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Isometrische Darstellung von Lipschitzräumen

Im Unterschied zu den bisherigen Ergebnissen soll nun die Frage untersucht werden, wann gewisse Lipschitzräume isometrisch isomorph zu den Folgenräumen $ \ell ^{\infty }$ bzw. $ c_{0}$ sind. Die einzige Quelle hierzu scheint die Arbeit von Daniel E. Wulbert [60] aus dem Jahre 1972 zu sein. Dieser betrachtet reellwertige Funktionen auf einem kompakten metrischen Raum $ (K,d)$, die dort eine Lipschitzbedingung bezüglich $ d^{\alpha}$ erfüllen, wobei er allgemein $ \alpha>0$ zuläßt. Inwieweit dies sinnvoll ist, wenn $ d^{\alpha}$ keine Metrik mehr ist, soll hier nicht weiter diskutiert werden, jedenfalls liegen in einem solchen Fall keine Lipschitzfunktionen in der üblichen Definition (siehe Abschnitt 1.1) mehr vor und in gewissen Fällen (vergleiche Bemerkung 1.1.14) überhaupt keine kleinen Lipschitzfunktionen mehr. Natürlich ist für jedes $ \alpha>1$ mit der Höldermetrik $ d'=d^{\frac{1}{\alpha}}$ auch $ (d')^{\alpha}$ wieder eine Metrik, und man kann sich bei einer gegebenen Metrik $ d$ fragen, ab welchem $ \alpha\geq 1$ kleine Lipschitzfunktionen bezüglich $ d^{\alpha}$ schließlich konstant sein müssen. Zu solchen Fragestellungen sei auf die Artikel von J. D. Stein [46] und A. G. O'Farrell [11] verwiesen (Letzterer hat in Kapitel 1 schon Eingang gefunden, siehe Satz 1.1.16).

Dennoch wollen wir die Sätze von Wulbert in der gleichen Allgemeinheit wiedergeben, in welcher er sie formuliert hat. Für die Hauptaussagen indes ist ohnehin $ \alpha\leq 1$ vorausgesetzt. Wulbert betrachtet die mit der Lipschitznorm $ L_{\alpha}(\cdot)$ halbnormierten Räume $ Lip(K^{\alpha})$ und $ \ell ip(K^{\alpha})$, die analog wie in Kapitel 1 (vergleiche die Definitionen 1.1.1 und 1.1.18) definiert sind (auch wenn $ d^{\alpha}$ keine Metrik mehr ist). Genauso wie in der Herleitung von Satz 1.1.6 wird dann der Unterraum $ N$ der konstanten Funktionen herausfaktorisiert und

$\displaystyle H(K^{\alpha})=Lip(K^{\alpha})/N$   sowie$\displaystyle \quad \Lambda(K^{\alpha})=\ell ip(K^{\alpha})/N
$

definiert. Diese Räume sind auch für $ \alpha>1$ Banachräume, und es gilt Satz 1.1.6 gleichermaßen. Wir werden in der konkreten Beweisarbeit die Elemente von $ H(K^{\alpha})$ meist als Funktionen im pseudonormierten Raum $ Lip(K^{\alpha})$ (d.h. modulo Konstanten) auffassen. Diese können bei uns sowohl reell- als auch komplexwertig sein.

Um einen ersten Eindruck von Wulberts Leistung zu bekommen und damit auch die Motivation, seine Gedankengänge nachzuvollziehen, wollen wir an dieser Stelle gleich sein beeindruckendes Hauptergebnis vorstellen.

Theorem 2.4.1   Für $ 0<\alpha\leq 1$ und einen kompakten metrischen Raum $ K$ betrachte die folgenden drei Eigenschaften:
  1. $ \Lambda(K^{\alpha})$ ist isometrisch isomorph zu $ c_{0}$ und trennt die Punkte von $ K$.
  2. Es existiert ein isometrischer Isomorphismus von $ \ell ^{\infty }$ auf $ H(K^{\alpha})$, der $ c_{0}$ auf $ \Lambda(K^{\alpha})$ abbildet, und $ \Lambda(K^{\alpha})$ trennt die Punkte von $ K$.
  3. $ \alpha=1$ und $ K$ ist isometrisch zu einer nirgends dichten unendlichen Teilmenge der reellen Achse.
Dann gelten die Implikationen (i) $ \Rightarrow$ (ii) $ \Rightarrow$ (iii) und darüberhinaus (iii) $ \Rightarrow$ (i), wenn in (iii) zusätzlich $ K$ als Lebesgue-Nullmenge angenommen wird.

Dieses Theorem hat es in sich, und es sei schon an dieser Stelle darauf hingewiesen: Wir werden es nicht ganz verstehen. Die Implikation (i) $ \Rightarrow$ (ii) wird in einem Punkt mysteriös bleiben. Die intensive Auseinandersetzung mit der Beweislücke, auf die wir an der geeigneten Stelle natürlich heftig eingehen werden (und zwar im Anschluß an den Beweis zu Satz 2.4.3), führte schließlich zu dem Bestreben, ein Gegenbeispiel zu finden. Im Zuge dessen tauchte jedoch statt eines Gegenbeispiels ein Fehler im Beweis eines anderen zu diesem Theorem gehörigen Satzes auf (woraufhin die Suche nach dem Gegenbeispiel aufgegeben wurde). Der Beweis dieses Satzes konnte korrigiert werden, was allerdings auch eine Korrektur der Aussage des Satzes nach sich zog (siehe die Bemerkungen 2.4.8 und 3.5.6). Deshalb kommt obiges Theorem nicht mehr, wie von Wulbert gewünscht, als die schöne Äquivalenzaussage (i) $ \Leftrightarrow$ (ii) $ \Leftrightarrow$ (iii) daher und bleibt nach wie vor in einem entscheidenden Beweisschritt unklar. Da ist es erst einmal beruhigend zu wissen, daß der Beweis dieses Theorems häppchenweise durchgeführt wird. Wir werden auf mehrere Zwischenergebnisse stoßen, von denen einige Allgemeineres liefern und zudem auch für sich genommen schon von Interesse sind, d.h. es lohnt sich auf alle Fälle weiterzulesen!

Besonders auffällig an dem Theorem ist sicher die Information, daß isometrische Isomorphismen zwischen den betrachteten Lipschitzräumen und den entsprechenden Folgenräumen ``praktisch nie'' vorliegen. Warum dies so ist, können wir erst nach einiger aufwendiger Vorbereitung einsehen. Weiter sticht die Zusatzvoraussetzung der Punktetrennung von $ \Lambda(K^{\alpha})$ ins Auge. Der Grund hierfür liegt in der Notwendigkeit, die Menge der Extremalpunkte ext$ \,B_{\Lambda(K^{\alpha})'}$ der Einheitskugel von $ \Lambda(K^{\alpha})'$ genau zu kennen. (Dies ist, wenn es um isometrische Isomorphismen geht, ``oft'' der Fall. Zum Beispiel liefert ein isometrischer Isomorphismus $ T: X\to Y$ mit seiner Adjungierten $ T'$ und $ T'(\mathop{\rm ext}\nolimits B_{Y'})=\mathop{\rm ext}\nolimits B_{X'}$ stets eine Bijektion zwischen den Extremalpunkten der beteiligten Einheitskugeln in den Dualräumen; vergleiche hierzu Lemma 2.4.13.) Als zentral auf dem Weg dahin werden sich die im folgenden definierten Funktionale $ \xi(x,y)$ auf $ \Lambda(K^{\alpha})$ und deren Fortsetzungen $ \bar{\xi}(x,y)$ auf $ H(K^{\alpha})$ heraustellen.

Definition 2.4.2   Mit $ x,y\in K,$ $ x\neq y$, ist das Funktional $ \bar{\xi}(x,y)\in H(K^{\alpha})'$ durch

$\displaystyle \bar{\xi}(x,y)(f)=\frac{f(x)-f(y)}{d(x,y)^{\alpha}}\quad \forall f\in H(K^{\alpha})
$

erklärt. Seine Einschränkung auf $ \Lambda(K^{\alpha})$ sei mit $ \xi(x,y)$ bezeichnet. Die Funktionale $ \bar{\xi}(x,y)$ seien in der Menge $ \overline{E}'\subseteq H(K^{\alpha})'$ und ihre Einschränkungen $ \xi(x,y)$ in $ E'\subseteq \Lambda(K^{\alpha})'$ zusammengefaßt. Weiter setzen wir

$\displaystyle E'_{{\mathbb{K}}}=\{\beta\, \xi(x,y):\beta\in S_{{\mathbb{K}}}, \xi(x,y)\in E'\},
$

wobei $ S_{{\mathbb{K}}}$ die Einheitssphäre in $ {\mathbb{K}}={\mathbb{R}}$ oder $ {\mathbb{C}}$ bezeichnet.

Mit der Voraussetzung der Punktetrennung ist keines der $ \bar{\xi}(x,y)$ im Annihilator von $ \Lambda(K^{\alpha})$. Des weiteren erweist sich $ E'$ als reichhaltig genug, um für $ {\mathbb{K}}={\mathbb{R}}$ alle Extremalpunkte der Einheitskugel $ B_{\Lambda(K^{\alpha})'}$ zu enthalten (es gilt sogar noch mehr, siehe Lemma 2.4.4). Im Falle $ {\mathbb{K}}={\mathbb{C}}$ benötigen wir hierfür $ E'_{{\mathbb{C}}}$, wohingegen $ E'_{{\mathbb{R}}}=E'$ wegen $ -\xi(x,y)=\xi(y,x)$ gilt. Wir werden zudem im Beweis des nächsten Satzes 2.4.3 sehen, daß die Funktionale $ \bar{\xi}(x,y)$ auf natürliche Weise Anlaß zu einem ``Ersatz'' für die Punktauswertungsfunktionale geben, die es ja auf $ \Lambda(K^{\alpha})$ bzw. $ H(K^{\alpha})$ nicht gibt, denn dort sind die Funktionen nur bis auf eine additive Konstante bestimmt. (Die Menge $ \overline{E}'$ beinhaltet also in gewissem Sinne die einfachsten Funktionale, die man sich auf $ \Lambda(K^{\alpha})$ oder $ H(K^{\alpha})$ vorstellen kann.)

Der nächste Satz liefert -- mit dem schon angekündigten lückenhaften Beweis -- insbesondere die Implikation (i) $ \Rightarrow$ (ii) im obigen Theorem. Wir werden jedoch sehen, daß er noch mehr bringt, und er ist von Wulbert in voller Allgemeinheit ohne Einschränkung an $ \alpha>0$ formuliert.

Satz 2.4.3   Für einen kompakten metrischen Raum $ K$ und ein $ \alpha>0$ sei $ \Lambda(K^{\alpha})$ isomorph zu $ c_{0}$ und trenne die Punkte von $ K$. Dann gibt es einen isometrischen Isomorphismus von $ H(K^{\alpha})$ auf $ \Lambda(K^{\alpha})''$, der $ \Lambda(K^{\alpha})$ auf seine natürliche Einbettung in $ \Lambda(K^{\alpha})''$ abbildet.

