next up previous contents
Nächste Seite: Beweisvarianten für Räume komplexwertiger Aufwärts: Die Dualität Vorherige Seite: Der Ausgangspunkt von de Leeuw   Inhalt

Der isometrische Isomorphismus durch
Approximationsansätze

Es geht in diesem Abschnitt darum, unter gewissen Einschränkungen an $ K$ zu zeigen, daß die in Definition 3.1.1 erklärte Abbildung $ I:\ell ip(K)''\to Lip(K)$ tatsächlich surjektiv und isometrisch, also ein isometrischer Isomorphismus ist. Grundlage dafür ist wieder das Vorgehen von de Leeuw in [33], dessen Essenz später von Jenkins in [24] im Hinblick auf eine wesentliche Verallgemeinerung herausgearbeitet wurde.

De Leeuw ließ sich in seinem Ansatz offenbar durch einen kurz vorher erschienenen Artikel von H. Mirkil [41] inspirieren, in dem bewiesen wird, daß für jedes $ \alpha\in (0,1)$ die trigonometrischen Polynome dicht im kleinen Lipschitzraum $ \ell ip\,\alpha$ liegen. Zur Erinnerung (siehe S. [*]): $ Lip\,\alpha$ ist der Raum aller Hölder-stetigen Funktionen zum Exponenten $ \alpha$ mit Periode $ 1$ auf $ {\mathbb{R}}$, und $ \ell ip\,\alpha$ ist der zugehörige kleine Hölderraum.

Bemerkung 3.2.1   Eigentlich beweist Mirkil etwas anderes, und sein lehrreiches Ergebnis ist an dieser Stelle zumindest einer Erwähnung wert. Mirkil betrachtet Banachräume $ X$ von $ 2\pi$-periodischen Funktionen auf $ {\mathbb{R}}$ (d.h. auf $ {\mathbb{R}}$ mod $ 2\pi$), welche translationsinvariant sind, d.h. welche mit $ f$ auch das um $ x$ nach links verschobene $ T_{x}(f)$, definiert durch $ T_{x}(f)(y)=f(x+y)\enspace\forall y\in {\mathbb{R}}$ (eventuell bis auf eine Nullmenge), enthalten. Weiter soll die Verschiebung die Norm einer Funktion nicht beeinflussen, womit man in $ \{T_{x}\}_{x\in{\mathbb{R}}}$ eine Gruppe von Isometrien auf $ X$ vorliegen hat. Jetzt kann man natürlicherweise nach derjenigen Teilmenge $ \mathcal{T}(X)$ von Funktionen $ f\in X$ fragen, für welche die Abbildung $ x\mapsto T_{x}(f)$ stetig ist. Anders ausgedrückt (vgl. 1.1 in [57]) fragt man nach dem größten invarianten Teilraum $ \mathcal{T}(X)$ von $ X$, auf dem die Gruppe $ \{T_{x}\}_{x\in{\mathbb{R}}}$ stark stetig ist.

Hier einige nette Ergebnisse (wir definieren die Funktionen aus $ X$ auf dem Intervall $ [0,2\pi]$ und wissen, was gemeint ist): Ist $ X$ der Raum aller Funktionen von beschränkter Variation auf $ [0,2\pi]$ mit der Gesamtvariation als Norm, so ist $ \mathcal{T}(X)$ gerade der Teilraum aller absolut stetigen Funktionen. Startet man bei $ X=L^{\infty}([0,2\pi])$, so landet man bei $ \mathcal{T}(X)=C([0,2\pi])$, weiter ist $ \mathcal{T}(L^{p}([0,2\pi]))=L^{p}([0,2\pi])$ für $ 1<p<\infty$ und $ \mathcal{T}(M([0,2\pi]))=L^{1}([0,2\pi])$, wenn mit $ M([0,2\pi])$ der Raum aller regulären Maße auf $ [0,2\pi]$ bezeichnet ist. Für den ``normalen'' Lipschitzraum $ Lip([0,2\pi])$ erhält man nach kurzer Rechnung $ \mathcal{T}(Lip([0,2\pi])=C^{1}([0,2\pi])$, und schließlich mit $ 0<\alpha <1$ für die Hölderfunktionen -- wie sollte es auch anders sein -- $ \mathcal{T}(Lip([0,2\pi]^{\alpha})=\ell ip([0,2\pi]^{\alpha})$. Dieses Ergebnis beweist nun Mirkil (übrigens in stark generalisierter Form) mit Hilfe des folgenden grundlegenden Satzes: Bezeichnet $ P$ die Menge aller trigonometrischen Polynome auf $ [0,2\pi]$, so ist für jeden translationsinvarianten Banachraum $ X$ (mit vernünftigen Zusatzbedingungen, die für die Hölderräume erfüllt sind) der Teilraum $ \mathcal{T}(X)$ gerade der Abschluß von $ P\cap X$ in $ X$. Und damit haben wir das Resultat, an welchem de Leeuw sich erfreute.

