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Dr.-Ing. Matthias Münch 
Persönliche Homepage an der FU-Berlin

Strömungs- und Verbrennungssimulation in der Gefahrenabwehr
Moloch Simulation SMT-Fall Dichteverlauf
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Entwicklung und Test von Simulationsprogrammen

Ziel der Entwicklung eines eigenen Simulationsprogramms zur Verbrennungs- und Strömungsberechnung ist unter anderem die Schaffung eines Vergleichswerkzeuges zur Überprüfung bestehender Brandsimulationsprogramme. Die eigene Entwicklungsarbeit führt dabei nicht nur zu einem vertieften Verständnis der numerischen Detailfragen derartiger Simulationen, sondern zeigt auch den Anwendern, dass die von mir aufgestellten Qualtitätsanforderungen realistisch und erreichbar sind.
Als Ergebnis der Beschäftigung mit der Simulation von Strömungs- und Verbrennungsvorgängen ist der Programmcode MOLOCH entstanden.

Der Programmcode MOLOCH

Grundlage der Berechnung auftriebsgetriebener, thermisch expandierender Strömungen - wie bspw. die Simulation der Rauch- und Wärmeausbreitung im Brandfall - ist die Lösung eines nichtlinearen, gekoppelten Differentialgleichungssystems der Erhaltungsgleichungen von Massen, Impuls und Energie. Auf die ferner notwendigen Zustandsgleichungen, Anfangs- und Randbedingungen soll an dieser Stelle nicht eingegangen werden.
Bei näherer Untersuchung stellt sich heraus, dass die Eigenschaften dieses Gleichungssystem wesentlich durch das Verhältnis von Strömungs- zur Schallgeschwindigkeit beeinflußt wird. Dieses Verhältnis wird durch die dimensionslose Kenngröße Mach-Zahl Ma beschrieben und gibt die Kompressibilität der Strömung an
Klein et al. [2,3] zeigte mit Hilfe einer asymptotischen Mehrskalenanalyse, dass sich drei charakteristische Strömungsregime anhand einer Referenz Mach-Zahl M unterscheiden lassen. Dies sind

  • das kompressible Regime (etwa ab M > 0.3),
  • das schwachkompressible “Low-Mach”-Regime 0 < M ≤ 0.3,
  • das inkompressible “Zero-Mach”-Regime M → 0

Die für die Bildung der Referenz Mach-Zahl verwendete Referenz-Strömungs- und Schall- geschwindigkeit repräsentieren hierbei charakteristische Referenzgrößen. Das bedeutet, dass sie nur eine für das betrachtete Problem charakteristische Größenordnung der auftretenden Geschwindigkeiten angeben. Lokal kann es im Strömungsgebiet also zu davon abweichenden Werten kommen. Wesentlich ist hierbei eine Abschätzung der Referenz Mach-Zahl nach oben.

Beispiel:

Eine Abschätzung der Referenzgrößen typischer im Brandfall auftretender Strömungen wäre vref = 1 m/s, cref = 330 m/s und somit eine Referenz Mach-Zahl in der Größenordnung von M ≈ 0.003. Tatsächlich lassen sich im Brandfall, z.B. beim Austritt heisser Strömungsgase Geschwindigkeiten von 10 m/s und mehr messen. In diesem Fall ist in den heissen Brandgasen jedoch auch die Schallgeschwindigkeit höher. Die Größenordnung der abgeschätzten Referenz Mach-Zahl wird daher nicht überschritten. Umgekehrt gibt es im Brandfall Bereich kühler “stillstehender” Umgebungsluft. Auch in diesem Fall wird die abgeschätzte Referenz Mach-Zahl aufgrund der nun geringeren Strömungsgeschwindigkeit nicht überschritten.

Wie bereits erwähnt, beeinflußt die Größenordnung der Referenz Mach-Zahl die Eigenschaften des zu lösenden Gleichungssystems respektive die erforderliche Rechenzeit. Insbesondere zeigt sich, dass dies an der genauen Berechnung der Schallwellenausbreitung liegt. Für die Untersuchung bspw. von Gebäudeströmungen, den Transport von Rauchpartikeln oder die Sauerstoffkonzentration in der Raumluft ist eine genaue Kenntnis der Schallwellenausbreitung jedoch nicht erforderlich. Vielmehr sollte die Strömung ohne die genaue Kenntnis der Schallwellenausbreitung berechnet werden, um die verfügbare Rechenkapazität auf die interessierenden Größen zu konzentrieren (Details siehe S. 261 ff des vfdb-Tagungsbandes 2006).

Derartige Ideen sind nicht neu und werden auch in zahlreichen Verfahrensansätzen umgesetzt. Allerdings beschränken sich diese Verfahrensansätze dann entweder auf eines der Strömungs- regime oder garantieren nicht die Einhaltung anderer wichtiger Eigenschaften. Dies kann insbesondere für die Simulation von Brandströmungen hinderlich sein, wenn sich bspw. im Laufe eines kleinen Zimmerbrandes eine Rauchgasexplosion entwickelt.