Wir fangen beim folgenden Lemma an, das zur ``Entlastung'' des Beweises diesem vorgeschaltet werden soll. Es betrifft die Reichhaltigkeit der oben definierten Mengen $ E'$ bzw. $ \overline{E}'_{{\mathbb{K}}}$, und wir werden nachher sehen, daß zu seinem Beweis alleine die Kompaktheit von $ K$ ausreichen würde. Im folgenden sei $ \mathop{\rm co}\nolimits A$ wie üblich die konvexe Hülle von $ A$, die Norm in $ \Lambda(K^{\alpha})'$ sei mit $ \Vert\,{\cdot}\,\Vert'$ und die Norm in $ \Lambda(K^{\alpha})''$ mit $ \Vert\,{\cdot}\,\Vert''$ bezeichnet.

Lemma 2.4.4   Unter den Voraussetzungen von Satz 2.4.3 gilt

$\displaystyle \mathop{\rm ext}\nolimits B_{\Lambda(K^{\alpha})'}\subseteq E_{{\mathbb{K}}}'
$

und darüberhinaus

$\displaystyle B_{\Lambda(K^{\alpha})'}\subseteq \overline{\mathop{\rm co}\nolimits E'_{{\mathbb{K}}}}^{\Vert\,{\cdot}\,\Vert'}.
$

Der Beweis besteht aus einer Abfolge von Argumenten, die für Könner sicherlich zum Standardrüstzeug zählen und daher bisweilen gar nicht mehr eigens genannt werden.

Beweis. [Beweis] Zunächst beobachtet man, daß jede Funktion in $ \Lambda(K^{\alpha})$ ihre Norm an einem Punkt von $ E'\subseteq \Lambda(K^{\alpha})'$ annimmt. An dieser Stelle benutzt man neben der $ \ell ip$-Bedingung die Kompaktheit von $ K$. Versieht man $ E'$ mit der $ w^{*}$-Topologie, schließt man damit, daß $ \Lambda(K^{\alpha})$ isometrisch isomorph zu einem Unterraum von $ C_{0}(E')$ ist. Dies geschieht kanonisch (vergleiche den Beweis zu VIII.3.13 in [55]) vermittels der Abbildung $ j:f\mapsto j(f)$ mit $ j(f)(\xi(x,y))=\xi(x,y)(f)$, mit welcher $ \Vert j(f)\Vert _{\infty}=\sup_{\xi(x,y)\in E'}\vert\xi(x,y)(f)\vert=L_{\alpha}(f)$ gilt.

Um nachzuweisen, daß $ j(f)$ für alle $ f\in \Lambda(K^{\alpha})$ tatsächlich in $ C_{0}(E')$ liegt, muß man zu jedem $ \varepsilon >0$ eine $ w^{*}$-kompakte Teilmenge $ E'_{f}\subseteq E'$ finden, mit der $ \vert\xi(x,y)(f)\vert<\varepsilon $ für alle $ \xi(x,y)\notin E'_{f}$ gilt. Sei also $ \varepsilon >0$ gegeben. Dann finden wir ein $ \delta>0$, so daß $ \frac{\vert f(x)-f(y)\vert}{d^{\alpha}(x,y)}<\varepsilon $ aus $ d^{\alpha}(x,y)<\delta$ folgt, und betrachten die Menge

$\displaystyle E'_{f}=\{\xi(x,y): d(x,y)\geq \delta^{\frac{1}{\alpha}}\},
$

mit welcher dann $ \vert\xi(x,y)(f)\vert<\varepsilon $ für $ \xi(x,y)\notin E'_{f}$ gilt. Daß $ E'_{f}$ tatsächlich $ w^{*}$-kompakt ist, sieht man durch Betrachtung der auf $ \tilde{K}=K^2\backslash \mathop{\rm diag}\nolimits (K^2)$ offensichtlich stetigen Abbildung $ (x,y)\mapsto \frac{f(x)-f(y)}{d^{\alpha}(x,y)}$ ein. Diese liefert die $ w^{*}$-Stetigkeit der durch $ (x,y)\mapsto \xi(x,y)$ definierten Abbildung $ \varXi:\tilde{K}\to \Lambda(K^{\alpha})'$. Aus der Kompaktheit von $ \{(x,y): d(x,y)\geq \delta^{\frac{1}{\alpha}}\}$ folgt nun die $ w^{*}$-Kompaktheit von $ E'_{f}=\varXi(\{(x,y): d(x,y)\geq \delta^{\frac{1}{\alpha}}\})$.

Mit dem Ergebnis, daß $ \Lambda(K^{\alpha})$ isometrisch in $ C_{0}(E')$ einbettet, kann man nun

$\displaystyle \mathop{\rm ext}\nolimits B_{\Lambda(K^{\alpha})'}\subseteq E_{{\mathbb{K}}}'
$ (1)

schließen. Auch dies ist Standard. Zunächst kann man mit der obigen Abbildung $ \varXi$ leicht einsehen, daß $ E'$ lokalkompakt ist, denn ist mit gewissen $ f_{i}\in\Lambda(K^{\alpha})$, $ i=1,\dots, n$, und einem $ \varepsilon >0$ eine $ w^{*}$-Umgebung

$\displaystyle U(\xi(x,y))=\{\xi(\tilde{x},\tilde{y}):\vert\xi(x,y)(f_{i})-\xi(\...
...tilde{y})(f_{i})\vert\leq \varepsilon \enspace
\forall f_{i},\, i=1,\dots,n\}
$

eines Punktes $ \xi(x,y)\in E'$ gegeben, so findet man ein $ \delta>0$, so daß mit der kompakten Umgebung ($ \delta$ sei hierfür klein genug gewählt)

\begin{displaymath}\begin{split}V(x,y)=\{ & (\tilde{x},\tilde{y}):(d(x,\tilde{x}...
...\varepsilon \enspace \forall f_{i},\, i=1,\dots,n\} \end{split}\end{displaymath}    

von $ (x,y)\in\tilde{K}$ die Relation $ \varXi(V(x,y))\subseteq U(\xi(x,y))$ gilt. Jetzt kann man den Rieszschen Darstellungssatz (II.2.5 und S. 89 in [55]) auf $ C_{0}(E')$ anwenden und erhält (siehe Beispiel (f) auf S. 350 in [55])

$\displaystyle \mathop{\rm ext}\nolimits B_{C_{0}(E')'}=\{\beta\,\delta_{\xi(x,y)}:\vert\beta\vert=1\},
$

wobei für jedes $ j(f)\in C_{0}(E')$ mit einem $ f\in \Lambda(K^{\alpha})$ die Gleichheit

$\displaystyle \beta\,\delta_{\xi(x,y)}(j(f))=\beta\, j(f)(\xi(x,y))=\beta\,\xi(x,y)(f)
$

folgt. Da ein Element von $ \mathop{\rm ext}\nolimits B_{j(\Lambda(K^{\alpha})')}$ stets die Einschränkung eines Elements von $ \mathop{\rm ext}\nolimits B_{C_{0}(E')}$ auf $ j(\Lambda(K^{\alpha}))$ ist (dies ist eine Anwendung von Hahn-Banach und Krein-Milman, siehe VIII.6.28 in [55]), erhalten wir damit schließlich die Relation (2.4.1).

Weil $ \Lambda(K^{\alpha})'\simeq c_{0}' \cong \ell^{1}$ ein separabler Dualraum ist, folgt mit (2.4.1) jetzt aus dem Satz von Bessaga-Pe\lcyznski (siehe 23.C. in [20]), daß sich jedes Funktional in der Einheitskugel von $ \Lambda(K^{\alpha})'$ im Norm-Abschluß der konvexen Hülle von $ E_{{\mathbb{K}}}'$ befindet. $ \qedsymbol$

Man sieht schnell, daß zum Beweis des Lemmas nur die Kompaktheit von $ K$ und die Separabilität des Dualraums $ \Lambda(K^{\alpha})'$ benötigt wurde. Anwenden werden wir dieses Lemma im Beweis von Satz 2.4.3 und zum Nachweis der Implikation (ii) $ \Rightarrow$ (iii) des Theorems 2.4.1, und dort ist die Isomorphie von $ \Lambda(K^{\alpha})$ zu $ c_{0}$ vorausgesetzt, also auch die Separabilität von $ \Lambda(K^{\alpha})'$. Interessanterweise ist es aber gar nicht nötig, diese Zusatzvoraussetzung an $ \Lambda(K^{\alpha})'$ zu stellen, da sie bereits von alleine erfüllt ist. Wir werden nämlich in Abschnitt 3.1 zeigen (und die Überlegungen dort gehen für beliebiges $ \alpha>0$ durch), daß schon aus der Kompaktheit von $ K$ die Separabilität von $ \ell ip(K)'$ folgt (siehe Satz 3.1.9). Mit Satz 1.1.6 erhalten wir damit auch die Separabilität von $ \Lambda(K^{\alpha})'$.

Es wurde oben bereits angedeutet, daß man mit den $ \xi(x,y)$ die Punktauswertungsfunktionale, die es ja auf $ \Lambda(K^{\alpha})$ gar nicht gibt, simulieren kann. Statt einer Punktauswertung wird man mit einer Verankerung in einem Punkt $ x_{0}\in K$ das ``Differenzenfunktional'' $ f\mapsto f(x)-f(x_{0})$ an der Stelle $ x$ betrachten. Genau dies wird im folgenden getan, und dabei tritt eine Abbildung $ I$ in Erscheinung, die wir in völlig analoger Form und mit den entsprechenden Eigenschaften bereits in Bemerkung 1.1.23 kennengelernt haben (deshalb benutzen wir hier die gleichen Bezeichnungen) und mit der man aus Elementen von $ \Lambda(K^{\alpha})''$ Funktionen auf $ K$ machen kann. Die Beziehung von $ I$ mit den Funktionalen $ \xi(x,y)$ bzw. $ \bar{\xi}(x,y)$ in (2.4.2) zeigt nun, wo man mit diesen Funktionen landet.

Beweis. [Beweis von Satz 2.4.3] Mit einem beliebigen Punkt $ x_{0}\in K$ definiere die Abbildung

$\displaystyle I:\Lambda(K^{\alpha})''\to H(K^{\alpha})
$

$\displaystyle I(F)(x)=d^{\alpha}(x,x_{0})F(\xi(x,x_{0})).
$

Ist $ F=i_{\Lambda(K^{\alpha})}(f)$ für eine Funktion $ f\in \Lambda(K^{\alpha})$, so gilt offensichtlich $ I(F)(x)=d^{\alpha}(x,x_{0})\xi(x,x_{0})(f)=f(x)-f(x_{0})$, d.h. modulo Konstanten $ I(F)=f.$ Dies liefert später die Aussage des Satzes über die natürliche Einbettung. Wendet man $ F\in \Lambda(K^{\alpha})''$ auf die offensichtliche Gleichung

$\displaystyle d^{\alpha}(x,x_{0})\xi(x,x_{0})-d^{\alpha}(y,x_{0})\xi(y,x_{0})-d^{\alpha}(x,y)\xi(x,y)=0
$

an, so ergibt sich

$\displaystyle \bar{\xi}(x,y)(I(F))=F(\xi(x,y))\quad\forall\,\xi(x,y)\in E'.$ (2)

Wegen $ \Vert\xi(x,y)\Vert'\leq 1$ folgt damit $ I(F)\in H(K^{\alpha})$ und $ L_{\alpha}(I(F))\leq \Vert F\Vert''.$ Hier gilt aber sogar Gleichheit, d.h. $ I$ ist isometrisch.