Natürlich (oder zum Glück!) benötigen wir den Satz von Mirkil in unserer nun folgenden Argumentation nicht wirklich. Für uns reicht die Erkenntnis, daß trigonometrische Polynome kleine Hölderfunktionen sind, und dies liegt im wesentlichen an den Sätzen 1.2.3 und 1.1.19, denn trigonometrische Polynome sind stetig differenzierbar und damit sogar Lipschitzfunktionen zum Exponenten $ \alpha=1$. (Man beachte, daß wir für $ 0<\alpha <1$ in Abschnitt 1.2, Korollar 1.2.18, die Dichtheit der $ C^{\infty}$-Funktionen in $ H_{\alpha }^{0}$, also ein Analogon zum Dichtheitsergebnis von Mirkil, bewiesen haben.) De Leeuws Idee, die Surjektivität von $ I$ zu zeigen, besteht nun darin, ein vorgegebenes $ h\in Lip\,\alpha$ durch die $ n$-ten Partialsummen $ g_{n}$, $ n\in {\mathbb{N}}$, seiner Fourierreihe anzunähern, genauer durch das $ n$-te Cesàro-Mittel dieser Summen. Da diese in $ \ell ip\,\alpha$ liegen, kann man nach Definition von $ I$ (siehe 3.1.1) $ F_{n}=i_{\ell ip\,\alpha}(g_{n})\in (\ell ip\,\alpha)''$ mit $ I(F_{n})=g_{n}$ finden, und wegen $ g_{n}\xrightarrow{\text{glm.}} h$ besteht die Hoffnung, aus den $ F_{n}$ ein $ F\in (\ell ip\,\alpha)''$ zu konstruieren, für welches dann $ I(F)=h$ gilt. Hierfür erweist sich Satz 3.1.7 einmal mehr als hilfreich. Weiter wird durch die Theorie der Fourierreihen die Normerhaltung von $ I$ gleich mitgeliefert.

Theorem 3.2.2   Die Abbildung $ I:(\ell ip\,\alpha)''\to Lip\,\alpha$ gemäß Definition 3.1.1 ist ein isometrischer Isomorphismus.

Beweis. [Beweis] Es bleibt nach Lemma 3.1.3 nur zu zeigen, daß $ I$ surjektiv und nicht echt kontraktiv ist. (Die Injektivität folgt daraus, so daß Korollar 3.1.8 hier gar nicht nötig ist.) Sei also $ h\in Lip\,\alpha$ gegeben. Wir betrachten das $ n$-te Cesàro-Mittel bzw. die $ n$-te $ (C,1)$-Partialsumme $ \sigma_{n}(h)$ der Fourierreihe von $ h$ und verweisen hierzu auf die Standardliteratur [61, Kapitel III], speziell auf die Seiten 74-76, und als Verstärkung noch auf [55, S. 129-134], dort insbesondere auf S. 133/134. Es sei an dieser Stelle vor der Verwirrung gewarnt, die de Leeuw durch die Angabe der zwar richtigen Literatur aber der falschen Transformation stiftet (abgesehen von der absolut üblichen Verwirrung über die von Fejér gesetzten Akzente). Richtig lautet der von $ [-\pi,\pi]$ auf $ [0,1]$ transformierte Fejér-Kern (siehe S. 88/89 in [61])

