Jenkins ausgemerzt werden, denn das Ergebnis gilt auch für Räume komplexwertiger Hölderfunktionen. Als erster hat dies der uns schon bekannte J. A. Johnson (siehe Abschnitt 2.3) in seiner Dissertation gesehen, deren wichtigste Ergebnisse in [25] zusammengefaßt sind. In seinem Ansatz stützt er sich auf den Satz 1.1.22, der ja von ihm stammt, aber er greift auch auf die Ergebnisse von de Leeuw und Jenkins, insbesondere auf Satz 3.1.7 und auf Lemma 3.2.6 zurück. Bei Johnson findet sich denn auch erstmals diejenige Eigenschaft der Hölderräume auf Kompakta
, die sich im Hinblick auf allgemeine Diskussion der Dualität
in Abschnitt 3.5 als entscheidend erweisen wird. Sie ist nichts anderes als ein Destillat aus dem Beweis zu Lemma 3.2.6 von Jenkins und liefert (angesichts dieses Beweises) auch wieder die Eigenschaften (3.2.9) und (3.2.10).
Wir wollen ehrlich sein und in Würdigung der von de Leeuw und Jenkins geleisteten Arbeit einräumen, daß wir uns den größten Teil des nun folgenden Beweises sparen könnten, denn nach Bemerkung 3.2.8 folgt bereits aus dem verallgemeinerten Ansatz von de Leeuw die Tatsache, daß auch für komplexe Hölderräume die Abbildung
zumindest ein Isomorphismus ist. Dieses Ergebnis (welches explizit auch bei Jenkins nicht zu finden ist) wird im Artikel [25] von Johnson schlichtweg unterschlagen, obwohl Johnson für den komplexen Fall zunächst auch nicht mehr beweisen kann. Allerdings kommen wir so in den Genuß einer ganz anderen Sichtweise auf das Problem, die mit der Approximation großer Lipschitzfunktionen durch kleine primär nichts mehr zu tun hat, und die der mathematischen Welt womöglich auf ewig verborgen geblieben wäre, wenn Jenkins bereits die ganze Wahrheit gewußt hätte. So wollen wir denn auch auf eine kurze Darstellung von Johnsons Gedankengängen trotz der fortgeschrittenen Seitenzahl nicht verzichten. Das Sahnehäubchen indes, nämlich der Beweis, daß
tatsächlich immer und von vornherein (!) isometrisch ist, könnte man unabhängig vom Rest des Beweises auch auf das Ergebnis von Jenkins setzen (bzw. sogar vor diesem servieren). Völlig unbekannt ist uns der Beweis der Normerhaltung von
allerdings auch nicht, denn Wulbert hat ihn in analoger Form (allerdings später, wiewohl unabhängig von Johnson) im Beweis zu Lemma 2.4.4 und Satz 2.4.3 durchgeführt. Man beachte im ersten Teil des folgenden Beweises, auf welch wundersame Weise der Operator
plötzlich als Adjungierte einer Abbildung ins Spiel kommt und wie einfach die letztere aussieht.
Definiere nun die lineare Abbildung
durch
. Dann ist
wohldefiniert und bijektiv und wegen
auch kontraktiv. Jetzt betrachte man die Adjungierte
. Nach Satz 3.1.7 gilt
und nach Satz 1.1.22 hat man
. Der erste dieser beiden Isomorphismen schränkt ein Funktional
einfach auf
ein und es gilt
. Nach Satz 1.1.22 liefert der zweite kanonische Isomorphismus
als Element des Raums
, welches nach eben diesem Satz als eine Funktion
erscheint mit
. Hieraus folgern wir, daß modulo der beteiligten Identifikationen tatsächlich
mit der in Definition 3.1.1 gegebenen Abbildung
gilt. (Zu sehr wundern sollte man sich darüber freilich nicht, denn der Satz 1.1.22 ging ja von der gleichen Abbildung
, nur ``eine Stufe höher'' auf
, aus.)