Gezeigt wird hierfür, daß die Informationen durch die $ \xi(x,y)$ schon ausreichen, um die Norm $ \Vert F\Vert''$ zu bestimmen, und an dieser Stelle fließt das obige Lemma ein. Dieses liefert nämlich mit (2.4.2) die Normgleichheit

$\displaystyle \Vert F\Vert''=\sup_{\xi\in\overline{\mathop{\rm co}\nolimits }E'...
...t=\sup_{\bar{\xi}\in \overline{E}'}\vert\bar{\xi}(I(F))\vert=L_{\alpha}(I(F)).
$

Zum Beweis der Surjektivität von $ I$ wird eine Inverse angegeben:

Hierfür benutzt man nun, daß es einen Isomorphismus $ T:\Lambda(K^{\alpha})\to c_{0}$ gibt, und wendet einmal mehr das obige Lemma 2.4.4 an, diesmal konkret auf das auf $ 1$ normierte Element $ \frac{e_{i}\circ T}{\Vert e_{i}\circ T\Vert'}\in S_{\Lambda(K^{\alpha})'}$, wobei mit $ e_{i}$ das Funktional auf $ c_{0}$, welches die $ i$-te Koordinate auswertet, bezeichnet sei. Man findet also Elemente $ \beta_{p,q}^{i}\xi_{p,q}^{i}\in E'_{{\mathbb{K}}}$ und $ \lambda_{p,q}^{i}>0$ mit $ \sum_{p=1}^{n_{i,q}}\lambda_{p,q}^{i}=1,$ so daß in der Norm-Topologie von $ \Lambda(K^{\alpha})'$

$\displaystyle \lim_{q} \sum_{p=1}^{n_{i,q}}\beta_{p,q}^{i}\lambda_{p,q}^{i}\xi_{p,q}^{i}=\frac{e_{i}\circ T}{\Vert e_{i}\circ T\Vert'}\,$ (3)

gilt. Sind zu den Funktionalen $ \xi_{p,q}^{i}$ die Punkte $ x_{p,q}^{i}$ und $ y_{p,q}^{i}$ in $ K$ assoziiert und betrachtet man deren Fortsetzungen $ \bar{\xi}^{i}_{p,q}\in H(K^{\alpha})'$, so hat man für jedes $ f\in H(K^{\alpha})$ die Abschätzung

$\displaystyle \left\vert\,\sum_{p=1}^{n_{i,q}}\beta_{p,q}^{i}\lambda_{p,q}^{i}\...
....q}^{i})}{d^{\alpha}(x_{p.q}^{i},y_{p,q}^{i})}\,\right\vert\leq L_{\alpha}(f),
$

d.h. für jedes $ i\in {\mathbb{N}}$ ist das Netz der Funktionale

$\displaystyle \varphi_{i,q}=\sum_{p=1}^{n_{i,q}}\beta_{p,q}^{i}\lambda_{p,q}^{i}\bar{\xi}_{p,q}^{i}$ (4)

in der $ w^{*}$-kompakten Einheitskugel $ B_{H(K^{\alpha})'}$, so daß ein Teilnetz $ (\varphi_{i,q'})$ davon (dieses muß ja, obwohl $ (\varphi_{i,q})_{q\in {\mathbb{N}}}$ ``nur'' eine Folge ist, keine Teilfolge sein, siehe S. 438 f in [55]) im $ w^{*}$-Sinne gegen ein Funktional $ b_{i}\in B_{H(K^{\alpha})'}$ konvergiert. Nun ist für jedes $ f\in H(K^{\alpha})$ die Folge $ (b_{i}(f))\in \ell^{\infty}$ mit $ \Vert(b_{i}(f))\Vert _{\infty}\leq L_{\alpha}(f)$ wegen $ b_{i}\in B_{H(K^{\alpha})'}$ $ \forall i\in {\mathbb{N}}$. Mit dem (adjungierten) Isomorphismus

$\displaystyle T'': \Lambda(K^{\alpha})''\to \ell^{\infty}\cong c_{0}''
$

existiert zu jedem $ f\in H(K^{\alpha})$ damit ein eindeutig bestimmtes Element $ J(f)\in \Lambda(K^{\alpha})''$ mit $ T''(J(f))=(b_{j}(f)\Vert e_{j}\circ T\Vert')_{j\in{\mathbb{N}}}$ ( $ \in \ell^{\infty}$ wegen $ \Vert e_{j}\circ T\Vert'\leq\Vert T\Vert$). Wir haben also eine Abbildung

$\displaystyle J: H(K^{\alpha})\to\Lambda(K^{\alpha})''
$

vorliegen, für welche man bei Anwendung von $ T''(J(f))$ auf ein Koordinatenauswertungsfunktional $ e_{i}\in c_{0}'\cong \ell^{1}$ auf die folgende Gleichung stößt:

$\displaystyle J(f)(e_{i}\circ T)=J(f)(T'e_{i})=T''(J(f))(e_{i})=(b_{j}(f)\Vert e_{j}\circ T\Vert')\,(e_{i})=b_{i}(f)\Vert e_{i}\circ T\Vert'.
$

Nun ist ein Funktional auf $ \ell^{1}$ durch seine Werte auf den $ e_{i}$ für alle $ i\in {\mathbb{N}}$ eindeutig bestimmt, so daß damit auch $ J$ durch

$\displaystyle J(f)\left(\frac{e_{i}\circ T}{\Vert e_{i}\circ T\Vert'}\right)=b_{i}(f)\quad\forall\, i\in {\mathbb{N}}$ (5)

für jedes $ f\in H(K^{\alpha})$ eindeutig bestimmt ist.

Jetzt beweisen wir $ J\circ I=Id$ auf $ \Lambda(K^{\alpha})''$, und nach dem gerade Gezeigten reicht hierfür der Nachweis, daß für jedes $ i\in {\mathbb{N}}$ die Aussage

$\displaystyle F\left(\frac{e_{i}\circ T}{\Vert e_{i}\circ T\Vert}\right)=b_{i}(I(F))\quad\forall\, F\in \Lambda(K^{\alpha})''
$

richtig ist. Da für alle $ i\in {\mathbb{N}}$ aber $ b_{i}=w^{*}$-$ \lim_{q'}\varphi_{i,q'}$ gilt, folgt für alle $ I(F)\in H(K^{\alpha})$ in $ {\mathbb{K}}$ die Gleichheit

$\displaystyle b_{i}(I(F))=\lim_{q'} \sum_{p=1}^{n_{i,q'}}\lambda_{p,q'}^{i}\beta_{p,q'}^{i}\bar{\xi}_{p,q'}^{i}(I(F)).
$

Wegen (2.4.2), der Linearität und der Stetigkeit von $ F:\Lambda(K^{\alpha})'\to {\mathbb{K}}$ ist dies nach Satz B.2.3 in [55] (``Netzstetigkeit'') gleich

$\displaystyle F\left(\lim_{q'} \sum_{p=1}^{n_{i,q'}}\lambda_{p,q'}^{i}\beta_{p,q'}^{i}\xi_{p,q'}^{i}\right),
$

und letzteres ist (der Grenzwert liegt jetzt in der Norm $ \Vert\,{\cdot}\,\Vert'$ auf $ \Lambda(K^{\alpha})'$ vor) mit (2.4.3) wie gewünscht

$\displaystyle F\left(\frac{e_{i}\circ T}{\Vert e_{i}\circ T\Vert'}\right).
$

$ \qedsymbol$

An dieser Stelle endet der Beweis von Wulbert und jagt den Leser, der nicht genau hingesehen hat, ins Bockshorn. Gezeigt wurde nämlich mit $ J\circ I=Id$ nicht die Surjektivität, sondern einmal mehr die Injektivität von $ I$. Nun ist mit $ J$ als Linksinverser von $ I$ zwar der einzig mögliche Kandidat für die Inverse von $ I$ gefunden, der Beweis für die Injektivität von $ J$ steht aber noch aus. Aufgrund der Tatsache, daß $ J$ durch (2.4.5) für jedes $ f\in H(K^{\alpha})$ eindeutig bestimmt ist, weiß man, was noch zu zeigen ist, nämlich die Implikation

$\displaystyle \left(b_i(f)=0\enspace\forall i\in {\mathbb{N}}\right)\Longrightarrow f=0.$ (6)

Wulbert selbst ließ auf Nachfrage hierzu lediglich folgendes wissen: ``It has been quite a long time since I thought about that topic, and I have forgotten the details of the arguments used there.'' So darf also noch darüber spekuliert werden, ob er es nun wußte oder nicht. Bis zur Klärung dieser Frage jedoch bleibt man wohl oder übel auf eigene Untersuchungen angewiesen. Wegen $ b_{i\vert\Lambda(K^{\alpha})}=\frac{e_{i}\circ T}{\Vert e_{i}\circ T\Vert'}$ ist die Implikation (2.4.6) jedenfalls für alle $ f\in \Lambda(K^{\alpha})$ richtig. Die Aufgabe besteht also darin, sie von $ \Lambda(K^{\alpha})$ nach $ H(K^{\alpha})$ ``hochzuheben'', und hierfür wird es notwendig sein, im Raum $ \Lambda(K^{\alpha})$ genügend viele Elemente zu haben, die ``aussagekräftig'' genug sind, um (2.4.6) auch für alle großen Lipschitzfunktionen auf $ K^{\alpha}$ zu gewährleisten. Die Voraussetzung $ \Lambda(K^{\alpha})\simeq c_{0}$ alleine reicht dafür nicht, wie schon ein Blick auf den noch ausstehenden Satz 2.4.7 und dessen Beweis suggeriert: Hängt man an $ C$ noch ein Intervall $ [b,c]$ und betrachtet $ \tilde{C}:=C\cup [b,c]$, so entstehen dadurch ``praktisch'' keine neuen kleinen Lipschitzfunktionen ( $ \Lambda(C^{\alpha})\cong\Lambda(\tilde{C}^{\alpha})$!), wohl aber neue große Lipschitzfunktionen. In Kapitel 3 wird deutlich werden (siehe Theorem 3.5.3 und Bemerkung 3.5.6), daß hier die Punktetrennung von $ \Lambda(K^{\alpha})$ unbedingt einfließen muß. Diese sichert ja zumindest (mit Satz 1.1.3) nach dem Satz von Stone-Weierstraß, daß $ \Lambda(K^{\alpha})$ bezüglich der Supremumsnorm dicht im Raum der stetigen Funktionen $ C(K)/N$ (faktorisiert nach den konstanten Funktionen) und damit natürlich (bezüglich dieser Norm) auch dicht in $ H(K^{\alpha})$ liegt. Hierbei sei die Supremumsnorm auf natürliche Weise durch

$\displaystyle \Vert f\Vert _{\infty}:=\sup_{x,y\in K}\vert f(x)-f(y)\vert\quad\forall f\in C(K)/N
$

definiert, wodurch man sofort die Abschätzung

$\displaystyle \Vert f\Vert _{\infty}\leq L_{\alpha}(f)\mathop{\rm diam}\nolimits (K)\quad\forall f\in H(K^{\alpha})
$

erhält.