$\displaystyle K_{n}: K_{n}(t)=\frac{1}{n+1}\left (\frac{\sin(n+1)(\pi t-\frac{\...
...(\pi t-\frac{\pi}{2})}\right )^{2},\quad t\in{\mathbb{R}},\; n\in{\mathbb{N}}.
$

Mit diesem gilt dann für die Faltung $ K_{n}*h$

$\displaystyle K_{n}*h(x)=\int_{0}^{1}h(x+t)K_{n}(t)dt=\sigma_{n}(h)(x),
$

also nach dem Satz von Fejér

$\displaystyle \lim_{n\to\infty}K_{n}*h(x)=h(x)$ (1)

für alle $ x\in{\mathbb{R}}$ (und dies sogar gleichmäßig, was für unsere Argumentation jedoch keine Rolle spielt). Die beiden wichtigen Eigenschaften der Fejér-Kerne, nämlich ihre Nicht-Negativität und die Tatsache

$\displaystyle \int_{0}^{1}K_{n}(t)dt=1\quad \forall n\in{\mathbb{N}}
$

liefern einerseits

$\displaystyle \vert K_{n}*h(x)\vert\leq \int_{0}^{1}\vert h(x+t)\vert\vert K_{n...
... dt\leq \Vert h\Vert _{\infty}\int_{0}^{1}K_{n}(t)dt\leq\Vert h\Vert _{\infty}
$

für alle $ x\in{\mathbb{R}}$ und andererseits

$\displaystyle \frac{\vert K_{n}*h(x)-K_{n}*h(y)\vert}{\vert x-y\vert^{\alpha}}\...
...-h(y+t)\vert}{\vert x-y\vert^{\alpha}}\vert K_{n}(t)\vert dt\leq L_{\alpha}(h)
$

für alle $ x,y\in{\mathbb{R}}$, $ x\neq y$, also insgesamt

$\displaystyle \Vert K_{n}*h\Vert _{L_{\alpha}}\leq\Vert h\Vert _{L_{\alpha}}\quad\forall n\in{\mathbb{N}}.$ (2)

Da $ K_{n}*h$ ein trigonometrisches Polynom ist, liegt es in $ \ell ip\,\alpha$, und es existiert mit der kanonischen Einbettung $ i_{\ell ip\,\alpha}:\ell ip\,\alpha\to (\ell ip\,\alpha)''$ für jedes $ n\in {\mathbb{N}}$ ein Funktional $ F_{n}=i_{\ell ip\,\alpha}(K_{n}*h)$ mit

$\displaystyle F_{n}(\varphi)=\varphi(K_{n}*h)\quad\forall \varphi\in (\ell ip\,\alpha)'.
$

Aus (3.2.2) und der Tatsache, daß $ i_{\ell ip\,\alpha}$ isometrisch ist, folgt die gleichmäßige Beschränktheit der $ F_{n}$:

$\displaystyle \Vert F_{n}\Vert''=\Vert K_{n}*h\Vert _{L_{\alpha}}\leq\Vert h\Vert _{L_{\alpha}}\quad\forall n\in{\mathbb{N}}.$ (3)

Jetzt definieren wir

$\displaystyle F(\varphi)=\lim_{n\to\infty}F_{n}(\varphi)$ (4)

für alle $ \varphi\in (\ell ip\,\alpha)'$, für die dieser Grenzwert existiert. Es folgt aus (3.2.1) und der Definition der $ F_{n}$ die Existenz dieses Grenzwerts