Sei nun ein
mit reellen oder komplexen
und Punkten
in
,
, gegeben. Für jedes reellwertige
und jedes
liefert Lemma 3.3.1 ein
, womit man
Ist
komplexwertig, so existieren (vgl. Beweis von Satz 1.1.20) reellwertige
und
mit
und
, so daß eingedenk der gerade durchgeführten Rechnung
Zur Isometrie von
: Wir betrachten mit der isometrischen Einbettung von
in
gemäß Definition 1.1.9 und Satz 1.1.10 die Teilmengen
Der obige Beweis basiert über Lemma 3.3.1 einmal auf der linearen Unabhängigkeit der Punktauswertungsfunktionale in
und damit auf einer gewissen Reichhaltigkeit von
bzw.
, zum zweiten aber auch auf der Separabilität von
. Die erstgenannte Eigenschaft ist für beliebige Kompakta
statt für
mit
im allgemeinen nicht zu erwarten, wohingegen die Separabilität von
nach Satz 3.1.9 immer gilt. Damit ist analog mit dem abkoppelbaren zweiten Teil des gerade geführten Beweises die Abbildung
immer isometrisch, so daß man Korollar 3.1.8 auch gleich allgemeiner hätte formulieren können. Insbesondere Jenkins wäre mit dieser Kenntnis viel ``unnötige'' Arbeit erspart geblieben.
Der obige Isometrie-Beweis zeigt also, daß man die Aussage des Lemmas 3.3.1 -- statt für alle (wie bei Jenkins) -- lediglich für ein beliebiges
benötigt (was Jenkins ja schon weiß). (In Abschnitt 3.5, konkret in Theorem 3.5.3 und Bemerkung 3.5.5, wird es ``noch dicker kommen''!) Wir werden nun einen weiteren Beweis von Theorem 3.3.2 kennenlernen, für den die volle Schärfe von Lemma 3.3.1 auch nicht gebraucht wird. Interessanterweise ``merkt'' man in diesem Beweis gar nicht, ob man es mit reell- oder komplexwertigen Funktionen zu tun hat, denn eine solche Unterscheidung ist für diesen Ansatz schlichtweg nicht nötig. Die Überlegenheit dieses Beweises zu den bisher behandelten Ansätzen zeigt sich auch darin, daß hier im Gegensatz zum Beweis von Johnson noch nicht einmal die Separabilität von
explizit benötigt wird, wiewohl diese nach Satz 3.1.9 natürlich in der Kompaktheit von
enthalten ist. Diese Tatsache wird jedoch wichtig im Hinblick auf Beweise für Verallgemeinerungen von Theorem 3.3.2, wenn man zum Beispiel nur noch lokalkompakte
betrachten möchte (vergleiche hierzu Bemerkung 1.1.11). Auf solche Verallgemeinerungen wollen wir hier nicht näher eingehen, aber auf die Literatur dazu ([50] von N. Weaver) kann man schon verweisen.
Der im folgenden diskutierte Beweis von Theorem 3.3.2 stammt von W. G. Bade, P. C. Curtis, Jr., und H. G. Dales und ist zu finden in [2]. Diese Autoren arbeiten in der Theorie der Banachalgebren und betrachten daher auch Lipschitzräume unter diesen Gesichtspunkten. Insbesondere verwenden sie also die Norm
auf
aus Satz und Definition 1.1.3, auf die übertragen das Theorem 3.3.2 ebenfalls gilt. Eigentlich sind die Autoren an diesem Theorem und an den damit verbundenen Lemmata (nämlich den auf die Norm
zugeschnittenen und analog beweisbaren Ergebnissen aus Abschnitt 3.1) auch nur im Hinblick auf ihre Implikationen für die kleinen Lipschitzräume als Banachalgebren interessiert, die hier natürlich nicht diskutiert werden sollen.