Wir wollen nun, da uns zunächst nichts anderes übrig bleibt, den Beweis von Satz 2.4.3 am Beispiel des einfachen von Ciesielski (siehe Abschnitt 2.1: Satz 2.1.1 und Theorem 2.1.2) betrachteten Isomorphismus $ T:\Lambda([0,1]^{\alpha})\cong H_{\alpha}^{0}\to c_{0}$ durchgehen. Bezeichnen wir mit $ \{c_{n}\}_{n\in {\mathbb{N}}}$ die kanonische Einheitsvektorbasis im Folgenraum $ c_{0}$, so erhält man in der Menge $ \{T^{-1}c_{n}\}_{n\in{\mathbb{N}}}$ gerade die Schauderbasis $ \{\varphi_{n}^{(\alpha)}\}_{n\in{\mathbb{N}}}$ in $ H_{\alpha }^{0}$, die ja auch eine Schauderbasis in $ C_{0}([0,1])$ bezüglich der Supremumsnorm ist. Man hat also

$\displaystyle f=\sum_{n=1}^{\infty}a_{n}(f)\,T^{-1}c_{n}\quad\forall f\in H([0,1]^{\alpha})$ (7)

in der $ \Vert\,{\cdot}\,\Vert _{\infty}$-Norm mit gewissen $ a_{n}(f)$, von deren gleichmäßiger Beschränktheit wir ja schon wissen. Wichtiger aber ist die Art ihrer Berechnung, gegeben in (2.1.3) (bzw. (2.1.2)) als einfache Konvexkombination von nur zwei $ \bar{\xi}(u,v)\in H([0,1]^{\alpha})'$, nämlich als $ \frac{1}{2}(\bar{\xi}(x_n,y_n)+\bar{\xi}(x_n,z_n))$ mit gewissen $ x_n,y_n$ und $ z_n$ (wobei $ x_n=\frac{1}{2}(y_n+z_n)$ ist), angewandt auf $ f$. Beachte nun, daß man aufgrund der Konvergenz der Reihe $ \sum_{n=1}^{\infty}a_{n}(f)\,T^{-1}c_{n}$ im Raum $ \Lambda([0,1]^{\alpha})$ für jedes $ i\in {\mathbb{N}}$ die einfache Gleichheit

$\displaystyle e_{i}\circ T(f)=e_{i}\circ T\left(\sum_{n=1}^{\infty}a_{n}(f)\,T^{-1}c_{n}\right)=a_{i}(f)\quad\forall f\in \Lambda([0,1]^{\alpha})
$

ermittelt. Im Hinblick auf (2.4.3) bzw. (2.4.4) und die gerade gemachte Beobachtung ist damit jedes $ \varphi_{i,q}$ für festes $ i\in {\mathbb{N}}$ konstant als die einfachen Summe $ \frac{1}{2}(\bar{\xi}(x_i,y_i)+\bar{\xi}(x_i,z_i))$ wählbar, womit dann auch $ b_{i}$ diese Gestalt hat -- man beachte hierfür noch die Tatsache $ e_{i}\circ T(\varphi_{i}^{(\alpha)})=1$ mit $ L_{\alpha}(\varphi_{i}^{(\alpha)})=1$ $ \forall i\in {\mathbb{N}}$, also $ \Vert e_{i}\circ T\Vert'=1$ $ \forall i\in {\mathbb{N}}$, da hier $ \Vert T\Vert=1$ gilt. Damit sind aber die $ b_{i}$ $ \forall i\in {\mathbb{N}}$ sogar stetig bezüglich der Supremumsnorm, und man erhält mit (2.4.7) einfach

$\displaystyle b_{i}(f)$ $\displaystyle = b_{i}\left(\sum_{n=1}^{\infty}a_{n}(f)\,T^{-1}c_{n}\right)=\sum_{n=1}^{\infty}a_{n}(f)b_{i}(T^{-1}c_{n})$    
  $\displaystyle =\sum_{n=1}^{\infty}a_{n}(f)\frac{e_{i}\circ T}{\Vert e_{i}\circ T\Vert'}(T^{-1}c_{n})=\frac{a_{i}(f)}{\Vert e_{i}\circ T\Vert'}=a_{i}(f),$    

woraus mit (2.4.6) sofort die Injektivität von $ J$ folgt.

Wir bemerken noch, daß diese Überlegungen genauso für den in Abschnitt 2.2 besprochenen von Bonic, Frampton und Tromba definierten Isomorphismus im Fall von $ m$-Simplexen $ K\subseteq {\mathbb{R}}^m$ durchführbar sind. Da jedoch dieser Isomorphismus (siehe Bemerkung 2.2.2) vielleicht gar keiner ist, beruhigt es zu wissen, daß auch Weavers Ansatz (siehe Bemerkung 2.2.9) mit obiger Methode behandelbar ist, wenn dabei auch die $ \varphi_{i,q}$ gemäß (2.2.4) Konvexkombinationen (gewisser Elemente in $ \overline{E}'$) von größerem Kaliber sein können.

Hier sind wir mit unserer Weisheit, den Satz 2.4.3 mit Wulberts Ansatz ``beweisimmanent'' herzuleiten, schon am Ende. Es sei jedoch darauf hingewiesen, daß sich das gesamte Kapitel 3 ausschließlich um die Aussage dieses Satzes dreht, allerdings mit Vorgehensweisen, die sich von der hier behandelten stark unterscheiden -- wiewohl natürlich die gleiche Abbildung $ I$ betrachtet wird. Im Vorgriff insbesondere auf Abschnitt 3.5 (siehe Theorem 3.5.3 und Bemerkung 3.5.6) sei an dieser Stelle die folgende Eigenschaft (S) eines kompakten metrischen Raums $ K$ (mit einem Basispunkt $ x_{0}$) genannt:

Es gibt eine Konstante $ c>1$, so daß für jede endliche Menge $ \{x_{j}\}_{j=1}^{n}\subseteq K$ und jede Funktion $ h\in H(K^{\alpha})$ eine Funktion $ g\in\Lambda(K^{\alpha})$ existiert mit

$\displaystyle h(x_{j})-h(x_{0})=g(x_{j})-g(x_{0})\quad\forall j\in {\mathbb{N}}
$

und $ L_{\alpha}(g)\leq c\cdot L_{\alpha}(h)$.

Es ist klar, daß die Eigenschaft (S) insbesondere die Punktetrennung von $ \Lambda(K^{\alpha})$ nach sich zieht. Und in Kapitel 3 wird ausführlich begründet, daß diese Eigenschaft für die Aussage von Satz 2.4.3 genau die richtige ist, denn sie stellt sich als äquivalent zu jener heraus (vergleiche Theorem 3.5.3, insbesondere den Beweis von (v) $ \Rightarrow$ (iv), und Bemerkung 3.5.6). Für Hölderräume $ \Lambda(K^{\alpha})$, d.h. für $ 0<\alpha <1$, ist sie sogar von vornherein erfüllt (vergleiche Lemma 3.2.6 und Korollar 3.3.1).

Mit diesen Informationen stellt sich jetzt natürlich die Frage, ob denn tatsächlich aus den Voraussetzungen $ \Lambda(K^{\alpha})\simeq c_{0}$ und der Punktetrennung von $ \Lambda(K^{\alpha})$ auf die Eigenschaft (S) des metrischen Raumes geschlossen werden kann. Die Suche nach einem Gegenbeispiel in dieser Sache führte nicht zum Erfolg, dafür aber auf Bemerkung 2.4.8. Weiter verlangt es einen natürlich danach, mit der Eigenschaft (S) und Wulberts Beweisansatz direkt auf die Injektivität von $ J$ zu schließen, sprich (2.4.6) aus (S) herzuleiten. Alle der nicht wenigen Versuche, dies zu tun, sind gescheitert. So müssen diese Fragen hier leider offen bleiben. Beruhigend ist jedenfalls bis zur (möglicherweise noch lange ausbleibenden) Klärung dieser Fragen, daß mit der sogenannten ``gleichmäßigen Punktetrennung'' (S) anstelle der gewöhnlichen Punktetrennung alle Behauptungen dieses Abschnitts richtig sind.

Mit einer anderen Lesart kann man das Ergebnis des Wulbertschen Beweises von Satz 2.4.3 auch so fassen: Im Zusammenhang mit der Konstruktion der Abbildung $ J$ wurde mittels

$\displaystyle T''\circ J: H(K^{\alpha})\to \ell^{\infty}$      
$\displaystyle T''(J(f))=(b_{i}(f)\Vert e_{i}\circ T\Vert')_{i\in{\mathbb{N}}}$      

die gegebene Abbildung $ T:\Lambda(K^{\alpha})\to c_{0}$ von $ \Lambda(K^{\alpha})$ auf $ H(K^{\alpha})$ fortgesetzt. Dies liegt daran, daß für alle $ i\in {\mathbb{N}}$ das Funktional $ b_{i}\in H(K^{\alpha})'$ als eine Fortsetzung von $ \frac{e_{i}\circ T}{\Vert e_{i}\circ T\Vert'}\in \Lambda(K^{\alpha})'$ gefunden wurde, so daß für $ f\in \Lambda(K^{\alpha})$ die Gleichheit

$\displaystyle (b_{i}(f)\Vert e_{i}\circ T\Vert')_{i\in{\mathbb{N}}}=(e_{i}\circ T(f))_{i\in{\mathbb{N}}}
$

gilt, deren rechte Seite nur die ausführliche Schreibweise für $ T(f)$ ist. Anders ausgedrückt liefert diese Gleichheit zusammen mit (2.4.5) die Tatsache $ J_{\vert\Lambda(K^{\alpha})}=i_{\Lambda(K^{\alpha})}$, was wir natürlich schon seit der Definition der Abbildung $ I$ wissen, deren Inverse -- zumindest auf $ I(\Lambda(K^{\alpha})'')\supseteq \Lambda(K^{\alpha})$ -- ja gerade $ J$ ist. Mit der Anwendung der Aussage

$\displaystyle T''\circ i_{\Lambda(K^{\alpha})}=i_{c_{0}}\circ T
$

aus III.4.3 in [55] erhält man damit einen (zweiten) Beweis von

Korollar 2.4.5   Ist

$\displaystyle T:\Lambda(K^{\alpha})\to c_{0}
$

ein (isometrischer) Isomorphismus, dann folgt mit der obigen Isometrie

$\displaystyle J:H(K^{\alpha})\to \Lambda(K^{\alpha})'',%%\quad\mbox{da\3}
$

daß

$\displaystyle T''\circ J: H(K^{\alpha})\to \ell^{\infty}$

ein (isometrischer) Isomorphismus ist, welcher $ T$ fortsetzt, also $ \Lambda(K^{\alpha})$ auf $ c_{0}$ abbildet.

Nach allem, was passiert ist, haben wir dieses Korollar wohlweislich unter der Annahme formuliert, daß die Abbildung $ J$ tatsächlich injektiv ist. Wie in den obigen Ausführungen angedeutet und dort im Spezialfall auch bewiesen, ist dies aber immer gesichert, wenn Hölderräume vorliegen, und damit läßt sich Satz 2.4.3 auch unabhängig von der (nach wie vor wackeligen) Implikation (i) $ \Rightarrow$ (ii) des Theorems 2.4.1 auf folgende Weise mit Leben füllen.