$\displaystyle F(\delta_{x})=\lim_{n\to\infty}F_{n}(\delta_{x})=\lim_{n\to\infty}\delta_{x}(K_{n}*h)=\lim_{n\to\infty}K_{n}*h(x)=h(x)$ (5)

für alle Punktauswertungsfunktionale $ \delta_{x}$ und aus der Linearität der $ F_{n}$ damit auch für alle Elemente aus $ (\ell ip\,\alpha)'_{p}$ (siehe Definition 3.1.5). Nun liegt aber $ (\ell ip\,\alpha)'_{p}$ nach Satz 3.1.7 dicht in $ (\ell ip\,\alpha)'$ und die $ F_{n}$ sind wegen (3.2.3) gleichmäßig beschränkt. Also gibt es zu jedem $ \varepsilon >0$ und $ \varphi\in (\ell ip\,\alpha)'$ ein $ \psi\in (\ell ip\,\alpha)'_{p}$ mit $ \Vert\varphi-\psi\Vert'\leq\frac{\varepsilon }{4\Vert h\Vert _{L_{\alpha}}}$, und man folgert

$\displaystyle \vert F_{n}(\varphi)-F_{m}(\varphi)\vert$ $\displaystyle \leq \vert F_{n}(\varphi)-F_{n}(\psi)\vert+\vert F_{n}(\psi)-F_{m}(\psi)\vert+\vert F_{m}(\psi)-F_{m}(\varphi)\vert$    
  $\displaystyle \leq 2\Vert h\Vert _{L_{\alpha}}\Vert\varphi-\psi\Vert'+\vert F_{...
...{m}(\psi)\vert\leq\frac{\varepsilon }{2}+\frac{\varepsilon }{2}\leq \varepsilon$    

für $ m,n\geq M$ mit einem geeigneten $ M\in{\mathbb{N}}$, da $ (F_{n}(\psi))_{n}$ konvergiert. Damit ist auch $ (F_{n}(\varphi))_{n}$ eine Cauchyfolge, also konvergent in $ {\mathbb{R}}$ oder $ {\mathbb{C}}$, so daß $ F$ wegen (3.2.3) und (3.2.4) ein Funktional in $ (\ell ip\,\alpha)''$ mit

$\displaystyle \Vert F\Vert''\leq \Vert h\Vert _{L_{\alpha}}$ (6)

ist, für das aufgrund von (3.2.5) zudem

$\displaystyle I(F)(x)=F(\delta_{x})=h(x)\quad\forall x\in{\mathbb{R}}
$

gilt. Aus diesen beiden Tatsachen folgern wir nun die Surjektivität und mit Lemma 3.1.3 die Normerhaltung der Abbildung $ I$. $ \qedsymbol$

Bemerkung 3.2.3   Man gerät natürlich schnell in die Versuchung, der Freude über die wunderschönen funktionalanalytischen Schlußweisen, derer sich de Leeuw in der Herleitung seines Ergebnisses bedient, dadurch Ausdruck zu verleihen, nach einer möglichen Verallgemeinerung von Theorem 3.2.2 zu fragen. Selbstverständlich wird man sich schwer tun, auf allgemeinen metrischen Räumen $ K$ eine Faltung, so wie sie im obigen Beweis benutzt wurde, überhaupt erst zu definieren, denn diese setzt ja die Existenz einer Gruppenstruktur auf $ K$ voraus (oben ist es die Addition auf $ {\mathbb{R}}$), mit der man Translationen von Funktionen erhält.

