Es geht in diesem Abschnitt darum, unter gewissen Einschränkungen an
zu zeigen, daß die in Definition 3.1.1 erklärte Abbildung
tatsächlich surjektiv und isometrisch, also ein isometrischer Isomorphismus ist. Grundlage dafür ist wieder das Vorgehen von de Leeuw in [33], dessen Essenz später von Jenkins in [24] im Hinblick auf eine wesentliche Verallgemeinerung herausgearbeitet wurde.
De Leeuw ließ sich in seinem Ansatz offenbar durch einen kurz vorher erschienenen Artikel von H. Mirkil [41] inspirieren, in dem bewiesen wird, daß für jedes
die trigonometrischen Polynome dicht im kleinen Lipschitzraum
liegen. Zur Erinnerung (siehe S.
):
ist der Raum aller Hölder-stetigen Funktionen zum Exponenten
mit Periode
auf
, und
ist der zugehörige kleine Hölderraum.
Hier einige nette Ergebnisse (wir definieren die Funktionen aus
auf dem Intervall
und wissen, was gemeint ist): Ist
der Raum aller Funktionen von beschränkter Variation auf
mit der Gesamtvariation als Norm, so ist
gerade der Teilraum aller absolut stetigen Funktionen. Startet man bei
, so landet man bei
, weiter ist
für
und
, wenn mit
der Raum aller regulären Maße auf
bezeichnet ist. Für den ``normalen'' Lipschitzraum
erhält man nach kurzer Rechnung
, und schließlich mit
für die Hölderfunktionen -- wie sollte es auch anders sein --
. Dieses Ergebnis beweist nun Mirkil (übrigens in stark generalisierter Form) mit Hilfe des folgenden grundlegenden Satzes: Bezeichnet
die Menge aller trigonometrischen Polynome auf
, so ist für jeden translationsinvarianten Banachraum
(mit vernünftigen Zusatzbedingungen, die für die Hölderräume erfüllt sind) der Teilraum
gerade der Abschluß von
in
. Und damit haben wir das Resultat, an welchem de Leeuw sich erfreute.
Natürlich (oder zum Glück!) benötigen wir den Satz von Mirkil in unserer nun folgenden Argumentation nicht wirklich. Für uns reicht die Erkenntnis, daß trigonometrische Polynome kleine Hölderfunktionen sind, und dies liegt im wesentlichen an den Sätzen 1.2.3 und 1.1.19, denn trigonometrische Polynome sind stetig differenzierbar und damit sogar Lipschitzfunktionen zum Exponenten
. (Man beachte, daß wir für
in Abschnitt 1.2, Korollar 1.2.18, die Dichtheit der
-Funktionen in
, also ein Analogon zum Dichtheitsergebnis von Mirkil, bewiesen haben.) De Leeuws Idee, die Surjektivität von
zu zeigen, besteht nun darin, ein vorgegebenes
durch die
-ten Partialsummen
,
, seiner Fourierreihe anzunähern, genauer durch das
-te Cesàro-Mittel dieser Summen. Da diese in
liegen, kann man nach Definition von
(siehe 3.1.1)
mit
finden, und wegen
besteht die Hoffnung, aus den
ein
zu konstruieren, für welches dann
gilt. Hierfür erweist sich Satz 3.1.7 einmal mehr als hilfreich. Weiter wird durch die Theorie der Fourierreihen die Normerhaltung von
gleich mitgeliefert.