Korollar 2.4.6   Sei $ 0<\alpha <1$ und $ K\subseteq {\mathbb{R}}^{m}$ kompakt. Dann gilt:
  1. $ H(K^{\alpha})$ ist auf natürliche Weise isometrisch isomorph zum zweiten Dual von $ \Lambda(K^{\alpha})$.
  2. Es gibt einen Isomorphismus von $ H(K^{\alpha})$ auf $ \ell ^{\infty }$, der $ \Lambda(K^{\alpha})$ auf $ c_{0}$ abbildet.

Da aufgrund des Theorems 2.2.1 von Bonic, Frampton und Tromba und mit Satz 1.1.6 die Voraussetzung des Satzes 2.4.3 (im Falle von Hölderräumen!) erfüllt ist, haben wir mit (i) zum ersten Mal den schon einige Male beschworenen Isomorphismus, der Inhalt des nächsten Kapitels sein wird, für gewisse Lipschitzräume konkret vorliegen. Auf natürliche Weise bedeutet natürlich: im Sinne von Satz 2.4.3. Mit dem zweiten Ergebnis (ii) (aus dem gerade formulierten Korollar 2.4.5) haben wir zusätzlich eine schöne Verallgemeinerung des Theorems 2.2.1 von Bonic, Frampton und Tromba bewiesen.

Als nächstes wird nun unter starken Voraussetzungen ein konkreter isometrischer Isomorphismus zwischen $ \ell ^{\infty }$ und einem $ H(K^{\alpha})$ konstruiert und damit die in Theorem 2.4.1 behauptete Implikation (iii) $ \Rightarrow$ (i) unter der Zusatzvoraussetzung, daß $ K$ eine Lebesgue-Nullmenge ist, gezeigt. Stellt man sich $ K$ als die Cantormenge $ \tilde{C}$ in $ [0,1]$ zusammen mit den offenen Intervallen $ (a_{k},b_{k}), k\in{\mathbb{N}}$, vor, aus deren Vereinigung das Komplement $ [0,1]\backslash \tilde{C}$ besteht, so kann man jede Lipschitzfunktion $ f$ auf $ \tilde{C}$ durch die Kenntnis ihrer Steigungen zwischen $ a_{k}$ und $ b_{k}$ für alle $ k\in {\mathbb{N}}$ (beginnend bei $ f(0)$ durch ''Hochhangeln'' und Nutzen der Dichtheit der $ a_{k}$ und $ b_{k}$ in $ \tilde{C}$) bis auf eine additive Konstante rekonstruieren. Andererseits kann man durch Vorgabe solcher Steigungen, die natürlich beschränkt sein müssen, eine Lipschitzfunktion konstruieren. Diese Idee liegt dem Beweis des folgenden Satzes zugrunde.

Satz 2.4.7   Sei $ C\subseteq {\mathbb{R}}$ eine unendliche kompakte nirgends dichte Lebesgue-Nullmenge und $ \alpha\geq 1$. Dann trennt $ \Lambda(C^{\alpha})$ die Punkte von $ C$, und es existiert ein isometrischer Isomorphismus von $ \ell ^{\infty }$ auf $ H(C^{\alpha})$, der $ c_{0}$ auf $ \Lambda(C^{\alpha})$ abbildet.

Beweis. [Beweis] Ist $ I$ das kleinste $ C$ umfassende Intervall, so kann man die Menge $ \{I_{k}\}_{k=1}^{\infty}$ aller Zusammenhangskomponenten (nämlich offener Intervalle $ (a_{k},b_{k})$) des Komplements $ I\backslash C$ betrachten. Das sind unendlich viele, da $ C$ unendlich ist, und $ C$ besteht gerade aus dem Abschluß der Endpunkte all dieser Intervalle. Die Folge der $ I_{k}$ sei (der Einfachheit halber) so indiziert, daß ihre Intervalllängen mit steigendem Index höchstens kleiner werden. Nun definiert man die lineare Abbildung

$\displaystyle T:\ell^{\infty}\to H(C^{\alpha})
$

für $ x\in C$ durch

$\displaystyle (T(c_{k}))(x)=\sum_{x\geq b_{k}}c_{k}(b_{k}-a_{k})^{\alpha}.
$

Mit $ I=[a,b]$ gilt dann $ T(c_{k})(a)=0$, d.h. mit $ a$ als Basispunkt hat man $ T(c_{k})\in Lip_{0}(C^{\alpha})\cong H(C^{\alpha})$. Die Wohldefiniertheit von $ T$ und $ \Vert T\Vert\leq 1$ folgt, da wegen $ \alpha\geq 1$ (also der Konvexität der Funktion $ t\mapsto t^{\alpha}$) die ``Dreiecksungleichung umgekehrt'' gilt. Für $ x,y\in C, x<y$, erhält man

$\displaystyle \vert(T(c_{k}))(x)-(T(c_{k}))(y)\vert\leq\sum_{I_{k}\subseteq [x,...
...(b_{k}-a_{k})^{\alpha}\leq \Vert(c_{k})\Vert _{\infty}\vert x-y\vert^{\alpha}.
$

Andererseits sieht man die Inverse von $ T$, indem man für alle $ f\in H(C^{\alpha})$

$\displaystyle (T^{-1}(f))_{k}=\frac{f(b_{k})-f(a_{k})}{(b_{k}-a_{k})^{\alpha}}
$

berechnet. Fast unbemerkt benutzt man hier die absolute Stetigkeit von $ f\in H(C^{\alpha})\subseteq H(C^{1})$ (die für $ \alpha<1$ im allgemeinen nicht mehr gilt, siehe Bemerkung 4.2.19). Für $ c_{k}=\frac{f(b_{k})-f(a_{k})}{(b_{k}-a_{k})^{\alpha}}$ $ \forall k\in{\mathbb{N}}$ folgt nämlich nur $ (T(c_{k}))(x)=\sum_{x\geq b_{k}}(f(b_{k})-f(a_{k}))$, und gezeigt werden muß, daß diese Reihe den Grenzwert $ f(x)-f(a)=f(x)$ hat (daß sich gewissermaßen $ f(b_{k})$ und $ f(a_{k'})$ für ``aufeinanderfolgende'' $ b_{k}$ und $ a_{k'}$ wie in einer Teleskopsumme ``wegheben''). Wähle also zu vorgegebenem $ \varepsilon >0$ ein $ \delta>0$ so, daß aus

$\displaystyle \sum_{j=1}^{n}\vert x_{j}-y_{j}\vert\leq\delta$   stets$\displaystyle \quad\sum_{j=1}^{n}\vert f(x_{j})-f(y_{j})\vert\leq\varepsilon
$

für beliebige $ x_{j},y_{j}\in C$ und $ n\in {\mathbb{N}}$ folgt. Da $ C\cap [a,x]$ eine (kompakte) Nullmenge ist, kann man nun in $ [a,x]$ endlich viele (aufeinanderfolgende) Intervalle $ \tilde{I}_{k'}=(\tilde{a}_{k'},\tilde{b}_{k'})\in \{I_{k}\}_{k=1}^{\infty}$, $ k'=1,\dots,n'$, finden mit $ \sum_{k'=1}^{n'-1}(\tilde{a}_{k'+1}-\tilde{b}_{k'})\leq\delta$. (Es ist $ \bigcup_{b_{k}\leq x}I_{k}$ gerade das Komplement der Nullmenge $ C\cap [a,x]$ in $ [a,x]$!) Hieraus folgt also $ \sum_{k'=1}^{n'-1}\vert f(\tilde{a}_{k'+1})-f(\tilde{b}_{k'})\vert\leq\varepsilon $ und damit

\begin{displaymath}\begin{split}& \left\vert(f(x)-f(a))-\sum_{k'=1}^{n'}(f(\tild...
...f(\tilde{a}_{1})-f(a)\right\vert\leq 2\varepsilon , \end{split}\end{displaymath}    

wenn man $ \vert x-\tilde{b}_{n'}\vert$ und $ \vert\tilde{a}_{1}-a\vert$ genügend klein wählt. Für alle Teilmengen $ M\subseteq\{I_{k}\}_{b_{k}\leq x}$ mit $ \tilde{I}_{k'}\in M$ $ \forall k'=1,\dots,n'$ gelten dann die Abschätzungen erst recht, und man schließt $ T(c_{k})=f$.

Da in $ H(C^{\alpha})$ für $ \alpha\geq 1$ ``globale'' Steigungen immer durch ``lokale'' Steigungen abgeschätzt werden können (siehe Bemerkung 4.2.19), gilt

$\displaystyle L_{\alpha}(f)=\sup_{k\in{\mathbb{N}}} \frac{\vert f(b_{k})-f(a_{k})\vert}{(b_{k}-a_{k})^{\alpha}}\quad\forall f\in H(C^{\alpha}).
$

Hiermit sieht man sofort, daß auch $ \Vert T^{-1}\Vert\leq 1$ gilt und daher $ T$ ein isometrischer Isomorphismus ist.

Darüber hinaus gilt $ T(c_{0})=\Lambda(C^{\alpha})$: Um ``$ \supseteq$'' einzusehen, nehme man die Existenz eines $ f\in \Lambda(C^{\alpha})$ mit $ T^{-1}(f)=(c_{k})\notin c_{0}$ an. In diesem Fall gäbe es eine Teilfolge $ (c_{k_{n}})$ mit $ \inf\vert c_{k_{n}}\vert=\varepsilon >0$, womit aber $ f$ nach Definition von $ T^{-1}$ die $ \ell ip$-Bedingung nicht erfüllt. Für den Beweis von ``$ \subseteq$'' betrachte ein Element $ (c_{k})$ im Teilraum $ d$ aller Folgen in $ c_{0}$, in denen fast alle Einträge 0 sind. Dann ist $ T(c_{k})$ konstant in einer $ \delta$-Umgebung eines jeden Häufungspunktes von $ C$ und steigt nur zwischen endlich vielen $ a_{k}$ und $ b_{k}$, folglich $ T(c_{k})\in \Lambda(C^{\alpha})$. Da $ d$ dicht in $ c_{0}$ liegt und $ T$ stetig ist, folgt nun auch ``$ \subseteq$''.