Glücklicherweise hängt der rote Faden in de Leeuws Überlegungen nicht auf Gedeih und Verderb von der Existenz der Faltungen mit Fejér-Kernen ab. Vielmehr erhält man aus den Eigenschaften dieser Faltungen zunächst die Tatsache (3.2.2) und damit die wichtige gleichmäßige Beschränktheit (3.2.3) der $ F_{n}$. Weiter liefert der Satz von Fejér die Tatsache (3.2.1), womit die Grundlage für die erfolgreiche Definition (3.2.4) des Funktionals $ F$ gelegt ist. Alle weiteren Argumente hängen dann nur noch von Satz 3.1.7 und eben in letzter Konsequenz von (3.2.1) und (3.2.2) ab. Dabei reicht zur Herleitung der Surjektivität von $ I$ die Beschränktheit der Menge $ \{\Vert F_{n}\Vert''\}_{n\in{\mathbb{N}}}$ zusammen mit (3.2.1), wohingegen für die Normerhaltung von $ I$ die genaue Kenntnis der kleinsten oberen Schranke von $ \{\Vert F_{n}\Vert''\}_{n\in{\mathbb{N}}}$ -- nämlich $ \Vert h\Vert _{L_{\alpha}}$ -- erforderlich ist (sonst hätte man $ I$ nur als Isomorphismus erkannt). Viel kann man also an der Bedingung (3.2.2) nicht rütteln, damit man den Beweis, so wie er vorliegt, noch durchführen kann -- allenfalls so viel, daß man diese Bedingung wenigstens ``im Limes'' für $ n\to \infty$ noch fordert. Jedenfalls liefert diese Beweisanalyse, daß mit (3.2.1) und (3.2.2) im wesentlichen die Bedingungen gegeben sind, welche völlig unabhängig von der konkreten Gestalt des Kompaktums $ K$ mit de Leeuws Beweis auf die Surjektivität und Normerhaltung von $ I$ führen. Es soll hier nicht versäumt werden darauf hinzuweisen, daß das Verdienst, dies als erster gesehen zu haben, T. M. Jenkins (siehe [24]) gebührt. Mit Lemma 3.1.3 erhält man also das

Lemma 3.2.4   Es existiere für ein kompaktes $ K$ zu jedem $ h\in Lip(K)$ eine Folge $ (g_{n})\subseteq \ell ip(K)$, so daß die Bedingungen

$\displaystyle \lim_{n\to\infty}g_{n}(x)=h(x)\quad\forall x\in K$ (7)

und

$\displaystyle \liminf_{n\to\infty}\Vert g_{n}\Vert _{L}\leq\Vert h\Vert _{L}$ (8)

erfüllt sind. Dann ist die Abbildung $ I:\ell ip(K)''\to Lip(K)$ aus Definition 3.1.1 ein isometrischer Isomorphismus, der die natürliche Einbettung von $ \ell ip(K)$ in $ \ell ip(K)''$ auf $ \ell ip(K)$ abbildet.

Die Bedingungen dieses Lemmas fordern also die Möglichkeit, jedes $ h\in Lip(K)$ punktweise derart durch Elemente $ g_{n}$ aus $ \ell ip(K)$ annähern zu können, daß die Norm der $ g_{n}$ beliebig wenig über der von $ h$ liegt. Um diese Möglichkeit überhaupt haben zu können, müssen natürlich kleine Lipschitzfunktionen auf $ K$ erst einmal in einer ``ausreichenden Menge'' vorhanden sein. Erinnert man sich nun an die in Kapitel 1 mit Satz 1.1.13 und Bemerkung 1.1.14 begonnene Diskussion über die ``Größe'' von $ \ell ip(K)$, so wird man vermuten, daß man zumindest für Hölderräume $ \ell ip(K^{\alpha})$ mit $ 0<\alpha <1$ im Sinne des obigen Lemmas ``auf der sicheren Seite'' sein könnte. Suggeriert wird diese Vermutung durch Satz 1.1.19 und durch die Ergebnisse (1.2.1) und (1.2.2). Man könnte nämlich versuchen, die kleinen Lipschitzfunktionen $ g_{n}\in \ell ip(K^{\alpha})$, die das $ h\in Lip(K^{\alpha})$ approximieren sollen, durch große Lipschitzfunktionen aus $ Lip(K^{\beta})\subseteq \ell ip(K^{\alpha})$ für $ \alpha< \beta\leq 1$ zu konstruieren. Zu diesem Zweck benötigen wir im Hinblick auf die Bedingungen in Lemma 3.2.4 ein allgemeines Analogon zur Abschätzung (1.2.2), und dies legt Jenkins in der folgenden Form vor.