Ein neuer Lösungsansatz

Im dem von mir entwickelten Programmcode MOLOCH ist ein neuer Verfahrensansatz implementiert, der diese Beschränkungen umgehen soll. Der Ansatz stammt von Klein, der in [2] eine Verfahrenskonstruktion vorstellt, die kontinuierlich im gesamten Bereich von anwend- bar ist, im Bereich M = 1 in ein hierfür gut geeignetes Godunov-Typ-Verfahren übergeht und die nachfolgenden Anforderungen erfüllt:

  1. Anwendbar in 1, 2 und 3 Raumdimensionen.
  2. Einhaltung der Erhaltungseigenschaften für Masse, Impuls und Energie.
  3. Global und lokal zweiter Ordnung genau in Raum und Zeit.
  4. Verwendung der bewährten expliziten, hochauflösenden “shock-capturing-Verfahren” (Godunov-Typ-Verfahren) im kompressiblen Strömungsbereich M = 1.
  5. Verwendung effizienter impliziter Verfahren im Bereich .
  6. Darstellung großer Dichteamplituden im inkompressiblen Bereich.
  7. Akurate Beschreibung langwelliger Akustik aufgrund von Druckamplituden der Größen- ordnung ∂p/p=O(M) bzw. von schwachen nichtlinearen Akustikwellen bei kleinen Machzahlen.

Nachdem in [2] mit Hilfe einer systematischen asymptotischen Analyse des Gleichungssystems die prinzipielle Machbarkeit für eindimensionale Probleme gezeigt wurde, konnte Geratz [1] diesen Ansatz für Mach-Zahlen auf zwei Raumdimensionen erweitern. Durch Schneider wurde das Verfahren dann für M = 0 auf drei Raumdimensionen fortentwickelt [3,4,5]. Die drei- dimensionale Berechnung für das “Low-Mach”-Regime 0 < M ≤ 0.3 ist hingegen noch Gegenstand aktueller Forschung.

Mit dem Ziel diesen neuen Ansatz in der Praxis zu testen, entwickele ich das Programm MOLOCH. Es benutzt ein einfaches kartesisches Gitter mit konstanter Gitterweite, beherrscht jedoch eine Gebietszerlegung mit Hilfe der Multiblock-Methode. Der instationäre Strömungslöser arbeitet sowohl in 1, 2 und 3 Raumdimensionen, kann derzeit jedoch nur im Regime verschwindener Mach-Zahl M = 0 oder im kompressiblen Regime M = 1 arbeiten. Bis auf den Einfluss der Gravitation und einer Volumenwärmequelle sind bislang keine weiteren physikalischen Prozesse berücksichtigt. Derzeit können daher nur reibungsfreie, auftriebs- behaftete Strömungen mit einer Wärmequelle berechnet werden. Details zum Verfahren finden sich in [6].

Literatur

[1] Geratz, K. J.:
Erweiterung eines Godunov-Typ-Verfahrens für mehrdimensionale kompressible Strömungen auf die Fälle kleiner und verschwindender Machzahl. Fakultät für Maschinenwesen der RWTH-Aachen, 1998.

[2] Klein, R.:
Semi-Implicit Extension of a Godunov-Type Scheme Based on Low Mach Number Asymptotics I: One-Dimensional Flow. Journal of Computational Physics, 121: 213-237, 1995.

[3] Klein, R.; Botta, N.; Schneider, T.; Munz, C.-D.; Roller, S.; Meister, A.;
      Hoffmann, L.; Sonar, T.
:
Asymptotic adaptive methods for multi-scale problems in fluid mechanics. Journal of Engineering Mathematics, 39: 261-343, 2001.

[4] Schneider, T.:
Verfolgung von Flammenfronten und Phasengrenzen in schwach-kompressiblen Strömungen. Fakultät für Maschinenwesen RWTH-Aachen, 2000.

[5] Schneider, T.; Botta, N.; Geratz, K.; Klein, R.:
Extension of Finite Volume Compressible Flow Solvers to Multi-dimensional, Variable Density Zero Mach Number Flow. Journal of Computational Physics, 155: 248-286, 1999.

[6] Münch, M.:
MOLOCH - Ein Strömungsverfahren für inkompressible Strömungen - Technische Referenz 1.0, PIK-Report No. 109, Potsdamer Institut für Klimafolgenforschung e.V., Januar 2008. Quelle: http://www.pik-potsdam.de/research/publications/pikreports

Literaturempfehlungen:

Titelblatt PIK Report 109
MOLOCH - Ein Strömungsverfahren für inkompressible Strömungen
Download (PDF)


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