Schließlich liegt zwischen zwei Punkten in $ C$ immer ein $ I_{k}$ für ein $ k\in {\mathbb{N}}$. Die Funktionen $ f_{z}$ auf $ C$, definiert durch

\begin{displaymath}
f_{z}(x)= \left\{
\begin{array}{ll}
0 & \mbox{ f\uml ur } x < z,\\
1 & \mbox{ f\uml ur } x > z.
\end{array}\right.
\end{displaymath}

sind dann für alle $ z\in I\backslash C$ (modulo Konstanten) in $ \Lambda(C^{\alpha})$ und trennen die Punkte von $ C$. $ \qedsymbol$

Bemerkung 2.4.8   Satz 2.4.7 wurde von Wulbert ohne die Zusatzvoraussetzung, daß $ K$ eine Nullmenge ist, formuliert und auch mit einer Skizze des gerade durchgeführten Beweises begründet (natürlich unter Aussparung der Passage, in welcher $ TT^{-1}(f)=f$ mit der absoluten Stetigkeit von $ f$ und der Nullmengen-Eigenschaft von $ C$ gezeigt wird; $ T^{-1}T(c_{k})=(c_{k})$ ist ja klar). Der Beweis ist aber falsch ohne diese Voraussetzung, genauer gesagt ist die im Beweis angegebene Abbildung $ T$ im Falle $ \alpha=1$ (und alles andere ist ja nicht sehr interessant) tatsächlich genau dann ein Isomorphismus, wenn $ C$ eine Nullmenge ist. Man nehme als Beispiel einfach die $ H(C^{1})$-Funktion $ f:x\mapsto x$. Ist $ C$ keine Nullmenge, dann gilt (mit den Bezeichnungen des obigen Beweises) für das Komplement $ \bigcup_{k=1}^{\infty}I_{k}$ von $ C$ in $ [a,b]$ offenbar

$\displaystyle \mu\left(\bigcup_{k=1}^{\infty}I_{k}\right)=\sum_{k=1}^{\infty}\mu(I_{k})=\sum_{k=1}^{\infty}(b_{k}-a_{k})<b-a,
$

also $ \sum_{x=b\geq b_{k}}(f(b_{k})-f(a_{k}))<f(b)-f(a)$, sprich

$\displaystyle T\left(\left(\frac{f(b_{k})-f(a_{k})}{b_{k}-a_{k}}\right)_{k\in{\mathbb{N}}}\right)\neq f.
$

Man kann also eine $ H(C^{1})$-Funktion über die Steigungen mittels $ T$ im allgemeinen nicht rekonstruieren. Schlimmer noch: Da obiges $ f$ auf jedem $ I_{k}$ die Steigung 1 hat, kommt nach Definition von $ T$ höchstens die konstante Folge $ (1,1,1,\dots)$ als Urbild von $ f$ in Frage -- und das kommt ja gerade nicht in Frage: $ T$ ist also nicht sujektiv.

Eine ganz andere Geschichte ist die Entstehung dieses Gegenbeispiels. Ursprünglich sollte nämlich daraus ein Gegenbeispiel zu Satz 2.4.3 und zur dort behaupteten Injektivität von $ J$ werden. Zu diesem Zweck sollte eine Menge $ C$ gefunden werden, auf der $ \Lambda(C^{\alpha})$ zwar die Punkte trennt (zum Beispiel wenn $ C\subseteq {\mathbb{R}}$ nirgends dicht ist), dies aber ``nicht besonders gut'', wofür $ C$ wiederum eine gewisse ``Größe'', also zum Beispiel ein großes Maß, haben sollte, was bei nirgends dichten Mengen ja durchaus möglich ist (vergleiche S. 23 f, S. 35 und S. 200 in [3]). Was eine nicht besonders gute Punktetrennung sein soll, und wieso man im Hinblick auf ein Gegenbeispiel zu Satz 2.4.3 überhaupt nach einer solchen Menge Ausschau hält, wurde oben bereits in der Diskussion seines Beweises und dessen Lücke mit der Eigenschaft (S) angedeutet. Begründet wird das Ganze in Kapitel 3, insbesondere in Bemerkung 3.5.6. Dort wird auch klar, wieso die Aussage von Satz 2.4.7 für nirgends dichte Mengen von positivem Maß immer falsch ist. Insbesondere fallen damit auch alle verfügbaren Kandidaten (außer den in Korollar 2.4.6 und Satz 2.4.7 gegebenen sind bisher keine bekannt) für ein Gegenbeispiel zu Satz 2.4.3 aus.

Jetzt wollen wir im Hinblick auf die Implikation (ii) $ \Rightarrow$ (iii) des Theorems 2.4.1 die Frage in Angriff nehmen, wie denn ein punktetrennender (!) Raum $ \Lambda(K^{\alpha})$ für $ 0<\alpha\leq 1$ aussehen muß, um überhaupt isometrisch isomorph zu $ c_{0}$ sein zu können, d.h. umgekehrt, wie man einem solchen kleinen Lipschitzraum unter Umständen sofort ansehen kann, daß er nicht isometrisch isomorph zu $ c_{0}$ ist. Dies unternimmt man nicht direkt, sondern über den schon gesehenen Zwischenschritt, denn nach Satz 2.4.3 ist eine notwendige Bedingung sicher, daß es einen isometrischen Isomorphismus $ T$ von $ \ell ^{\infty }$ auf $ H(K^{\alpha})$ gibt, der $ c_{0}$ auf $ \Lambda(K^{\alpha})$ abbildet. Es wird sich herausstellen, daß auch dies nur möglich ist, wenn $ \alpha=1$ ist. Um letzteres einzusehen, braucht man allerdings zunächst Informationen darüber, was im Falle $ \alpha=1$ noch passieren kann -- und das ist nicht viel! Demjenigen jedoch, der, mit einem Auge auf das Ergebnis schielend, vermutet, daß der Weg dahin steinig wird, muß (leider) recht gegeben werden. Wir werden daher dort, wo er uns durch allzu karges Terrain führt, einige Abkürzungen nehmen. Beginnen wollen wir damit gleich bei den beiden ersten technischen Schritten.

Im ersten Schritt konstruiert man sich ausgehend von der Metrik $ d$ des Raumes $ K$ eine Familie von Funktionen in der Einheitssphäre von $ H(K^{1})$, die ihre Norm in genau einem Punkt $ (x,y)\in K\times K$ annehmen. Diese Funktionen benutzt man dann im zweiten Schritt zum Beweis eines Lemmas, dem die folgende Definition vorgeschaltet ist.

Definition 2.4.9   Für $ 0\neq t\in B_{X'}$ mit $ X\in\{\Lambda(K^{1}),H(K^{1})\}$ sei durch

\begin{displaymath}\begin{split}\mathop{\rm face}\nolimits t=\{ & h\neq 0 \mbox{...
... (0,1]\mbox{, so da\3 }\lambda h +(1-\lambda)k=t\}. \end{split}\end{displaymath}    

die von $ t$ erzeugte Seite in $ B_{X'}$ definiert.

Diese Definition ist natürlich maßgeschneidert, um

$\displaystyle \mathop{\rm face}\nolimits t=\{t\}\Longleftrightarrow t\in \mathop{\rm ext}\nolimits B_{X'}
$

zu erhalten.

Wir werden für die weiteren Überlegungen ausgiebig mit den Elementen der in 2.4.2 definierten Menge $ \overline{E}'_{{\mathbb{K}}}$ von Funktionalen $ \beta\bar{\xi}(x,y)$ auf $ H(K^{\alpha})$ und deren Einschränkungen auf $ \Lambda(K^{\alpha})$ zu arbeiten haben. Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, daß Wulbert selbst in seinem Artikel nicht zwischen den Funktionalen $ \xi(x,y)\in \Lambda(K^{\alpha})'$ und $ \bar{\xi}(x,y)\in H(K^{\alpha})'$ unterscheidet. Dieses Vorgehen ist aber im Verlauf des Beweises von Satz 2.4.3 und auch im Zusammenhang mit den noch folgenden Gedankengängen mindestens verwirrend. Gerechtfertigt im Hinblick auf die Benutzung von Lemma 2.4.11 unten ist es aufgrund von

Lemma 2.4.10   Unter der Voraussetzung der Punktetrennung von $ \Lambda(K^{\alpha})$ gilt

$\displaystyle \tilde{\beta}\bar{\xi}(u,v)\in \mathop{\rm face}\nolimits \beta\b...
...trightarrow \tilde{\beta}\xi(u,v)\in \mathop{\rm face}\nolimits \beta\xi(x,y).
$

Beweis. [Beweis] Mit der Punktetrennung von $ \Lambda(K^{\alpha})$ ist $ \bar{\xi}(u,v)_{\vert\Lambda(K^{\alpha})}=\xi(u,v)\neq 0$. $ \qedsymbol$

Nun lautet das oben bereits angekündigte

Lemma 2.4.11   Für Funktionale aus $ \overline{E}'_{{\mathbb{K}}}$ gelten die folgenden Implikationen.
  1. Wenn $ \tilde{\beta}\bar{\xi}(u,v)\in \mathop{\rm face}\nolimits \beta\bar{\xi}(x,y)$ mit gewissen $ \tilde{\beta},\beta\in S_{{\mathbb{K}}}$ erfüllt ist, so gilt die Gleichung

    $\displaystyle d(x,y)=d(x,u)+d(u,v)+d(v,y).
$

  2. Umgekehrt kann man für alle $ \beta\in S_{{\mathbb{K}}}$ aus dieser Gleichung $ \beta\bar{\xi}(u,v)\in \mathop{\rm face}\nolimits \beta\bar{\xi}(x,y)$ schließen.

Die beiden Aussagen gelten analog für die Funktionale aus $ E'_{{\mathbb{K}}}$.

Beweis. [Beweisgedanke] Für die erste Implikation beweist man die Kontraposition, d.h. man nimmt an, daß eine echte Dreiecksungleichung gilt, und zeigt unter Verwendung von speziellen im ersten Schritt konstruierten Funktionen in $ H(K^{\alpha})$, daß damit $ \tilde{\beta}\bar{\xi}(u,v)$ nicht in $ \mathop{\rm face}\nolimits \beta\bar{\xi}(x,y)$ sein kann.

Die zweite Implikation wird durch konkrete Angabe eines $ k\in B_{H(K^{1})'}$ und eines $ \lambda \in (0,1]$, welche sich aus der ``Dreiecksgleichung'' ergeben, gezeigt. Hierfür verifiziert man einfach die (noch mit $ \beta$ zu multiplizierende) Gleichung

$\displaystyle \bar{\xi}(x,y)=\frac{d(x,u)}{d(x,y)}\bar{\xi}(x,u)+\frac{d(u,v)}{d(x,y)}\bar{\xi}(u,v)+\left(1-\frac{d(x,u)+d(u,v)}{d(x,y)}\right)\bar{\xi}(v,y).
$

$ \qedsymbol$

Nun definiert man noch die ``Linie'' $ L(x,y)$ zwischen zwei Punkten $ x,y\in K$ und greift sich dann die (im Sinne dieser Definition ``exponierten'') Elemente aus $ E'_{{\mathbb{K}}}$ heraus, ``zwischen denen sich (siehe nächstes Lemma) keine weiteren Elemente aus $ E'_{{\mathbb{K}}}$ befinden''.

Definition 2.4.12   Zu zwei verschiedenen Punkten $ x,y\in K$ sei die Linie $ L(x,y)$ durch

$\displaystyle L(x,y)=\{z\in K: d(x,z)+d(z,y)=d(x,y)\}
$

und damit auch die Mengen

$\displaystyle \overline{E}=\{\beta\bar{\xi}(x,y)\in \overline{E}'_{{\mathbb{K}}}: L(x,y)=\{x,y\}\}
$

sowie

$\displaystyle E=\{\beta\xi(x,y)\in E'_{{\mathbb{K}}}: L(x,y)=\{x,y\}\}
$

erklärt.