Lemma 3.2.5   Sei $ 0<\alpha<\beta\leq 1$ und $ f\in Lip(K^{\beta})$. Dann gilt

$\displaystyle \Vert f\Vert _{L_{\alpha}}\leq 2^{(\beta-\alpha)/\alpha}\Vert f\Vert _{L_{\beta}}.
$

Beweis. [Beweis] Seien $ x,y\in K$ mit $ x\neq y$ gegeben. Nach Bemerkung 1.1.7 und Satz 1.1.8 (angewandt auf $ K^{\alpha}$ und $ (K^{\alpha})'$) kann man o.B.d.A. von $ d^{\alpha}(x,y)\leq 2$ ausgehen. Damit folgt einerseits

$\displaystyle \frac{\vert f(x)-f(y)\vert}{d^{\alpha}(x,y)}= \frac{\vert f(x)-f(...
...right)^{\alpha/\alpha}\leq 2^{(\beta-\alpha)/\alpha}\Vert f\Vert _{L_{\beta}}.
$

Andererseits gilt wegen $ 2^{(\beta-\alpha)/\alpha}>1$ sowieso

$\displaystyle \Vert f\Vert _{\infty}\leq 2^{(\beta-\alpha)/\alpha}\Vert f\Vert _{L_{\beta}},
$

also insgesamt die Aussage des Lemmas. $ \qedsymbol$

Um das weitere Vorgehen von Jenkins in [24] zu motivieren, verweilen wir noch etwas bei den einfachen Hölderräumen $ H_{\alpha }$ und $ H_{\alpha }^{0}$ auf $ [0,1]$ und den Ergebnissen aus Abschnitt 1.2. Zunächst kann man wegen $ L_{\alpha}(f)=\max(\Vert f\Vert _{\infty},L_{\alpha}(f))$ für $ f\in H_{\alpha}$, $ 0<\alpha <1$, den Raum $ H_{\alpha }^{0}$ als Unterraum von $ \ell ip([0,1]^{\alpha})$ auffassen und damit jedes Funktional auf $ H_{\alpha }^{0}$ als Einschränkung eines Funktionals auf $ \ell ip([0,1]^{\alpha})$ ansehen. Da zudem die Punktauswertung $ \delta_{0}$ das Nullfunktional auf $ H_{\alpha }^{0}$ ist, haben wir auch die Wohldefiniertheit der gemäß 3.1.1 definierten Abbildung $ I:(H_{\alpha}^{0})''\to H_{\alpha}$ sowie die restlichen Aussagen von Lemma 3.1.3. Genauso gilt Satz 3.1.7 für $ H_{\alpha }^{0}$, und der Beweis zu Theorem 3.2.2 geht dann völlig analog durch (im übrigen auch für allgemeine Lipschitzräume $ \ell ip_{0}(K)$), wenn für $ H_{\alpha }^{0}$ die Bedingungen (3.2.7) und (3.2.8) des Lemmas 3.2.4 erfüllt sind. Und bei diesen landen wir, wenn wir uns den Beweis zu Satz 1.2.20 und die darauffolgenden Korollare ansehen. Dort wird klar, daß man als Folge $ (g_{n})\subseteq H_{\alpha}^{0}$ sogar Polygone (aus $ H_{1}$!) wählen kann, die $ h$ in endlich vielen Punkten, d.h. auf einer Partition von $ [0,1]$, interpolieren. Und die Bedingung (3.2.7) ist, durch fortgesetztes Verfeinern der Partition, sogar gleichmäßig für alle $ x\in [0,1]$ erfüllt.