Der von Bade, Curtis und Dales vorgeschlagene Beweis von 3.3.2 ist ausgesprochen ästhetisch und darüber hinaus vergleichsweise einfach und klar (wobei bekanntlich die letzteren Eigenschaften erstaunlich oft mit der Eigenschaft der Ästhetik Hand in Hand daher kommen). Er läßt sich problemlos auf die Norm
übertragen und vereinfacht sich in diesem Fall sogar, denn Bade, Curtis und Dales müssen zum Beweis der Kontraktivität von
für die Norm
einen Umweg über den Satz von Goldstine (siehe VIII.3.17 in [55]) machen, an den wir ja in Lemma 3.1.3 nicht im entferntesten gedacht haben. Interessant ist an diesem Beweis, daß sich die Normerhaltung von
(ähnlich wie bei de Leeuw durch die Eigenschaften der Faltungen mit Fejér-Kernen) aus der Herleitung der Surjektivität von
(und im übrigen unabhängig von den Überlegungen von Johnson) fast wie von selbst ergibt.
Der Vorteil der dem Beweis zugrundeliegenden Idee liegt schlicht und einfach darin, daß eine Inverse zur Abbildung
angegeben wird. Im Gegensatz zum Vorgehen von Wulbert im Beweis zu Satz 2.4.3 springt einem hier die Inverse fast ins Auge (und es ist diesmal auch sonnenklar, daß es tatsächlich eine ist!). Betrachtet man einfach lange genug das Ergebnis
Das Problem mit dieser Definition liegt auf der Hand: Sie muß gerechtfertigt werden, und darin liegt die Hauptarbeit, und dies gelingt nicht immer, wie die Voraussetzung im nächsten Satz andeutet. Es gilt zwar
Einen Lichtblick bieten die kleinen Lipschitzfunktionen, denn sind
und
zwei das Funktional
gemäß (3.3.1) repräsentierende Maße, so gilt ja wegen (3.3.1) gerade
Gilt nun für ein reguläres Borelmaß
Neben der Tatsache, daß der gerade bewiesene Satz die Wohldefiniertheit von
liefert, an der wir ja interessiert waren, ist natürlich auch schon die Aussage selbst bemerkenswert. Wie schon Lemma 3.3.1 deutet sie (unter der angegebenen Voraussetzung) einmal mehr auf eine gewisse ``Größe'' des kleinen Lipschitzraums
hin und besagt diesmal, lax gesprochen, daß der Annihilator von
als Unterraum von
so ``stark'' ist, daß unter ihm auch
als Unterraum von
noch verschwindet. Anders formuliert besagt das Ergebnis, daß ein Funktional auf
mit einer gemäß (3.3.1) gegebenen Gestalt eindeutig von einem Funktional auf
der gleichen Gestalt herrührt. Wir werden in Abschnitt 4.1 auf dieses Phänomen unter einem anderen Gesichtspunkt (siehe S.
ff) noch einmal zurückkommen.
Zusammen mit der bereits (im Anschluß an Definition 3.3.3) gezeigten Kontraktivität von
und der schon lange (Lemma 3.1.3) bekannten Kontraktivität von
muß jetzt nur noch verifiziert werden, daß
tatsächlich die Inverse von
ist. Dies ist aber nun sehr einfach. Man muß nur bedenken, daß das Punktmaß
auf
an der Stelle
natürlich ein gemäß Lemma 3.1.4 repräsentierendes Maß für
ist, so daß nach Definition von
und
Natürlich wäre dieses Theorem einigermaßen leblos, wenn wir nicht (nach Lemma 3.3.1) wüßten, daß metrische Räume, versehen mit Höldermetriken die in Satz 3.3.4 genannte Eigenschaft haben -- und wir hätten nicht die verallgemeinerten Höldermetriken definiert, wenn diese sich nicht auch so verhielten. Man sieht, daß es sich lohnt, weiter auf dieser Eigenschaft und der damit verbundenen in Lemma 3.3.1 herumzureiten, und genau das wird in Abschnitt 3.5 getan. Schließlich hätte man ja gerne noch eine notwendige Bedingung dafür, daß
ein isometrischer Isomorphismus ist. Und um diese zu sehen -- natürlich sehen wir sie schon die ganze Zeit -- wird eine vierte (aber auch letzte!) Variante diskutiert, obiges Theorem zu beweisen -- eigenartigerweise aber wieder nur für den reellen Fall. Am Schluß, beim Einsammeln aller Ergebnisse, wird klar, daß wir damit auch gut auskommen.