Wie schon angekündigt gehen wir bei den nun anstehenden Überlegungen und Lemmata stets von folgendem aus:

Annahme: Es sei $ \Lambda(K^{1})$ punktetrennend und es existiere ein isometrischer Isomorphismus $ T:\ell^{\infty}\to H(K^{1})$, dessen Einschränkung $ T_{r}$ gerade $ c_{0}$ auf $ \Lambda(K^{1})$ abbildet.

Unter dieser Voraussetzung erhalten wir mit der soeben definierten Menge $ E\subseteq \Lambda(K^{1})'$ das bemerkenswerte

Lemma 2.4.13  

$\displaystyle \mathop{\rm ext}\nolimits B_{\Lambda(K^{1})'}=E.
$

Beweis. [Beweis] ``$ \subseteq$'': Lemma 2.4.4 liefert zunächst

$\displaystyle \mathop{\rm ext}\nolimits B_{\Lambda(K^{1})'}\subseteq E'_{{\mathbb{K}}},
$

und nun wird im Licht des obigen Lemmas 2.4.11 (Teil (ii)) klar, daß diese Teilmengenrelation sogar für $ E$ anstelle von $ E'_{{\mathbb{K}}}$ gilt, da für $ \beta\xi(x,y)\in E'_{{\mathbb{K}}}\backslash E$ ein $ z\in L(x,y)\backslash \{x,y\}$ existiert, für das $ d(x,z)+d(z,y)=d(x,y)$ und damit $ \beta\xi(x,z)\in \mathop{\rm face}\nolimits \beta\xi(x,y)$ ist, so daß $ \beta\xi(x,y)\notin \mathop{\rm ext}\nolimits B_{\Lambda(K^{1})'}$ folgt.

``$ \supseteq$'': Hierfür betrachtet man das Bild von $ \beta\bar{\xi}(x,y)\in \overline{E} \subseteq H(K^{1})'$ unter dem adjungierten isometrischen Isomorphismus

$\displaystyle T': H(K^{1})' \to (\ell^{\infty})'
$

und benutzt jetzt die Identifikation von $ \ell ^{\infty }$ mit dem Raum $ C(\beta{\mathbb{N}})$ der stetigen Funktionen auf der Stone-Cech-Kompaktifizierung $ \beta{\mathbb{N}}$ von $ {\mathbb{N}}$, versehen mit der diskreten Metrik. (Siehe zu diesem Thema S. 113 f in [9] und S. 113 f in [20]; das ist kein Druckfehler!) $ T'(\beta\bar{\xi}(x,y))$ kann dann mit dem Rieszschen Darstellungssatz (vgl. II.2.5 in [55]) als reguläres Borelmaß auf $ \beta{\mathbb{N}}$ aufgefaßt werden. Man unterscheidet zwei Fälle:

1. $ T'(\beta\bar{\xi}(x,y))$ hat einen Träger, der die homöomorphe Einbettung von $ {\mathbb{N}}$ in $ \beta{\mathbb{N}}$, nämlich gerade die Menge $ \alpha{\mathbb{N}}$ aller Koordinatenauswertungsfunktionale $ e_{i}$ auf $ \ell ^{\infty }$ für $ i\in {\mathbb{N}}$ nichtleer schneidet. Damit setzt sich $ T'(\beta\bar{\xi}(x,y))$ aber als Summe zweier Maße $ \lambda (\alpha\delta_{i})$ und $ (1-\lambda)\mu$ mit $ 0<\lambda\leq 1$ und $ \vert\alpha\vert=1$ zusammen, wobei $ \delta_{i}$ ein Punktmaß ist, welches auf ein Element von $ C(\beta{\mathbb{N}})$ gerade wie $ e_{i}$ auf das entsprechende Element von $ \ell ^{\infty }$ wirkt, und letzteres ist die Fortsetzung des entsprechenden Auswertungsfunktionals auf $ c_{0}$. (Man beachte, daß die Hahn-Banach-Fortsetzung eines Funktionals von $ c_{0}$ auf $ \ell ^{\infty }$ eindeutig ist, zum Beispiel weil $ c_{0}$ ein $ M$-Ideal in $ \ell ^{\infty }$ ist; siehe Satz 4.1.2 und die Bemerkungen im Anschluß an Lemma 4.1.4). Nun ist bekannt (siehe Beispiel (f) auf S. 350 in [55]), daß $ \alpha\delta_{i}\in \mathop{\rm ext}\nolimits B_{C(\beta{\mathbb{N}})'}$ ist, womit nach Anwendung des isometrischen Isomorphismus $ (T')^{-1}$ (der die gerade gefundenen Verhältnisse von $ \ell ^{\infty }$ bzw. $ c_{0}$ auf die Situation in $ H(K^{1})$ bzw. $ \Lambda(K^{1})$ übersetzt) die Gleichung

$\displaystyle \beta\bar{\xi}(x,y)=\lambda (T')^{-1}(\alpha\delta_{i})+(1-\lambda)(T')^{-1}(\mu)
$

entsteht. Darin ist $ (T')^{-1}(\alpha\delta_{i})=\alpha\bar{t}$ mit einem Extremalpunkt $ \bar{t}$ von $ B_{H(K^{1})'}$, der die Fortsetzung eines Extremalpunktes von $ B_{\Lambda(K^{1})'}$, also gemäß Ergebnis ``$ \subseteq$'' gleich einem $ \tilde{\beta}\bar{\xi}(u,v)\in \overline{E}'$ ist. Es existert also ein $ \beta'\xi(u,v)\in \mathop{\rm ext}\nolimits B_{\Lambda(K^{1})'}$, welches in $ \mathop{\rm face}\nolimits \beta\xi(x,y)$ enthalten ist. Dies impliziert aber mit Lemma 2.4.11 (Teil (i)) wegen $ L(x,y)=\{x,y\}$, daß $ x=u$, $ y=v$, $ \beta'=\beta$ und $ \beta\xi(x,y)=\beta'\xi(u,v)\in \mathop{\rm ext}\nolimits B_{\Lambda(K^{1})'}$ ist.

2. Der Träger von $ T'(\beta\bar{\xi}(x,y))$ ist enthalten in $ \beta{\mathbb{N}}\backslash \alpha{\mathbb{N}}$. Die Einbettung von $ c_{0}$ in $ C(\beta{\mathbb{N}})$ ist aber gerade die Menge derjenigen stetigen Funktionen auf $ \beta{\mathbb{N}}$, die auf $ \beta{\mathbb{N}}\backslash \alpha{\mathbb{N}}$ verschwinden, so daß hieraus

$\displaystyle T'(\beta\bar{\xi}(x,y))(c_{k})=0\quad\forall\, (c_{k})\in c_{0}%%\quad\mbox{bzw.}
$

und damit

$\displaystyle \beta\bar{\xi}(x,y)\,T(c_{k})=0\quad\forall\, (c_{k})\in c_{0}
$

folgt. Dies führt jedoch wegen $ T(c_{0})= \Lambda(K^{1})$ auf

$\displaystyle \beta\bar{\xi}(x,y)(f)=0\quad\forall\, f\in \Lambda(K^{1}),
$

d.h. auf die Aussage $ \beta\bar{\xi}(x,y)\in\Lambda(K^{1})^{\perp}$, die aber der Punktetrennung von $ \Lambda(K^{1})$ widerspricht. $ \qedsymbol$

Definition 2.4.14   Eine Teilmenge $ N\subseteq K$ wird in Linie genannt, wenn für jede dreielementige Menge $ L\subseteq N$ Punkte $ x,y\in L$ existieren mit $ L\subseteq L(x,y)$.

Nun betrachtet man alle Punktepaare in $ K$, ``zwischen denen'' sich kein weiterer Punkt von $ K$ befindet (in dem Sinne, daß $ L(x,y)=\{x,y\}$ gilt), und erhält ein Ergebnis, das erst im Lichte des darauffolgenden seine volle Wucht entfaltet. Der Abschluß einer Menge $ A\in K$ sei hier mit cl$ \, A$ bezeichnet.

Lemma 2.4.15   Die Menge

$\displaystyle N=\emph{cl}\,\{x\in K:$ es gibt ein $\displaystyle y\in K$    mit $\displaystyle \xi(x,y) \in E\}
$

ist in Linie.

Beweis. [Beweis] Es seien $ x,y,u,v$ paarweise verschiedene Punkte von $ K$ mit $ L(x,y)=\{x,y\}$ und $ L(u,v)=\{u,v\}$, d.h. $ \xi(x,y), \xi(x,u)\in E$. Dann ist nach dem gerade bewiesenen Lemma 2.4.13 mit der Einschränkung

$\displaystyle T'_{r}:\Lambda(K^{1})'\to c_{0}'\cong \ell^{1}
$

des isometrischen Isomorphismus $ T': H(K^{1})' \to (\ell^{\infty})'$ das Bild $ T'_{r}(\xi(x,y))=\beta e_{i}$ mit $ \vert\beta\vert=1$ und einem Koordinatenauswertungsfunktional $ e_{i}$ auf $ c_{0}$ für ein $ i\in {\mathbb{N}}$. Dies liegt daran, daß die Extremalpunkte der Einheitskugel von $ \ell^{1}$ gerade die Menge $ \{\beta e_{i}\}$ aller mit einem Vorfaktor vom Betrag $ 1$ versehenen Einheitsvektoren $ e_{i}$ sind und $ E=\mathop{\rm ext}\nolimits B_{\Lambda(K^{1})'}$ durch die Isometrie $ T'_{r}$ auf diese abgebildet wird. Es folgt mit dem (eingeschränkten) isometrischen Isomorphismus $ T_{r}:c_{0}\to \Lambda(K^{1})$ die Existenz eines $ f\in B_{\Lambda(K^{1})}$ (konkret $ f=\beta^{-1}T_{r}c_{i}$ mit dem $ i$-ten Einheitsvektor $ c_{i}$ in $ c_{0}$), so daß

$\displaystyle \xi(x,y)(f)=1$   und$\displaystyle \quad h(f)=0\quad \forall h\in E\backslash \{\beta\xi(x,y)\}_{\vert\beta\vert=1}
$

gilt. Speziell hat man $ f(u)=f(v)$ und $ f(x)\neq f(y)$ und o.B.d.A. $ f(u)\neq f(x)$ (sonst gilt $ f(u)\neq f(y)$, und man kann die Rollen von $ x$ und $ y$ durch Betrachtung von $ \xi(y,x)=-\xi(x,y)$ vertauschen). Es sind dann $ \xi(x,u)$ und $ \xi(x,v)$ Funktionale mit $ \xi(x,u)(f)\neq 0$ und $ \xi(x,v)(f)\neq 0$. In $ \ell^{1}\cong \Lambda(K^{1})'$ entsprechen diese Funktionale Vektoren mit nichttrivialen Einträgen in der $ i$-ten Stelle, genauer $ T'_{r}(\xi(x,u))=\lambda'\beta' e_{i}+(1-\lambda')\mu_{u}$ und $ T'_{r}(\xi(x,v))=\lambda''\beta'' e_{i}+(1-\lambda'')\mu_{v}$ mit $ 0<\lambda',\lambda''\leq 1,$ $ \vert\beta'\vert=\vert\beta''\vert=1$ und $ \mu_{u},\mu_{v}\in S_{\ell^{1}}$. Es folgt nach Anwendung von $ (T_{r}')^{-1}$ auf diese Gleichungen zusammen mit $ T'_{r}(\xi(x,y))=\beta e_{i}$, daß $ \beta'\xi(x,y)$ in $ \mathop{\rm face}\nolimits \beta\xi(x,u)$ und $ \beta''\xi(x,y)$ in $ \mathop{\rm face}\nolimits \beta\xi(x,v)$ liegt. Die gleiche Argumentation führt auf $ \beta_{1}\xi(u,v)\in \mathop{\rm face}\nolimits \beta\xi(x,v)$ und $ \beta_{2}\xi(u,v)\in \mathop{\rm face}\nolimits \beta\xi(y,v)$ mit geeigneten $ \beta_{1}$ und $ \beta_{2}$ (oder ähnliches mit der Vertauschung $ \xi(v,u)=-\xi(u,v)$). Mehrmalige Anwendung von Lemma 2.4.11 liefert jetzt die Tatsache, daß die vierpunktige Menge $ \{x,y,u,v\}$ in Linie ist.