Für ein allgemeines Kompaktum kann man eine derart einfache Konstruktion natürlich nicht durchführen, aber man kann statt zu interpolierenden Polygonen zu interpolierenden $ H_{\beta}$-Funktionen mit $ \alpha< \beta\leq 1$ greifen. Wegen $ \lim_{\beta\searrow\alpha} 2^{(\beta-\alpha)/\alpha}=1$ besteht die Hoffnung, die Bedingung (3.2.8) erfüllen zu können, und da man jedes Kompaktum für jedes $ \varepsilon >0$ durch ein endliches $ \varepsilon $-Netz rastern kann, scheint auch die Bedingung (3.2.7) in Reichweite zu sein. Die noch offene Frage, wie man zu einem gegebenem $ h\in H_{\alpha}$ konkret zu einem $ h$ approximierenden $ g\in H_{\beta}$ mit $ g(x_{i})=h(x_{i})$ für ein $ \varepsilon $-Netz $ \{x_{i}\}_{i=1}^{n}$ in $ K$ kommen kann, wird von Jenkins mit einem Satz beantwortet, der uns bereits seit Kapitel 1 (Satz 1.1.20) wohlbekannt ist, dem Fortsetzungssatz von McShane!

Lemma 3.2.6   Sei ein reellwertiges $ h\in Lip(K^{\alpha})$ für ein kompaktes $ K$ und $ 0<\alpha <1$ gegeben. Dann existiert zu jedem $ \varepsilon >0$ eine reellwertige Funktion $ g\in \ell ip(K^{\alpha})$, so daß

$\displaystyle \Vert g-h\Vert _{\infty}\leq\varepsilon$ (9)

und

$\displaystyle \Vert g\Vert _{L_{\alpha}}\leq(1+\varepsilon )^{2}\Vert h\Vert _{L_{\alpha}}$ (10)

erfüllt ist.

Beweis. [Beweis] Sei $ h\in Lip(K^{\alpha})$ nicht die Nullfunktion (sonst setzen wir $ g=h$) und o.B.d.A. $ 0<\varepsilon \leq 1$. Betrachte die Kugel $ U_{x}=\{y\in K: d^{\alpha}(x,y)<\frac{\varepsilon }{5\Vert h\Vert _{L_{\alpha}}}\}$ zu jedem $ x\in K$. Aus der Kompaktheit von $ K$ folgt dann die Existenz einer endlichen Menge $ M=\{x_{i}\}_{i=1}^{n}$ von Punkten $ x_{i}$ aus $ K$, so daß $ \{U_{x}:x\in M\}$ eine endliche Teilüberdeckung von $ K$ ist. Sei $ \lambda=\min\{d(x,y):x,y\in M,x\neq y\}$ und o.B.d.A. $ \lambda\leq 1$. Dann wähle ein $ \beta$ mit $ \alpha< \beta\leq 1$ so nahe bei $ \alpha$, daß sowohl

$\displaystyle \lambda^{\beta-\alpha}\leq\frac{1}{1+\varepsilon }$ (11)

als auch

$\displaystyle 2^{(\beta-\alpha)/\alpha}\leq 1+\varepsilon$ (12)

gilt. Für die Einschränkung $ h_{\vert M}$ von $ h$ auf $ M$ ist $ h_{\vert M}\in Lip(M^{\beta})$ klar. Konkret schließt man aus (3.2.11) (mit einer schon oft durchgeführten Rechnung) die Abschätzung

$\displaystyle \Vert h_{\vert M}\Vert _{L_{\beta}}\leq (1+\varepsilon )\Vert h_{\vert M}\Vert _{L_{\alpha}}.
$

Für das reellwertige $ h_{\vert M}\in Lip(M^{\beta})$ erhält man nun aus Satz 1.1.20 eine reellwertige Fortsetzung $ g\in Lip(K^{\beta})$ mit $ \Vert g\Vert _{L_{\beta}}=\Vert h_{\vert M}\Vert _{L_{\beta}}$, so daß insgesamt $ \Vert g\Vert _{L_{\beta}}\leq (1+\varepsilon )\Vert h\Vert _{L_{\alpha}}$ ist, und Lemma 3.2.5 liefert schließlich mit (3.2.12)

$\displaystyle \Vert g\Vert _{L_{\alpha}}\leq 2^{(\beta-\alpha)/\alpha}\Vert g\Vert _{L_{\beta}}\leq (1+\varepsilon )^{2}\Vert h\Vert _{L_{\alpha}}.
$