Glücklicherweise hängt der rote Faden in de Leeuws Überlegungen nicht auf Gedeih und Verderb von der Existenz der Faltungen mit Fejér-Kernen ab. Vielmehr erhält man aus den Eigenschaften dieser Faltungen zunächst die Tatsache (3.2.2) und damit die wichtige gleichmäßige Beschränktheit (3.2.3) der
. Weiter liefert der Satz von Fejér die Tatsache (3.2.1), womit die Grundlage für die erfolgreiche Definition (3.2.4) des Funktionals
gelegt ist. Alle weiteren Argumente hängen dann nur noch von Satz 3.1.7 und eben in letzter Konsequenz von (3.2.1) und (3.2.2) ab. Dabei reicht zur Herleitung der Surjektivität von
die Beschränktheit der Menge
zusammen mit (3.2.1), wohingegen für die Normerhaltung von
die genaue Kenntnis der kleinsten oberen Schranke von
-- nämlich
-- erforderlich ist (sonst hätte man
nur als Isomorphismus erkannt). Viel kann man also an der Bedingung (3.2.2) nicht rütteln, damit man den Beweis, so wie er vorliegt, noch durchführen kann -- allenfalls so viel, daß man diese Bedingung wenigstens ``im Limes'' für
noch fordert. Jedenfalls liefert diese Beweisanalyse, daß mit (3.2.1) und (3.2.2) im wesentlichen die Bedingungen gegeben sind, welche völlig unabhängig von der konkreten Gestalt des Kompaktums
mit de Leeuws Beweis auf die Surjektivität und Normerhaltung von
führen. Es soll hier nicht versäumt werden darauf hinzuweisen, daß das Verdienst, dies als erster gesehen zu haben, T. M. Jenkins (siehe [24]) gebührt. Mit Lemma 3.1.3 erhält man also das
Die Bedingungen dieses Lemmas fordern also die Möglichkeit, jedes
punktweise derart durch Elemente
aus
annähern zu können, daß die Norm der
beliebig wenig über der von
liegt. Um diese Möglichkeit überhaupt haben zu können, müssen natürlich kleine Lipschitzfunktionen auf
erst einmal in einer ``ausreichenden Menge'' vorhanden sein. Erinnert man sich nun an die in Kapitel 1 mit Satz 1.1.13 und Bemerkung 1.1.14 begonnene Diskussion über die ``Größe'' von
, so wird man vermuten, daß man zumindest für Hölderräume
mit
im Sinne des obigen Lemmas ``auf der sicheren Seite'' sein könnte. Suggeriert wird diese Vermutung durch Satz 1.1.19 und durch die Ergebnisse (1.2.1) und (1.2.2). Man könnte nämlich versuchen, die kleinen Lipschitzfunktionen
, die das
approximieren sollen, durch große Lipschitzfunktionen aus
für
zu konstruieren. Zu diesem Zweck benötigen wir im Hinblick auf die Bedingungen in Lemma 3.2.4 ein allgemeines Analogon zur Abschätzung (1.2.2), und dies legt Jenkins in der folgenden Form vor.
Um das weitere Vorgehen von Jenkins in [24] zu motivieren, verweilen wir noch etwas bei den einfachen Hölderräumen
und
auf
und den Ergebnissen aus Abschnitt 1.2. Zunächst kann man wegen
für
,
, den Raum
als Unterraum von
auffassen und damit jedes Funktional auf
als Einschränkung eines Funktionals auf
ansehen. Da zudem die Punktauswertung
das Nullfunktional auf
ist, haben wir auch die Wohldefiniertheit der gemäß 3.1.1 definierten Abbildung
sowie die restlichen Aussagen von Lemma 3.1.3. Genauso gilt Satz 3.1.7 für
, und der Beweis zu Theorem 3.2.2 geht dann völlig analog durch (im übrigen auch für allgemeine Lipschitzräume
), wenn für
die Bedingungen (3.2.7) und (3.2.8) des Lemmas 3.2.4 erfüllt sind. Und bei diesen landen wir, wenn wir uns den Beweis zu Satz 1.2.20 und die darauffolgenden Korollare ansehen. Dort wird klar, daß man als Folge
sogar Polygone (aus
!) wählen kann, die
in endlich vielen Punkten, d.h. auf einer Partition von
, interpolieren. Und die Bedingung (3.2.7) ist, durch fortgesetztes Verfeinern der Partition, sogar gleichmäßig für alle
erfüllt.
Für ein allgemeines Kompaktum kann man eine derart einfache Konstruktion natürlich nicht durchführen, aber man kann statt zu interpolierenden Polygonen zu interpolierenden
-Funktionen mit
greifen. Wegen
besteht die Hoffnung, die Bedingung (3.2.8) erfüllen zu können, und da man jedes Kompaktum für jedes
durch ein endliches
-Netz rastern kann, scheint auch die Bedingung (3.2.7) in Reichweite zu sein. Die noch offene Frage, wie man zu einem gegebenem
konkret zu einem
approximierenden
mit
für ein
-Netz
in
kommen kann, wird von Jenkins mit einem Satz beantwortet, der uns bereits seit Kapitel 1 (Satz 1.1.20) wohlbekannt ist, dem Fortsetzungssatz von McShane!
Aus Lemma 3.2.4 und Lemma 3.2.6 folgt nun sofort die folgende Verallgemeinerung des Ergebnisses von de Leeuw.
Die sich aufnötigende Frage ist also: Ist die Abbildung
auf allgemeinen Hölderräumen
(für kompakte
) in Wirklichkeit immer isometrisch (und wir können es mit unserer Beweistechnik nur nicht zeigen) oder deutet das Defizit in Theorem 3.2.7 tatsächlich auf Gegenbeispiele hin? Die Antwort lautet: Wir müssen uns mehr anstrengen! Und konkreter: Wenn wir uns mehr anstrengen, dann reicht die Aussage des Fortsetzungssatzes auch mit dem Zusatzfaktor
, ja sie würde sogar mit einem beliebigen Zusatzfaktor
ausreichen! Und die Mühe lohnt sich: So werden wir am Ende (siehe Bemerkung 3.5.5) vor der grotesken Tatsache stehen, daß Lemma 3.2.6 wundersamerweise auch für komplexwertige Funktionen gilt.