Sind $ w,z$ weitere Punkte aus $ K$ mit $ L(w,z)=\{w,z\}$ bzw. $ \xi(w,z)\in E$, so führt die obige Argumentation durch Betrachtung aller Fälle schließlich auf das Ergebnis, daß $ \{x,y,u,v,w,z\}$ in Linie ist. Mit einer Indizierung der Elemente der Form $ \xi(x,y)$ von $ E$ (dies ist eine abzählbare Menge, da es nur abzählbar viele Auswertungsfunktionale $ e_{i}$ aus $ c_{0}'$ gibt) kann man nun eine Induktion durchführen (oder auch nicht; wir entscheiden uns für letzteres) und schließlich durch Übergang auf den Abschluß (die ``Dreiecksgleichung'' überträgt sich auf die Häufungspunkte) insgesamt nachweisen, daß $ N$ in Linie ist. $ \qedsymbol$

Lemma 2.4.16   $ K=N.$

Beweis. [Beweis] Angenommen, es gibt ein $ z\in K\backslash N$, dann existiert aufgrund der Stetigkeit von $ d(\cdot,z)$ auf $ N$ und der Kompaktheit von $ N$ ein $ w\in N$ mit

$\displaystyle d(w,z)=\min_{y\in N}\, d(y,z)>0.
$

Betrachte nun die Funktion $ f$ auf $ K$, definiert durch

$\displaystyle f(x)=\left\{\begin{array}{cl}
d(x,z)-d(w,z)\quad & \mbox{im Falle}\quad d(x,z)\leq d(w,z)\\
0 & \mbox{sonst.}
\end{array}\right.
$

(Aus Funktionen dieser Bauart werden übrigens die Funktionen, die im Beweis von Lemma 2.4.11 zum Zuge kommen, konstruiert.) $ f$ ist in $ B_{H(K^{1})}$ und liefert bei Anwendung des Funktionals $ \bar{\xi}(w,z)$ seine Norm $ L(f)=1$. Da $ f$ auf $ N$ verschwindet, verschwindet es bei Anwendung aller Funktionale aus $ \overline{E}$. Nach Lemma 2.4.13 verschwindet $ T(f)$ damit bei Anwendung aller (von $ c_{0}$ auf $ \ell ^{\infty }$ fortgesetzten) Koordinatenauswertungsfunktionale. Mithin ist $ T'(\bar{\xi}(w,z))$ ein Funktional in $ (\ell^{\infty})'$, d.h. mit $ (\ell^{\infty})'\cong C(\beta{\mathbb{N}})$ ein Maß auf $ \beta{\mathbb{N}}$, dessen Träger die Einbettung $ \alpha{\mathbb{N}}$ von $ {\mathbb{N}}$ in $ \beta{\mathbb{N}}$ nicht schneidet. Im gegenteiligen Fall wäre (vergleiche 1. im Beweis zu Lemma 2.4.13) für ein Koordinatenauswertungsfunktional $ e_{i}\in (\ell^{\infty})'$ mit einem $ \lambda \in (0,1]$ und $ \vert\alpha\vert=1$ nämlich $ \bar{\xi}(w,z)=\lambda\alpha e_{i}+(1-\lambda)\mu$ mit $ \Vert\mu\Vert=1$ und $ \vert\bar{\xi}(w,z)(f)\vert=\vert(1-\lambda)\mu (f)\vert<1$. Wie unter 2. im Beweis zu Lemma 2.4.13 schließt man damit $ \bar{\xi}(w,z)\in\Lambda(K^{1})^{\perp}$ im Widerspruch zur Punktetrennung von $ \Lambda(K^{1})$. $ \qedsymbol$

Jetzt wird klar, welche große Einschränkung es für einen punktetrennenden metrischen Raum $ K$ bedeutet, wenn ein isometrischer Isomorphismus zwischen $ c_{0}$ und $ \Lambda(K^{1})$ existiert:

Lemma 2.4.17   $ K$ ist isometrisch zu einer Teilmenge $ M$ der reellen Achse.

Beweis. [Beweis] Da $ K$ nach den letzten beiden Lemmata in Linie ist, folgt mit der Kompaktheit von $ K$ die Existenz zweier $ x_{0}, y_{0}\in K$, so daß $ L(x_{0},y_{0})=K$ ist. Ordne nun mit der Metrik $ d$ auf $ K$ jedem $ x\in K$ die reelle Zahl $ h(x)=d(x,x_{0})$ zu. Dann ist, aufgrund der Wahl von $ x_{0}$ und da $ K$ in Linie ist, die Abbildung $ h$ isometrisch. $ \qedsymbol$

Es folgt also aus diesem Lemma $ \Lambda(K^{1})\cong \Lambda(M^{1})$ sowie $ H(K^{1})\cong H(M^{1})$. Und mit der Annahme, daß $ \Lambda(K^{1})$ die Punkte von $ K$ trennt, erhält man nun eine noch stärkere Bedingung an $ M\cong K$.

Lemma 2.4.18   $ M$ ist nirgends dicht.

Beweis. [Beweis] Sonst läge ein Intervall $ I$ im Inneren von $ M$ (man beachte, daß $ M$ abgeschlossen ist), und jedes $ f\in \ell ip_{0}(M^{1})\cong\Lambda(M^{1})$ wäre aufgrund der $ \ell ip$-Bedingung auf $ I$ differenzierbar mit Ableitung 0, d.h. dort konstant. Damit aber wäre $ \Lambda(M^{1})$ auf $ I\cap M$ nicht punktetrennend. $ \qedsymbol$

Zum Schluß werden, wie schon angekündigt, die Ergebnisse für $ \alpha=1$ herangezogen, um zu zeigen, daß überhaupt nur dieser Fall eintreten kann.

Lemma 2.4.19   Es existiere für ein $ \alpha$ mit $ 0<\alpha\leq 1$ ein isometrischer Isomorphismus von $ \ell ^{\infty }$ auf $ H(K^{\alpha})$, der $ c_{0}$ auf $ \Lambda(K^{\alpha})$ abbildet. Dann ist $ \alpha=1$.

Beweis. [Beweis] Ist $ \alpha<1$, so ist mit $ d$ auch $ d^{\alpha}$ eine Metrik auf $ K$ und $ H(K^{\alpha},d)$ ist (isometrisch isomorph zu) $ H(K^{1},d^{\alpha})$. Damit ist nach den obigen Ergebnissen $ (K,d^{\alpha})$ isometrisch zu einer Teilmenge $ (M,\vert\,{\cdot}\,\vert)$ der reellen Achse. Da $ d$ eine Metrik auf $ K$ ist, muß dann aber auch $ \vert\,{\cdot}\,\vert^{\frac{1}{\alpha}}$ eine Metrik auf $ M$ sein. Die Funktion $ x\mapsto x^{\frac{1}{\alpha}}$ auf $ {\mathbb{R}}_{0}^{+}$ ist aber streng konvex, d.h. die Dreiecksungleichung gilt gerade umgekehrt. Mithin ist $ \vert\,{\cdot}\,\vert^{\frac{1}{\alpha}}$ für mindestens dreielementiges $ K$ keine Metrik. Widerspruch. $ \qedsymbol$

Nach mühsamer Arbeit haben wir nun auch die Implikation (ii) $ \Rightarrow$ (iii) des Wulbertschen Theorems 2.4.1 eingesehen. Das Ergebnis mag dürftig erscheinen, sagt aber einiges über die ``Eigenständigkeit'' der Lipschitzräume $ \Lambda(K^{\alpha})$ und $ H(K^{\alpha})$ aus. Auch wenn diese (siehe Abschnitte 2.1 und 2.2) zumindest in endlichdimensionalen Fällen -- und vielleicht ja auch in allgemeineren -- bis auf Isomorphie mit den Folgenräumen $ c_{0}$ und $ \ell ^{\infty }$ zusammenhängen, dürfen sie, was die isometrische Repräsentation angeht, bis auf wenige Ausnahmen nicht mit diesen ``über einen Kamm geschert'' werden -- und das ist auch ``gut'' so, denn sonst hätten wir ja nur die Trivialität unseres Betrachtungsgegenstands nachgewiesen.

Trotz der Allgemeinheit des Theorems 2.4.1 fällt auf, daß insbesondere die Argumentation für den Beweis der Implikation (ii) $ \Rightarrow$ (iii) steht und fällt mit der Zusatzvoraussetzung der Punktetrennung von $ \Lambda(K^{\alpha})$. Diese sichert im Hinblick auf den Satz von Stone-Weierstraß ja zumindest eine gewisse Reichhaltigkeit dieses kleinen Lipschitzraums. Andererseits scheint diese Voraussetzung recht natürlich zu sein, denn man könnte sich ja den Anteil von $ K$, auf dem die Elemente von $ \Lambda(K^{\alpha})$ ``nichts tun'', wegfaktorisiert denken. Dies wurde von Weaver in [49] getan. Um nach dieser ``Behandlung'' des metrischen Raums $ K$ den ursprünglichen kleinen Lipschitzraum (bis auf isometrische Isomorphie) wieder zu erhalten, muß man jedoch den entsprechenden Quotientenraum von $ K$ mit einer neuen Metrik versehen.

Wir werden im nun folgenden Kapitel erleben, daß ein Vergleich zwischen den Folgenräumen $ c_{0}$ und $ \ell ^{\infty }$ und den Lipschitzräumen nach einem anderen Aspekt auf natürliche Weise zu einer stärkeren gleichmäßigen Art der Punktetrennung kleiner Lipschitzfunktionen führt. Mit dieser erscheint dann -- wie schon angekündigt -- auch Satz 2.4.3, dessen Aussage wir alleine aus dieser neuen Bedingung an $ \Lambda(K^{\alpha})$ erhalten werden, in einem neuen helleren Licht. Verfolgen wird uns dabei wieder die Abbildung $ I$, deren Surjektivität uns ja im Beweis zu Satz 2.4.3 einiges Kopfzerbrechen bereitete. Dies wird auch im nächsten Kapitel -- dort aber ohne Beweislücke! -- so bleiben.


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Heiko Berninger 2003-04-25