Um zu zeigen, daß $ h$ durch $ g$ gleichmäßig angenähert wird, wähle zu gegebenem $ x\in K$ ein $ x_{i}\in M$ mit $ x\in U_{x_{i}}$. Dann kann man wegen $ g(x_{i})=h(x_{i})$ und $ \Vert g\Vert _{L_{\alpha}}\leq 4\Vert h\Vert _{L_{\alpha}}$ (nach Wahl von $ \varepsilon \leq 1$)

$\displaystyle \vert g(x)-h(x)\vert$ $\displaystyle \leq \vert g(x)-g(x_{i})\vert+\vert h(x_{i})-h(x)\vert$    
  $\displaystyle \leq (\Vert g\Vert _{L_{\alpha}}+\Vert h\Vert _{L_{\alpha}})d^{\a...
...rt _{L_{\alpha}}\frac{\varepsilon }{5\Vert h\Vert _{L_{\alpha}}}\leq\varepsilon$    

abschätzen. $ \qedsymbol$

Aus Lemma 3.2.4 und Lemma 3.2.6 folgt nun sofort die folgende Verallgemeinerung des Ergebnisses von de Leeuw.

Theorem 3.2.7   Sei $ Lip(K^{\alpha})$ ein Raum reellwertiger Hölderfunktionen auf einem Kompaktum $ K$. Dann ist die durch Definition 3.1.1 gegebene Abbildung ein isometrischer Isomorphismus.

Bemerkung 3.2.8   Wie in Kapitel 1 in Bemerkung 1.1.21 bereits besprochen, kann man dieses Theorem für Hölderräume komplexwertiger Funktionen mit der obigen Beweistechnik nicht gewinnen, da der Fortsetzungssatz von McShane für komplexwertige Lipschitzfunktionen nur mit dem Zusatzfaktor $ \sqrt{2}$ richtig ist. Für die Bedingung (3.2.8) des Lemmas 3.2.4 ist allerdings die (zumindest ``fast'') normgleiche Fortsetzbarkeit von $ h_{\vert M}\in Lip(M^{\beta})$ zu einem $ g\in Lip(K^{\beta})$ unabdingbar. Jenkins gibt (siehe Bemerkung 1.1.21) mit der Lipschitz-vier-Punkt-Eigenschaft genau diejenigen metrischen Räume an, für die der Fortsetzungssatz von McShane in der ``scharfen'' Form -- und damit ebenso obiges Theorem -- auch für die komplexwertigen Lipschitzfunktionen gilt. Der Fortsetzungssatz in seiner allgemeinen Form liefert nach der Analyse von de Leeuws Beweis zu Theorem 3.2.2 (in Bemerkung 3.2.3) die Abbildung $ I$ lediglich (aber immerhin!) als Isomorphismus.

Die sich aufnötigende Frage ist also: Ist die Abbildung $ I$ auf allgemeinen Hölderräumen $ Lip(K^{\alpha})$ (für kompakte $ K$) in Wirklichkeit immer isometrisch (und wir können es mit unserer Beweistechnik nur nicht zeigen) oder deutet das Defizit in Theorem 3.2.7 tatsächlich auf Gegenbeispiele hin? Die Antwort lautet: Wir müssen uns mehr anstrengen! Und konkreter: Wenn wir uns mehr anstrengen, dann reicht die Aussage des Fortsetzungssatzes auch mit dem Zusatzfaktor $ \sqrt{2}$, ja sie würde sogar mit einem beliebigen Zusatzfaktor $ c\geq 1$ ausreichen! Und die Mühe lohnt sich: So werden wir am Ende (siehe Bemerkung 3.5.5) vor der grotesken Tatsache stehen, daß Lemma 3.2.6 wundersamerweise auch für komplexwertige Funktionen gilt.


next up previous contents
Nächste Seite: Beweisvarianten für Räume komplexwertiger Aufwärts: Die Dualität Vorherige Seite: Der Ausgangspunkt von de Leeuw   Inhalt
Heiko Berninger 2003-04-25